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Das verbotene Eden 01 - David & Juna

Das verbotene Eden 01 - David & Juna

Titel: Das verbotene Eden 01 - David & Juna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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ihrer Unterlippe. Warum hatte sie ihm das gesagt? Sie hätte ihm genauso gut befehlen können, etwas vorzulesen. Jetzt würde er sicher die Augen verdrehen und fragen:
Was, du kannst nicht lesen? Bist du denn nie in der Schule gewesen?
Oder etwas Ähnliches. Aber nichts davon geschah.
    Stattdessen ließ er sich einfach die Lampe reichen.
    »Verona. Ein öffentlicher Platz«,
las er vor.
»Simson und Gregorio, zwei Bediente Capulets, treten auf.
    SIMSON:
Auf mein Wort, Gregorio, wir wollen nichts in die Tasche stecken.
    GREGORIO:
Freilich nicht, sonst wären wir Taschenspieler.
    SIMSON:
Ich meine, ich werde den Koller kriegen und vom Leder zieh’n.
    GREGORIO:
Ne, Freund! Deinen ledernen Koller mußt du bei Leibe nicht ausziehen.
    SIMSON:
Ich schlage geschwind zu, wenn ich aufgebracht bin.
    GREGORIO:
Aber du wirst nicht geschwind aufgebracht.
    SIMSON:
Ein Hund aus Montagues Hause bringt mich schon auf.
    GREGORIO
: Einen aufbringen, heißt: ihn von der Stelle schaffen. Um tapfer zu sein, muß man standhalten. Wenn du dich also aufbringen läßt, so läufst du davon.
    SIMSON
: Ein Hund aus dem Hause bringt mich zum Standhalten. Mit jedem Bedienten und jedem Mädchen Montagues will ich es aufnehmen.
    GREGORIO
: Der Streit ist nur zwischen unseren Herrschaften und uns, ihren Bedienten. Es mit den Mädchen aufnehmen? Pfui doch! Du solltest dich lieber von ihnen aufnehmen lassen.
    SIMSON
: Einerlei! Ich will barbarisch zu Werke geh’n. Hab’ ich’s mit den Bedienten erst ausgefochten, so will ich mir die Mädchen unterwerfen. Sie sollen die Spitze meines Degens fühlen, bis er stumpf wird.
    GREGORIO
: Zieh nur gleich vom Leder: Da kommen zwei aus dem Hause Montagues.«
    David verstummte. »Willst du noch mehr hören?«
    Juna schüttelte den Kopf und blickte zum anderen Käfig hinüber. Sven hing an den Gitterstäben und lauschte. Ein schmales Lächeln umspielte seinen Mund. Er sagte nichts, und Juna fand, dass es das Beste war, was er tun konnte.
    »Und um was geht es in der Geschichte?«
    »Die Tragödie spielt in Italien in einer Stadt namens Verona«, sagte David. »Dort leben Romeo und Julia, die Kinder der Montagues und der Capulets. Die Familien sind erbittert miteinander verfeindet. Romeo und Julia halten ihre Liebesbeziehung vor ihren Eltern verborgen und lassen sich heimlich von Pater Lorenzo trauen. Romeo wird wegen einer Straftat aus Verona verbannt und muss nach Mantua fliehen. Julia soll währenddessen mit einem anderen Mann verheiratet werden. Pater Lorenzo rät ihr, einen Trick anzuwenden. Um der Hochzeit zu entrinnen, soll sie einen Schlaftrunk einnehmen, der sie in einen todesähnlichen Zustand versetzt. Romeo soll an ihrer Seite stehen, wenn sie erwacht. Doch der Brief erreicht ihn nicht. Stattdessen erhält er die Nachricht vom angeblichen Tod Julias. Er bricht sofort nach Verona auf. Als er sie in dem offenen Sarg liegen sieht, beschließt er, sich zu vergiften. Im diesem Augenblick erwacht Julia. Als sie sieht, was geschehen ist, ergreift sie Romeos Dolch und tötet sich ebenfalls. Die verfeindeten Elternhäuser erfahren von der tragischen Liebesbeziehung und versöhnen sich am Grab ihrer Kinder.«
    »Und das soll eine Liebesgeschichte sein?« Juna konnte nicht behaupten, verstanden zu haben, was der Dichter ihr damit sagen wollte. Sie fand nur, dass er schrecklich traurig klang.
    »Allerdings«, erwiderte David. Er machte eine Pause, um einen Schluck Wasser zu trinken.
    Der Mond war mittlerweile aufgegangen und verströmte silbernes Licht auf dem See. Irgendwo in weiter Ferne erklang der Ruf einer Eule.
    »Aber sie sterben doch«, sagte Juna. »Für sie gibt es keine Zukunft, keine Hoffnung. Was hat das mit Liebe zu tun?«
    »Das ist es doch gerade«, erwiderte David. »Ihre Liebe ist größer als der Wille zu leben. Sie können sich nicht vorstellen, in einer Welt zu leben, in der es den anderen nicht gibt. Lieber nehmen sie sich selbst das Leben.« Seine Augen schimmerten im Licht des Mondes. »Liebe über den Tod hinaus. Kann es etwas Größeres geben? Und abgesehen davon: Die beiden vollbringen durch ihre Tat das Unmögliche. Es gelingt ihnen, die miteinander verfeindeten Familien zu versöhnen und den ewigen Krieg beizulegen. Durch ihren Tod kehrt wieder Friede ein.«
    Juna strich mit den Fingern durch ihr Haar. So, wie er ihr es erklärte, klang es einfach und schön. Sie blickte David an, der in Gedanken versunken mit den Fingern über den Buchrücken strich. Das Licht des Mondes ließ sein

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