Das verbotene Eden 01 - David & Juna
Verwundeten und Toten.
Die Bilanz des Angriffs war schrecklich. Drei Brigantinnen waren tot, unter ihnen Brianna, ihre Anführerin. Sie hatte einen Kopfschuss erhalten, der sie auf der Stelle getötet hatte. Die anderen waren allesamt verletzt, manche von ihnen schwer. Philippa und ihre Heilerinnen hatten alle Hände voll zu tun, um die ärgsten Schmerzen zu lindern und Verbände anzulegen. Juna litt unter Prellungen im Rippenbereich und unter ihrem verdrehten Fuß. Die Sehnen waren überdehnt, und der Knöchel fühlte sich an, als gehöre er nicht zu ihrem Körper. Mit zusammengebissenen Zähnen humpelte sie über das Schlachtfeld. Sieben Tote, drei Frauen und vier Teufel. Und wozu? Der Angriff entbehrte jeder Vernunft. Hatte Brianna ihnen nicht angeboten, Nahrungsmittel zu nehmen? Waren nicht sogar zwei der Dörflerinnen bereit gewesen, die Verbindung einzugehen? Und dennoch schien es nicht genug gewesen zu sein. Dieser Teufel – dieser Amon – was war das für ein Mensch? War er überhaupt ein erwachsener Mann? Er hatte ausgesehen wie ein Knabe. Und dennoch trug er die Insignien eines Anführers der Heiligen Lanze. Unverantwortlich, einem solchen Hitzkopf die Leitung für eine ganze Einheit anzuvertrauen. Wer immer das befohlen hatte, er gehörte zur Rechenschaft gezogen. Sie alle gehörten zur Rechenschaft gezogen. Doch bis es so weit war, gab es andere Aufgaben. Das Dorf musste gesichert, und die Toten mussten bestattet werden. Es galt Pläne zu schmieden und Strategien zu entwickeln.
Juna schleppte sich zu einem der Viehtröge, um sich den Ruß vom Gesicht zu waschen. Sie wollte ihre Hände ins Wasser tauchen, als sie zurückschrak. Das Wasser war voller Blut. Und da lag ein Körper. Sie beugte sich vor, um zu sehen, wer es war. Ihr Atem stockte. Es war Imogen. Ihre Augen starrten weit aufgerissen in die Höhe. Die blonden Haare umschwebten ihr Gesicht wie Algen. Ihr Mund war zu einem stummen Schrei geöffnet.
*
David lief mit den anderen in Richtung Tor. Noch immer bimmelte die Glocke. Irgendetwas an der Art, wie Meister Eckmund sie läutete, jagte ihm Angst ein. Zu schnell, zu laut und zu heftig.
Es musste etwas passiert sein.
Etwas Schlimmes.
Die Mönche strömten mit besorgten Gesichtern in Richtung Tor. Abt Benedikt stand bereits dort und rief mit erhobenen Händen: »Zurück, meine Brüder, zurück. Macht Platz, damit wir das Tor öffnen können.«
Eckmund, der Wächter, löste die Riegel und schob die schweren Türflügel zur Seite. David versuchte, einen Blick zu erhaschen, doch er konnte nichts erkennen. »Was ist denn los?«, fragte er einen der Laienmönche, der offensichtlich gerade beim Blumenschneiden gewesen war. Zumindest hielt er immer noch eine Rosenschere in der Hand.
»Ich weiß nicht genau«, lautete die Antwort. »Ich habe gehört, die Heilige Lanze soll zurückkehren.«
»Jetzt schon? Die werden doch nicht vor morgen erwartet.«
»Habe ich auch gedacht, aber irgendetwas muss schiefgegangen sein. Angeblich gibt es Verletzte. Schaut nur, da kommen sie.«
David stellte sich auf die Zehenspitzen. Er sah einen der Jeeps mit hoher Geschwindigkeit zwischen den verrosteten Autos heranrasen. Etwas weiter hinten folgte ein zweiter. Beide fuhren mit einem geradezu halsbrecherischen Tempo. Sowohl vom Laster als auch vom Motorrad fehlte jede Spur.
Als die Fahrzeuge durch die Toreinfahrt donnerten, wurden Rufe des Entsetzens laut. Jetzt war offenkundig, dass etwas schiefgegangen war. David sah Blut. Er sah verkohlte Sitze und Einschüsse, aber die Mönche drängelten sich so sehr um die Fahrzeuge, dass es unmöglich war, mehr zu erkennen. Alle redeten durcheinander und gestikulierten wild mit den Händen. Auf einmal entstand eine Schneise. Der Meister Apotheker kam mit zwei seiner Gehilfen angerannt. Sie trugen Bahren und Verbandszeug bei sich. Endlich konnte David einen Blick auf das erhaschen, was weiter vorne geschah. Der Schreck fuhr ihm in die Glieder. Bis auf die beiden Fahrer schienen alle mehr oder minder schwere Verletzungen davongetragen zu haben. Die Ladefläche glänzte von Blut. Von den zehn Mann, die aufgebrochen waren, kehrten nur noch sechs zurück, doch man konnte unmöglich erkennen, wer es war. Die Gesichter starrten vor Dreck. Erst beim zweiten Hinsehen erkannte er Amon. Sein Freund war aufgestanden und versuchte, das Fahrzeug zu verlassen. Seine Hand presste er auf die rechte Gesichtshälfte. Einige Mönche kamen ihm zur Hilfe. Der Abt wechselte ein paar Worte mit
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