Das verborgene Feuer
jede Menge Leute einstellen – warum wollen Sie ausgerechnet mich?«
Er betrachtete ihre herausfordernde Miene, stellte seinen Drink ab und lehnte sich in die Polster der Couch zurück. »Augenscheinlich haben Sie die Blutsaugender-Dämon-der-Nacht-Geschichte gut bewältigt. Da dachte ich: Versuch mal, nicht jedem deiner Helfer das Hirn manipulieren zu müssen.«
Mit bewusst ausdruckslosen Zügen ließ sie seine Worte auf sich wirken. Er beugte sich vor, nippte an seinem Drink und bemerkte, wie genau sie ihn beobachtete.
»Schießen Sie los«, bat er leise.
»Womit?«
»Ich sehe doch, dass Ihnen eine Million Fragen durch den Kopf gehen. Stellen Sie sie.«
Sie wand sich im Sessel. »Ich will nicht unhöflich sein.«
Er lehnte sich zurück und streckte einen Arm auf der Sofalehne aus. Trotz seines zurückhaltenden Naturells war er neugierig, was sie fragen würde.
»Schießen Sie los«, murmelte er erneut.
»Sie trinken Whisky.«
»Ja.«
»Und essen Sie auch? Müssen Sie das?«
»Zum Überleben muss ich Blut trinken. Und Menschenblut ist am nahrhaftesten und schmeckt natürlich am besten –«
»Natürlich«, warf sie ein, und er grinste.
»Aber ich kann auch von Tierblut leben, wenn es sein muss, und viele Unsterbliche haben sich dafür entschieden. Sie brauchen dann nur öfter eine Mahlzeit.«
»Wie oft?«
»Bei Menschenblut? Einmal pro Woche.«
Sie wurde munter. »Das ist ja gar nicht so schlimm. Es sei denn –«
»Ich muss die Spender nicht ›aussaugen‹, Beatrice. Ich muss nicht töten, um zu leben.«
Sie zögerte, und ein Lächeln geisterte über ihre Lippen. »Anders als wir, die wir ständig Tiere umbringen.«
Er zuckte die Achseln. »Das wollte ich nicht erwähnen, solange Sie es nicht tun.«
Sie sah ihm in die Augen, und eine vorsichtige Wärme stahl sich in ihre Miene. »Sie müssen also kein Menschenblut trinken, tun es aber dann und wann.«
Er beugte sich vor und nahm einen weiteren Schluck Whisky. »Wir sind sehr … langsam. Unsere Körpervorgänge jedenfalls. Unsere Haare wachsen, unsere Fingernägel auch, und wir verdauen normal, aber all das geschieht sehr langsam – ich kann also essen und trinken, brauche das aber nicht, doch es ist nicht angenehm, zu lange nichts im Magen zu haben.«
»Und das mit dem Kaffee?«
Er zuckte die Achseln. »Ich mag nur den Duft – schmecken tut er abscheulich, wie ich finde. Ich weiß nicht, wie Sie so viel davon trinken können.«
Sie lächelte und wirkte endlich entspannt. »Er schmeckt mir. Sie trinken Blut. Das riecht und schmeckt abscheulich, wenn Sie mich fragen.«
»Gut gekontert.«
»Danke.«
Sie zögerte erneut. »Der Holzpfahl durch das Herz ist also Legende, aber Feuer kann Sie töten – was sonst noch?«
»Muss ich mir Sorgen machen, weil eine Ihrer ersten Fragen darauf abzielt, wie Sie mich töten können?«
Ihr fiel die Kinnlade herunter. »Was? Nein! So war das nicht gemeint … ich bin nur neugierig.«
Er schnaubte. »Und dabei soll es bleiben.«
»Wie steht es mit der Sonne? Haben Sie es gern sehr warm?«
»Ich gehe zwar nicht in Flammen auf, meide aber Sonnenbänke.«
»Und Silber?«
»Meine liebsten Manschettenknöpfe sind aus Silber.«
»Knoblauch?«
»Bitte!«, höhnte er. »Ich bin Italiener!«
Mit fast anbetungswürdig düsterem Blick hörte sie ihn alle Klischees über seinesgleichen zerstören. Menschliche Reaktionen langweilten ihn meist, doch er stellte fest, dass ihm ihr Verhalten gefiel. Und er hoffte, sie würde den Job als seine Recherchehilfe annehmen. Über die wertvolle Verbindung zu ihrem Vater hinaus war sie enorm intelligent, und es war entspannend, sich in ihrer Gegenwart nicht verstellen zu müssen.
Außerdem konnte er jeden Vampir beobachten, der auf sie aufmerksam wurde. Es gab nur wenige Unsterbliche in Houston, und die meisten kümmerten sich um ihre eigenen Angelegenheiten – deshalb hatte er sich ja für diese Stadt in Südtexas entschieden –, doch wenn er sie entdeckt hatte, konnte das auch demjenigen gelingen, der ihren Vater in einen Vampir verwandelt hatte.
Beatrice nippte noch immer an ihrem Getränk und warf ihm verstohlene Blicke zu, wenn sie dachte, er merke es nicht.
»Wenn ich diesen Job annehmen würde – wo soll ich dann arbeiten? In der Uni?«
»Nein, hier. Ich habe oben modernste PC s stehen, mit den besten Firewalls – damit niemand ausspähen kann, wonach ich suche; außerdem besitze ich viele Nachschlagewerke auf CD - ROM oder als E-Book und eine große
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