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Das verbotene Eden 01 - David & Juna

Das verbotene Eden 01 - David & Juna

Titel: Das verbotene Eden 01 - David & Juna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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ertasteten etwas Eckiges. Das Buch! Er hatte es ganz vergessen. Er sah sich um. Die anderen waren in Gespräche vertieft oder blickten hinaus auf das Land. Niemand beachtete ihn.
    Vorsichtig, damit die anderen es nicht merkten, zog er das Buch heraus und schlug es auf. Die Seiten flatterten im Fahrtwind.
    Sie stellt sich unter den Gespielen dar
    Als weiße Taub in einer Krähenschar.
    Er strich die Seiten mit seinen Fingern glatt.
    Schließt sich der Tanz, so nah’ ich ihr: Ein Drücken
    Der zarten Hand soll meine Hand beglücken.
    »Eh, zeig mal her. Was hast ’n da?«
    Eine haarige Pranke schoss vor und riss David das Buch aus der Hand. Sein Nachbar war etwa 1 , 90  Meter groß; trotz des Fahrtwinds stank er nach Schweiß. Seine Haare trug er zu einer Irokesenfrisur hochgebürstet, und seine Schultern waren bis zum Hals tätowiert. »Is’ das ’n Buch?«
    »Gib es mir sofort zurück.«
    »Eh, schaut mal, Leute, der Typ hat ’n Buch.«
    Fünfzehn Köpfe drehten sich in ihre Richtung.
    »Was’n für ’n Buch?«
    »Ich glaub, ’ne Liebesgeschichte.«
    »Ich dachte, die sind verboten.«
    »Sind sie auch«, sagte der Wachhabende, ein Kerl mit Halbglatze und goldener Brille. Er war etwas älter als die anderen und wirkte von dem ganzen Haufen noch am intelligentesten. »Wirf mal rüber.«
    Der Irokese schleuderte das Bändchen auf die gegenüberliegende Seite. Mit einer geschickten Bewegung fischte der Mann das Buch aus der Luft. Seine Finger waren dunkel von Schmieröl. »Romeo und Julia, he?« Er lachte trocken. »Wo hast ’n das her, Junge?«
    »Aus unserer Bibliothek«, antwortete David. »Es ist ziemlich wertvoll. Ich wäre euch dankbar, wenn ihr damit etwas achtsamer umgehen würden. Darf ich es jetzt bitte wiederhaben?«
    Der Mann ignorierte ihn und blätterte weiter. Er schlug das Buch in der Mitte auf und begann laut zu lesen.
    Höhnt meiner Augen frommer Glaube je
    Die Wahrheit so, dann, Tränen, werdet Flammen!
    Und ihr, umsonst ertränkt in manchem See,
    Mag eure Lüg’ als Ketzer euch verdammen!
    Ein schön’res Weib als sie? Seit Welten stehn,
    Hat die allsehnde Sonn’ es nicht gesehn.
    Er blätterte weiter und kam auf die Seite mit Davids Lieblingsbild. Nachdem er es eine Weile durch seine schmutzige Brille betrachtet hatte, tippte er darauf. »Ist das Julia?«
    David nickte. Er wusste, dass es keinen Sinn haben würde, sich mit diesen Leuten über Literatur zu unterhalten, also schwieg er. Sie würden es nicht verstehen. Er verstand es ja selbst kaum.
    »Wovon handelt das denn?«, fragte der Irokese.
    »Von der reinen Liebe zwischen Mann und Frau«, sagte der Kerl mit der Brille. »Es ist eine der bekanntesten Liebesgeschichten überhaupt.«
    »Nie von gehört.«
    »Das wundert mich nicht, bei deinem IQ .«
    »Auf die Leiber der hübschesten Weiber«, brüllte einer von hinten, und ein anderer stimmte mit ein: »Bist du nach dem Kotzen blind, war zu stark der Gegenwind.«
    Grölendes Gelächter erfüllte die Ladefläche.
    »Männer, die Frauen lieben«, sagte der Irokese. »Was für ’n perverser Scheiß. Bei der Vorstellung dreht sich mir der Magen um. Kein Wunder, das die Dinger verboten sind.«
    »Zeig mal her.« Ein anderer Kerl grapschte nach dem Buch. Er hatte ein Froschgesicht und wulstige Lippen.
    »Oh, Junge, ist die hässlich«, sagte er mit Blick auf das Bildnis der Julia. »Seht euch nur diese Visage an. Wenn alle Weiber so aussehen, dann gute Nacht.« Er fuhr ungeschickt durch die Seiten. Der Brillenträger funkelte ihn streng an. »Komm schon, gib ihm das Buch zurück.«
    »Ich hab aber noch nicht alle Bilder gesehen.«
    »Mach schon.«
    Widerwillig reichte der Frosch David das Buch. Der Brillenträger schien unter den Clanmitgliedern besonderen Respekt zu genießen. Als David es in seiner Brusttasche verstaute, beugte er sich vor und sagte im Flüsterton: »Wenn ich du wäre, würde ich das nicht so offen rumzeigen. Sonst denken die, du wärst nicht ganz richtig hier oben …«, er ließ seinen Finger über der Schläfe rotieren. »Mein Name ist übrigens Sven vom Clan der
Grabräuber.
Falls du mal Schwierigkeiten kriegen solltest, wende dich ruhig an mich.«
    »Ich heiße David.«
    »Schön, dich kennenzulernen, David.« Sven streckte ihm die Hand hin, und David schlug ein. Zumindest einer von dem Verein schien halbwegs in Ordnung zu sein. Der Irokese hingegen gehörte zu der Art Männer, die sich selbst gerne reden hörten. »Sind Weiber nicht eklig?«, fragte er

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