Das verborgene Feuer
schüttelte den Kopf. »Eine Neigung zu den klassischen Elementen, zu Feuer, Erde, Wind und Wasser.«
»Und Sie können Feuer machen?«
»Nicht direkt. Ich kann es manipulieren. Ich verwende mein Amnis dazu, aus statischer Elektrizität einen Funken zu schlagen, und dann kann ich diesen Funken die Gestalt eines Feuers jeder Art und Form annehmen lassen.«
»Sie können also Feuer machen«, erwiderte sie trocken.
»Im Prinzip ja.«
»Das kommt mir gefährlich vor.«
Er nickte und bog von der Autobahn ab, um das kleine Haus ihrer Großmutter anzusteuern. »Es ist gefährlich. Sehr schwer zu kontrollieren. Nur wenige Unsterbliche mit einer Neigung zum Feuer werden so alt wie ich.«
»Und warum?«
Er seufzte, als würde er einem kleinen Kind etwas erklären. »Nun, wenn man jung und unbeholfen ist, kann man sich leicht selbst in Brand setzen.«
Sie lachte kurz auf, schlug sich aber sofort die Hand vor den Mund und sah ihn an. Ihre Belustigung war ihr peinlich. Giovanni sah nicht gerade vergnügt drein.
Sie räusperte sich. »Verzeihung. Das ist nicht lustig. Ich meine, irgendwie schon, aber nicht so richtig.«
»Es ist ganz und gar nicht lustig.«
»Natürlich nicht«, erwiderte sie ernst.
»Feuer ist eines der wenigen Mittel, durch die wir sterben können.«
»Verzeihung.«
Sie fuhren einige Minuten schweigend weiter.
»Dann sind Sie also ein knallharter Typ.«
Er grinste schwach und nickte. »Das ist ein weiterer Grund, warum nur wenige von uns so alt werden wie ich. Wer sich bedroht fühlt, neigt dazu, uns ins Visier zu nehmen.«
»Wurden Sie schon mal ins Visier genommen?«
Da sie an einer roten Ampel warteten, konnte er sie in Ruhe ansehen. »Schon lange nicht mehr.«
Sie musterte ihn noch ein wenig und blickte wieder nach vorn.
»Gut.«
Sie fuhren weiter die Greenbriar Street hinunter, und sie merkte, dass sie ihm kein einziges Mal gesagt hatte, wie er fahren musste.
»Gio?«
»Ja?«
»Sie wissen genau, wo meine Großmutter wohnt, nicht wahr?«
Er zögerte kurz. »Ja.«
Sie kaute kurz auf ihrer Unterlippe und versuchte, auch diese neue Information ruhig zu verarbeiten.
»Meinen Geburtstag kennen Sie auch, oder?«
»Ja.«
Sie fuhren weiter durch dunkle Straßen.
»Das Tier, das ich als Kind hatte?«
Er räusperte sich, allerdings aus bloßer Gewohnheit, wie sie annahm.
»Ich habe die Begeisterung für Chihuahuas – ehrlich gesagt – nie verstanden.«
Sie nickte und rang mit einer heftig aufkommenden Panik. »Na ja, es war ein Langhaar-Chihuahua. Die sind recht süß. Und Frito war sowieso mehr der Hund meiner Großmutter.«
Unbehagliche Stille breitete sich aus, und sie fragte sich, wie detailliert er ihren Hintergrund ausgelotet hatte. Vermutlich konnte er sogar den Inhalt ihres Kühlschranks hersagen.
»Ich habe einen Kater«, platzte er heraus. »Einen Chartreux. Der miaut nicht – er zirpt. Und er heißt Doyle.«
»Ach.« Sie war seltsam erleichtert über Giovannis so merkwürdiges wie persönliches Bekenntnis. »Über Katzen weiß ich gar nichts. Ist das eine Rasse?«
»Ja, und eigentlich gehört er Caspar, aber mich mag er lieber«, erklärte er stolz, als würde ihn das auszeichnen.
»Na … toll.«
Sie bogen in die Straße ein, in der Beatrices Großmutter wohnte, und sie fragte sich langsam, wie dieser seltsame, aber aufschlussreiche Abend enden würde.
»Gio?«
»Ja?« Er hielt vor dem Haus und wartete mit laufendem Motor.
»Wir sind noch immer irgendwie Freunde, oder?«
Sie sah ein Lächeln um seine Mundwinkel spielen. »Das hoffe ich doch.«
»Und Sie brechen heute Abend nicht in mein Zimmer ein, um meine Erinnerungen zu manipulieren?«
Er hielt inne und erwiderte mit sanfter Stimme: »Nein, Beatrice. Das werde ich nicht tun.«
Sie zögerte. »Aber irgendwann einmal?«
Er antwortete mit undurchdringlicher Miene.
»Das weiß ich nicht.«
Sie spürte einen Kloß im Hals. »Ich verstehe das nicht, nicht so richtig jedenfalls. Ein Teil von mir fragt sich noch immer, ob ich demnächst aufwache und feststelle, dass alles nur ein merkwürdiger Albtraum war.«
Er runzelte kurz die Stirn und beugte sich dann zu ihr, und sie spürte wieder das seltsame Sirren von Energie. Er strich ihr eine Strähne hinter das Ohr.
»Wir unterhalten uns morgen Abend weiter.«
Beatrice spürte plötzlich eine überwältigende Welle von Panik, nickte aber und stieg aus dem Wagen. In der Einfahrt schien sich die Nacht um sie zu schließen, und die vertrauten Schatten bekamen
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