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Das verborgene Wort

Das verborgene Wort

Titel: Das verborgene Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Hahn
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Schützend legte Trudi ihre Hände über dem Bauch zusammen. Duut schläät dä mesch, tot schlägt der mich.
    Wie gut ich Trudi verstand. Am Sonntag, sagte ich, komm ich nach Hölldorf. Wir gehen zusammen ins Hochamt. Der Kääl entwischt uns nicht. Den knöpfen wir uns vor. Notfalls gehen wir zu seinem Meister.
    Dä is doch unjelernt, sagte Trudi, schon wieder unsicher.
    Ja, richtig. Kennst du seine Eltern? Weißt du, wo er wohnt?
    Das wußte Trudi. Es machte die Sache einfacher. Man würde mit den Eltern reden. Auch das kannte ich aus den Büchern. Hinter dem Rücken der Betroffenen wurden dann Verhandlungen geführt. Nicht immer mit dem Ziel einer Heirat. War die Gefallene nicht von Stand, suchte man sie mit Geld wieder auf die Beine zu bringen. Nie hatte ich gelesen, daß eine Gefallene die Eltern des Fallenstellers persönlich aufgesucht hatte.
    Ich brauchte einen Plan. Etwas wie ein Drama. Wie >Nathan< oder >Wilhelm Tell<. In den Hauptrollen Trudis Vater und ich.
    Was machen denn seine Eltern? fragte ich.
    Seine Eltern? echote Trudi. Waröm wills de dat denn wisse?
    Nur so, murmelte ich.
    Esch jlööv, dä Vatter es Maurer, wie dä Sohn. Aber jelernter Maurer, Polier. Un die Mutter is em Huus. Ävver deit vell für dä Frauenverein. Wie ming Modder och.
    Auf der Rückfahrt war es schon dunkel. Trudi, mein Schneemann, strahlte in Zuversicht. Mein Herz war schwer. Nichts von Sigismund.
    Auf dem Zettel, den der Bruder am nächsten Tag mitbrachte,schlug der Freund den Sonntagmorgen vor. Übermorgen. Samstags, schulfrei, konnte der Bruder ihn nicht treffen. Ich aber durfte Trudi nicht im Stich lassen.
    Sie wartete bei der Post auf mich. Ich stellte das Fahrrad ab, und wir reihten uns in den Strom der Kirchgänger ein. Trudi, mit locker gebürsteten Haaren und in einem fliederfarbenen Jäckchenkleid, winkte nach allen Seiten, stolz auf die Begleitung einer Fremden, der schwarze Kleidung einen geheimnisvollen Anstrich verlieh. Mit gravitätischem Nicken begleitete ich Trudis heitere Grüße und stolperte vor Vornehmheit über die eigenen Füße, als zwei Mopeds sich an uns vorbeischlängelten und Trudi mich in die Seite puffte.
    Dat es dä Heinz, flüsterte sie, der zweite. Un dä Broder. Ich sah einen braunbeige karierten Rücken, breit und kurz, und eine fest pomadisierte schwarze Entenschwanzfrisur.
    Wir gingen schneller, doch als wir bei der Kirche ankamen, standen die Fahrzeuge schon aufgebockt am Nebenportal.
    Da, zischte Trudi und deutete Richtung Kanzel: die Entenschwanzfrisur.
    Der Pastor sprach mit vorgeschobenem, locker herabhängendem Unterkiefer, als hätte er die Wörter durch den Fleischwolf gedreht. Grinsend sah ich Trudi an.
    Der is ne Rüberjemachte, flüsterte sie. Und fügte beruhigend hinzu: nur zur Aushilfe.
    Psst, zischte meine Nachbarin und sah mich ohne jede Nächstenliebe an. Ich aber lauschte der Predigt aufmerksam wie schon lange nicht mehr. Mit nahezu wissenschaftlichem Interesse folgte ich den Lautbildungen des gottgeweihten Mundes auf der Kanzel. Als erforschte ich die Töne einer fremden Vogelart, suchte ich die Absonderlichkeiten der rübergemachten Aussprache, ihre Abweichungen vom Hochdeutschen zu ordnen, wie es mir aus dem Kölschen mit J statt G, T statt S, Sch statt Ch, geläufig war. Besonders die A hatten es dem Aushilfspastor angetan; E kannte er nicht, alles Harte war ihm fremd, K P T wurden in weicher Speichellauge zu G B D gespült. Ich hing an den Lippen des Predigers und schlug mit großem Bedauern das Kreuzzeichen, als er den Säschän sprach in der Schbrachä Joddäs, in nominä badä äd wilio äd schbiridus sangdus.
    Trudi und ich flankierten die Mopeds, als die Brüder herauskamen. Die Entenschwanzfrisur gehörte tatsächlich dem Höll- dörper, meinem Fischbrötchenspender. Gut, daß noch genügend grüner Geist in mir kreiste.
    Tach, sagten Trudi und ich wie aus einem Munde und lehnten uns an die Fahrzeuge. Tach, knurrte Heinz, der Hölldörper, sah uns nicht an und wollte das Moped von mir wegziehen.
    Tach, sagte auch der andere. Wat soll dat? Kennst du die? wandte er sich an seinen Bruder.
    Der Ältere war sicher anderthalb Kopf größer, mittelblond, schlank, fast mager, hatte ein waches, mit Pockennarben über- sätes Gesicht und kluge, flinke Augen.
    Wir haben mit dem da, ich zeigte auf Heinz, zu reden. Sie können gerne dabeisein. Wir, ich betonte das Wort mit Nachdruck, wir haben nichts zu verbergen. Hören Sie ruhig zu. Sie zu sagen, hatte ich mir am

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