Das Valentinsduell
Familienangeboten zu zivilen Preisen würden uns die Leute hier die Bude einrennen. Damit wären wir auch nicht so abhängig vom Saisongeschäft. Die Gäste, die deine tollen Steaks bestellen, sind – geschäftlich gesehen – doch bloß der Nachtisch. Der Hauptgang für uns sind diejenigen, die für Spaghetti, Fischfilet oder ein tolles All-you-can-eat-Buffet kommen.“
„Die Karte darf aber nicht zu sehr ausufern. Sonst wird die ganze Lagerhaltung zu kostspielig.“
„Stimmt.“ Sie schob ihren Pappteller beiseite und zog den Schreibblock wieder zu sich heran.
„Wie wäre es, wenn jeder für sich festhält, was er auf der Karte haben möchte. Dann vergleichen wir die Übereinstimmungen und nehmen sie als Grundlage?“, schlug er vor. „Bisher haben wir den Jasper’s Burger und das Mördersteak.“
„Wobei der Name für das Steak noch nicht feststeht“, warf sie entschieden ein.
Jake ließ sich von ihr ein paar leere Blätter geben und machte sich Notizen. Im Stillen musste er ihr recht geben. Man konnte nicht nur auf die Wintersportler zählen, sondern sollte auch an das Potenzial denken, das in der gesamten Region schlummerte. Die war allerdings so dünn besiedelt, dass er bezweifelte, dass sie es schaffen konnten, den Pub das ganze Jahr hindurch über Wasser zu halten. Seine Überlegung war gewesen, in der Wintersaison so viel Umsatz wie möglich zu machen und die restliche Zeit das Angebot und das Personal auf ein Minimum zu beschränken. Aber vielleicht waren die Leute ja bereit, einen längeren Weg auf sich zu nehmen, wenn sie auswärts preiswerter als anderswo essen konnten.
Heimlich beobachtete er sie dabei, wie sie eifrig ihre Einfälle zu Papier brachte. Sie war unheimlich süß, wenn sie so in Gedanken versunken war. Das Klacken, als sie unentwegt mit dem Kuli aufs Papier tippte, hätte er gern ausgeblendet, doch wie sie sich nachdenklich eine lose Haarsträhne aus dem Pferdeschwanz um den Finger drehte und dabei an der Unterlippe nagte, entschädigte ihn für das nervige Geräusch.
Darcy hatte vorhin nichts dazu gesagt, als er auch nach ihrem kleinen Experiment auf dem rutschigen Boden noch immer ihre Hand hielt. Sie hatte weder die Hand zurückgezogen noch protestiert, aber er wusste nicht so recht, ob das etwas zu bedeuten hatte. Ihm war es ganz normal vorgekommen, ihre Hand zu halten. Er fragte sich, ob sie das genauso sah. Voreilige Schlüsse sollte er nicht ziehen, schließlich wollte er um jeden Preis vermeiden, dass sie ihre Sachen packte und wieder abreiste.
„Ist was?“
Verdammt! Sie hatte ihn dabei ertappt, wie er sie anstarrte. „Nein, was soll sein? Ich schaue nur so vor mich hin. Ich denke nach.“
Sie wandte sich wieder ihrem Schreibblock zu, und er versuchte, sich auf seine Notizen zu konzentrieren, was ihm jedoch nicht sonderlich gut gelang. „Wusstest du“, fragte er unvermittelt, „dass Irland nach der Großen Hungersnot wegen der ausfallenden Kartoffelernten zwei Millionen Einwohner verloren hat, weil die Leute entweder starben oder das Land verließen?“
Darcy blickte erstaunt auf. „Nein, wusste ich nicht. Wo hast du das denn her?“
„Ich hatte gerade Pommes frites aufgeschrieben.“
„Ach so, wegen der Kartoffeln. Verstehe.“ Sie begann wieder damit, den Block mit ihrem Stift zu malträtieren. „Woher weißt du das eigentlich alles?“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich bin allein bei meiner Mutter aufgewachsen. Sie musste arbeiten gehen, und so habe ich immer in der öffentlichen Bibliothek herumgehangen, bis sie mich abgeholt hat. Wenn ich dort mit meinen Hausaufgaben für die Schule fertig war, habe ich mir meist eins der vielen Sachbücher aus den Regalen geholt und angefangen zu lesen. Am liebsten die Nachschlagewerke. Da bekam man Unmengen an Information in mundgerechten Happen.“
„Du solltest bei einem Fernsehquiz mitmachen.“
Er musste lachen. „Nein, besser nicht. Mich vor Publikum zu produzieren, ist gar nicht mein Ding. Da würde ich sogar mein Geburtsdatum vergessen.“
„Was ist mit deinem Vater?“ Kaum hatte Darcy die Frage ausgesprochen, lief sie auch schon knallrot an, und sie winkte schnell ab. „Nein, vergiss es. Ich ziehe die Frage zurück. Geht mich ja auch nichts an.“
„Nein, ist schon gut.“ Ihm gefiel es, dass sie mehr über ihn wissen wollte. „Er hat sich vom Acker gemacht, als ich noch zu klein war, um mich an ihn erinnern zu können. Meine Mutter hat erst wieder geheiratet, als ich schon auf die
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