Das verbotene Eden 01 - David & Juna
ihres nächtlichen Gelages bemerkte, musste er lächeln. Er hatte seit langem nicht mehr so viel Spaß gehabt. Nicht nur, dass Juna eine ausgezeichnete Köchin war, sie hatte sogar in einem Winkel ihres schier unerschöpflichen Vorratsbeutels eine Amphore mit Met versteckt, die sie beide bis zum letzten Tropfen geleert hatten. Mit entsprechenden Folgen. In seinem Hinterkopf klopfte und rumorte es wie in einem Taubenschlag. David hatte Anekdoten aus dem Kloster zum Besten gegeben, und Juna hatte sich mit Geschichten aus Glânmor revanchiert. Besonders die Sache mit der verlorenen Wette, bei der ihre Gefährtin Gwen auf einer ausgewachsenen Sau quer durch den Schweinekoben reiten musste, hatte ihm gefallen. Gwen, die offenbar größten Wert auf ein gepflegtes Äußeres legte, war am Schluss kaum noch vom Schwein zu unterscheiden gewesen. Sehr zum Missfallen der obersten Heilerin, die just in diesem Moment vorbeigekommen war. Zum Abschluss las David Juna noch einen Akt aus Romeo und Julia vor, von dem Juna aber nicht mehr viel mitbekommen hatte, weil sie mittendrin in tiefen Schaf gefallen war.
David sah sich um. Der Höhlenboden war über und über mit schiefen Buchstaben bedeckt, die in ihrer Unvollkommenheit irgendwie rührend wirkten. Juna war eine bemerkenswerte Schülerin; sie war aufmerksam und lernte schnell. Nur beim Zeichnen feiner Linien hatte sie noch Nachholbedarf. Kringel, Schnörkel und Bögen waren nicht ihr Ding. Offenbar hatte sie noch nie einen Stift in der Hand gehalten. Ihr das Lesen beizubringen war hingegen recht einfach. David fuhr mit dem Finger über den Text, und Juna sprach ihm nach. Sie konnte bereits einige Passagen auswendig. Nicht die schlechteste Art, einen Text zu erlernen.
Ein leises Säuseln weckte ihn aus seinen Gedanken.
Juna schlief immer noch tief und fest. Ihr Kopf ruhte sanft auf seinem Schoß, und ihre roten Haare kitzelten seine Hand. Ihre Lippen waren leicht geöffnet. Ein kleiner Speicheltropfen glänzte in ihrem Mundwinkel. Ihre Schulter war entblößt, so dass man die Tätowierung sehen konnte. Eine abstrakte Darstellung, wohl ein Vogel, der aus einer Flamme emporstieg. Ein Phönix?
David zog die Decke höher und bedeckte ihre Haut. Junas Augen blieben fest geschlossen. Grimaldi gab ein leises Fiepen von sich. Er lag auf dem Bauch, die Schnauze zwischen den Pfoten vergraben, und blickte unter seinen buschigen Augenbrauen zu ihnen herüber.
»Ist sie nicht schön?«, flüsterte David und strich über Junas rotbraunes Haar. »Meinst du, es ist Zufall, dass sie so viel Ähnlichkeit mit Julia hat? Ist doch komisch, oder?«
Grimaldis Augenbrauen wanderten nach oben. Wenn er wollte, konnte er richtig nachdenklich aussehen.
»Ja, ich weiß auch, dass es unmöglich ist«, flüsterte David. »Aber vielleicht ist es ja mehr als nur ein Zufall.« Er vermied den Begriff
Gottesfügung.
Das Wort erschien ihm in diesem Zusammenhang unpassend. Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, dass eine höhere Macht ihre Finger im Spiel gehabt hatte.
Grimaldi stieß einen Laut aus, der irgendwo zwischen Seufzen und Stöhnen lag. Das Thema konnte ihn offenbar nur wenig begeistern.
David beugte sich über die Kriegerin. Wie friedlich sie aussah. Die steile Falte zwischen ihren Brauen war vollständig verschwunden. Um ihre Mundwinkel spielte ein Lächeln, so als würde sie sich im Schlaf über irgendetwas köstlich amüsieren. David fiel auf, dass sie ein Schmuckstück um den Hals trug. Einen dunkelgrünen Stein, eingefasst in einen Ring aus Bronze. Das Licht schien die Oberfläche zu durchdringen und in seinem Inneren tausend funkelnde Strahlen zu entfachen. Es war, als würde man in einen magischen See blicken. Er ging dichter heran. In diesem Moment schlug Juna die Augen auf. Ihr Gesicht war kaum eine halbe Armlänge von ihm entfernt.
David erstarrte.
Er vergaß zu atmen, sein Herz schien stillzustehen.
Juna sagte kein Wort. Sie lag einfach nur da und blickte zu ihm auf. In ihren Augen war keine Furcht, keine Ablehnung und keine Überraschung. Sie sah entspannt aus, fast so, als erwarte sie irgendetwas von ihm. War sie tatsächlich wach oder schlief sie noch? Nein, sie musste wach sein. Aber warum sagte sie nichts? David spürte ein seltsames Kribbeln. Es begann irgendwo in seinem Nacken und breitete sich von dort über den ganzen Rücken aus. Was wollte sie von ihm? Etwa einen Kuss? Das war … nein. Das war nicht möglich. Es war verboten.
Mehr noch, es war eine Sünde.
Davids
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