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Das verborgene Feuer

Das verborgene Feuer

Titel: Das verborgene Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hunter
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etwas Unheilvolles. Sie rannte beinahe zur Haustür. Als sie hinter sich abschloss, hörte sie den Mustang davonfahren.

6
    Houston, Texas
    November 2003
    Giovanni straffte sich, als er die Küchentür hörte. Er war aufgeblieben, um Caspars Rückkehr abzuwarten. Sein Butler hatte Beatrice zur ersten Unterrichtsstunde gefahren.
    Er hörte Caspar durchs Haus gehen und längere Zeit in der Küche verweilen.
    »Caspar«, rief er aus seinem abgedunkelten Wohnzimmer.
    »Oh«, erwiderte sein Butler beim Eintreten. »Mir war nicht bewusst, dass du noch wach bist, ich –«
    »Ich bin erschöpft. Wie war’s?«
    Caspar zuckte die Achseln. »Gut, sehr wenig Verkehr heute Morgen. Wir waren viel zu früh an der Uni. So früh auf dem Campus zu parken, ist abscheulich.«
    »Und?«
    »Sie ist reizend. Überwachungsfotos werden einer Frau ja nie gerecht. Sie hat wundervolle Haut, und diese Haare –«
    »Caspar, du weißt, was ich wissen will. Zwing mich nicht, dich umzubringen.«
    Caspar räusperte sich stirnrunzelnd.
    »Sie war ein wenig … verwirrt. Das ist verständlich, denke ich. Sie hat mich gebeten, dir etwas auszurichten.«
    Giovanni blickte finster drein. Er hatte den Eindruck gehabt, dass sie die Neuigkeiten über ihn besser verkraftet hatte als die meisten.
    »Nämlich?«
    »Ich melde mich – nicht umgekehrt.«
    Giovanni blickte zu Boden, und sein Buch war plötzlich nebensächlich geworden. Er schlug es zu, legte es auf den niedrigen Wohnzimmertisch und stand auf.
    »Danke, dass du sie zum Campus gefahren hast. Ich ziehe mich jetzt zurück.«
    Er war schon halb die Treppe oben, als er seinen Freund leise »Mist« sagen hörte.
    Er meldete sich nicht bei ihr, aber nach zwei Wochen und einem kurzen Anruf von Tenzin aus China kehrte Giovanni doch in den Lesesaal zurück, um seine Abschrift des tibetischen Manuskripts fortzusetzen.
    Er sah sie, kurz nachdem er den kleinen, fensterlosen Saal betreten hatte. Sie blickte von ihrem PC auf, hielt kurz inne, tippte dann aber weiter, während er seine Arbeitsunterlagen auf dem Tisch neben der Aufsichtstheke ausbreitete. Er ignorierte ihr rasendes Herz, und beide schwiegen. Dann sah er sie seinen Bestellzettel ausfüllen und ins Magazin gehen.
    Er brachte eilig eine Nachricht zu Papier, legte sie auf ihren Platz und setzte sich. Bei ihrer Rückkehr achtete er darauf, sie nicht zu genau zu beobachten, lächelte aber ein wenig, als er sah, dass sie ihre Kampfstiefel und den engen schwarzen Rock trug.
    »Danke, Beatrice«, murmelte er, als sie die graue Schachtel abstellte und kurz innehielt.
    »Gern geschehen, Dr. Vecchio. Bitte lassen Sie es mich wissen, wenn Sie weitere Materialien aus dem Magazin benötigen.«
    Er biss die Zähne zusammen, als sie so förmlich mit ihm redete, sagte aber nichts, sondern begann mit seiner mühsamen Arbeit. Er hörte, wie Beatrice sich wieder an ihren Tisch setzte und den kleinen Zettel nahm, den er vor ihre Tastatur gelegt hatte. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sie ihn faltete und in ihre Tasche steckte. Er verkniff sich ein Lächeln und machte sich wieder ans Abschreiben.
    Die nächsten zwei Wochen setzten sie ihren wortlosen Austausch fort: Jeden Mittwochabend brachte sie ihm das Manuskript, hielt kurz inne und kehrte stumm an ihren Platz zurück. Jede Woche arbeitete er an seiner Abschrift, ließ Beatrices Erscheinung auf sich wirken und verließ den Lesesaal, ohne mehr als ein paar Worte mit dem sturen Mädchen gewechselt zu haben.
    Er wollte sich in Geduld fassen, doch Livias Leute in Rom hatten ihm noch immer nichts über Stephen De Novo berichtet, und er bekam langsam den Eindruck, die erste Spur, auf die er binnen fünf Jahren in dieser Sache gestoßen war, befand sich genau vor seiner Nase.
    Es war Freitagabend, und Giovanni richtete sich zum Ausgehen her, als es in der Küche surrte. Vor dem Tor musste ein Auto gehalten haben. Stirnrunzelnd eilte er die Treppe hinab und kam gerade unten an, als Caspar die Gegensprechanlage drückte.
    »Ja?«
    »Hier ist Beatrice De Novo.«
    Caspar öffnete ihr sofort das Tor und drehte sich dann erst zu Giovanni um.
    »Es ist Freitag. Schaffst du das?«
    Giovanni zuckte die Achseln und ging nach oben, um sein Jackett wieder aufzuhängen. Er prüfte sein Aussehen im Spiegel und wünschte, er trüge kein Schwarz, da es seine Blässe betonte, genoss zugleich aber das perverse Vergnügen, seine wahre Natur nicht länger verbergen zu müssen.
    Ihre Zuverlässigkeit hatte er nie bezweifelt. Vielleicht war es

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