Das verbotene Eden 01 - David & Juna
Gedanken wirbelten durcheinander wie die Funken eines Lagerfeuers. Langsam wich er zurück. Sein Herz flatterte, als wäre er gerade auf einen hohen Berg gestiegen. Juna wirkte wesentlich gefasster, auch wenn in ihren Augen ein Ausdruck von Überraschung lag. Ihr Mund formte Worte, doch es war kein Laut zu hören. Sie griff nach ihrem Amulett, steckte es zurück in den Hemdausschnitt und richtete sich auf.
»Hallo«, sagte sie. »Gut geschlafen?«
»Äh … ja. Und du?«
»Auch gut. Ein bisschen hart, aber das war ja nicht anders zu erwarten.« Sie schaute in die Runde, um sich zu orientieren. Dann fiel ihr Blick auf das gestrige Gelage. »Haben wir gestern tatsächlich den ganzen Met ausgetrunken?«
»Ich fürchte ja. Ich spüre immer noch ein leichtes Hämmern im Kopf.«
»Ich auch.« Sie ließ ihren Kopf leicht von einer Seite zur anderen kreisen. »Ist doch komisch«, sagte sie. »Ich habe geträumt, du wolltest mich küssen.«
»Echt?« Es war nicht viel mehr als ein Krächzen.
»Echt.« Sie berührte ihre Lippen mit den Fingerspitzen. »Dein Gesicht war so nah, dass ich es mit den Händen hätte berühren können. Aber ich war wie gelähmt. Mein Herz …« Sie ergriff Davids Hand und drückte sie an ihre Brust. »Hier. Kannst du das spüren?«
Er nickte. Es fühlte sich an wie ein Kaninchen, das man in einem Sack gefangen hatte. Ganz weich und aufgeregt. Bummbumm, bummbumm, bummbumm.
»Oder war das gar kein Traum?«
Rasch zog er seine Hand zurück. Sein Hals fühlte sich seltsam trocken an.
»Was ist denn?«, fragte Juna. »Du siehst aus, als hättest du dir die Finger verbrannt.«
»Fühlt sich ein bisschen so an, ja.« Er lachte verlegen und deutete dann auf ihren Hals. »Mich hat dein Stein fasziniert.«
Sie zog ihr Amulett heraus. »Der hier?«
Er nickte. »Was ist das?«
»Ein Amulett aus einem Stein, den man in der Nähe von Vulkanen finden kann. Ich glaube, er heißt Olivin. Er ist das Symbol der Brigantinnen. Jede von uns trägt so einen. Es sind Runen darauf eingeritzt, siehst du?« Sie hielt ihm den Stein hin. Er konnte feine Linien erkennen. »Was bedeuten sie?«
Sie zuckte die Schultern. »Das Übliche: den Segen der Götter, Glück, Tapferkeit, all so was.« Sie ließ den Stein wieder unter ihrem Hemd verschwinden. Ihm schoss der Gedanke durch den Kopf, dass er jetzt genau zwischen ihren Brüsten ruhte. Der Stoff des Hemdes war an dieser Stelle so dünn, dass er ihre Brustwarzen erahnen konnte. Wie kleine Knöpfe standen sie in die Höhe. David musste sich von dem Anblick losreißen. Über Junas Gesicht huschte ein Lächeln.
»Was ist los?«
»Du hast gestarrt.«
»Habe ich nicht.«
»Und ob«, sagte sie. »Ich habe es genau gesehen.«
»Und wennschon. Ich war fasziniert von dem Stein.«
»Nur von dem Stein?«
David spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Wollte sie ihn in die Enge treiben? Juna tat immer so, als könne sie kein Wässerchen trüben, dabei hatte sie es faustdick hinter den Ohren.
»Bitte entschuldige, wenn ich dich angestarrt habe. Das hätte ich nicht tun dürfen. Es ist verboten.«
»Sagt
wer?
«
»Alle sagen das«, erwiderte er. »Mein Lehrer, mein Meister, mein Abt. Sogar die Novizen. Männer dürfen Frauen nicht anstarren … es ist widernatürlich.«
Sie deutete auf den roten Leineneinband. »In deinem Buch steht aber etwas anderes.«
Er klaubte seinen Schatz von der Erde, staubte ihn ab und legte ihn sorgfältig zur Seite. Es stimmte, was sie sagte. Shakespeare hatte etwas anderes geschrieben.
»Vielleicht ist das ja der Grund, warum du es ständig mit dir herumschleppst?« Juna schaute ihn neugierig an. »Vielleicht spürst du, dass es noch eine andere Wahrheit gibt?«
David schluckte. »Ich weiß nicht …«, murmelte er. Warum nur war sein Hals schon wieder so verdammt trocken?
»Hast du nie versucht, dir vorzustellen, wie es wohl wäre, eine Frau zu küssen?«
Himmel!
David wäre am liebsten auf und davon gerannt, doch seine Beine schienen nicht länger Teil seines Körpers zu sein. Langsam schüttelte er den Kopf. Wenigstens der gehorchte seinen Befehlen noch.
»Nicht?« Junas Augen spiegelten Enttäuschung. »Also ich schon. Also, ich meine nicht mit Frauen … du weißt schon.« Sie wirkte vollkommen ernst. Worauf lief dieses Gespräch hinaus?
Juna richtete sich auf. Sie war jetzt nur noch einen Wimpernschlag von ihm entfernt. »Ich bin im Moment ein bisschen durcheinander«, sagte sie. »Alles, was ich neulich erfahren habe, der
Weitere Kostenlose Bücher