Das Valentinsduell
spielte sie mit dem Gedanken, in den Wagen zu steigen, zurück nach Concord zu fahren und Kevin den Bären mit dem Bären aufzubinden. Andererseits bot sich hier die einmalige Gelegenheit, Teil eines Erfolg versprechenden Restaurant-Projekts zu sein. Und tief in ihrem Unterbewusstsein schlummerte noch immer ein verborgener Gedanke: der Wunsch, noch ein wenig länger an Jakes Seite bleiben zu können.
Natürlich war das völliger Unfug. Dieser Typ war nun mal ein Spieler. Und er hatte mit ihr gespielt. Vermutlich benutzte er sie auch jetzt wieder, um seine Arbeit hier zu einem guten Ende zu bringen und vor seinem Geschäftspartner gut dazustehen.
Doch das Bild, wie er halb nackt und mit blauen Lippen bibbernd in der Kälte vor ihr gestanden und sie mit diesem flehenden Blick angesehen hatte, spukte die ganze Zeit über in ihrem Kopf herum. In dem Moment hatte sie genau dasselbe gefühlt wie damals, bevor er sie zum ersten Mal küsste, als hätte er sein Leben lang nur darauf gewartet.
Also verkroch sie sich hier in ihrem Zimmer, ängstlich darauf bedacht, irgendwelche peinlichen Begegnungen oder verschlafene Wortwechsel zu vermeiden, wer wem im Bad oder in der Küche den Vortritt lassen sollte. Das konnte ja heiter werden.
Nach dem Duschen machte sie sich Frühstück. Sie drehte zuerst den Regler zurück und machte sich dann ein Toastie und einen starken Kaffee. Was Jake in den Mixer getan hatte, war nicht mehr nachzuvollziehen, denn all sein Frühstücksgeschirr stand bereits abgewaschen neben der Spüle. Vielleicht hatte er sich einen dieser obskuren Proteindrinks zubereitet – seine Bauchmuskeln sprachen jedenfalls dafür.
Verärgert zwang sich Darcy, die Gedanken an Jakes muskulösen Körper aus ihrem Kopf zu verbannen. Nach dem Essen wusch auch sie ihr Geschirr ab und stellte es zum Trocknen neben Jakes. Dann schlüpfte sie in eine Jeans und ein Jasper’s-Poloshirt, band sich das Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen und fühlte sich in ihrem Arbeitsoutfit schon wesentlich wohler, als sie hinunterging, um den Tag zu beginnen.
Sie hatte darauf verzichtet, sich eine Jacke überzuziehen, schließlich war es nur ein kurzer Weg bis zur Hintertür, deren Schlüssel sie mit einem beschrifteten Anhänger aufdem Tresen gefunden hatte. Aber es war kälter als erwartet. Fluchend und halb durchgefroren erschien Darcy zu ihrem ersten Arbeitstag.
Sie trat in eine blitzblanke Edelstahlküche. Da ihr Bereich nun mal der Service war, kannte sie sich mit Küchenausstattungen nicht besonders gut aus. Aber ihrem Eindruck nach hatten Kevin und Jake in dieser Hinsicht keine Kosten gescheut. Wichtiger für Darcy war jedoch, was sie auf der anderen Seite der Schwingtür erwarten würde.
Das Erste, was sie erblickte, als sie in den Gastraum kam, war natürlich Jake. Er stand in der Mitte des Speisesaals und betrachtete intensiv den Fußboden. Als er sie eintreten hörte, hob er den Kopf und winkte sie zu sich.
„Nimm meine Hand“, forderte er sie auf, als sie fast schon bei ihm war.
„Ich schätze, dir ist das Thema ,sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz‘ nach wie vor nicht geläufig.“
„Was?“ Er streckte ihr die Hand hin. Offenbar war er abgelenkt, denn er schien nicht wirklich zu realisieren, was sie ihm an den Kopf geworfen hatte. „Sieh dir das hier mal an. Halt dich aber lieber fest.“
„Na schön.“ Missmutig ergriff sie seine ausgestreckte Hand.
Schon beim zweiten Schritt rutschte sie aus und wäre unweigerlich auf ihren vier Buchstaben gelandet, wenn Jake sie nicht festgehalten hätte. Das hätte übel ausgehen können.
„Ich hab’s gewusst“, stellte er sachlich fest. Trotzdem war Darcy nicht klar, was er ihr demonstrieren wollte. Er schien aber selbst nicht besonders erfreut über seine Erkenntnis zu sein. „Ich habe ein wenig Eis von draußen zerstoßen und es hier auf dem Boden auftauen lassen. Die haben mir doch glatt weismachen wollen, der sei auch bei Feuchtigkeit absolut rutschfest.“
„Stimmt wohl nicht ganz.“
„Die Gäste laufen hier später mit ihren Winterstiefeln drüber und bringen einen Haufen Schneematsch und Eis mit herein. Wenn man Stiefel anhat, so wie ich jetzt, macht das nichts. Aber die Leute, die bedienen, tragen Sneakers so wie du jetzt. Die fallen um wie Bowlingpins.“
Darcy überlegte. „Gibt es keine Matten, die man unter den Tischen auslegen könnte? Sie müssen ja nicht unbedingt aussehen wie Fußabtreter.“
„Oder wir legen gleich überall Teppiche aus.
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