Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)

Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)

Titel: Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
Vom Netzwerk:
etwa zweitausend. Das Bundeskriminalamt verzeichnet eine steigende Tendenz von Fällen, in denen Frauen vorsätzliche leichte Körperverletzungen verüben – also zum Beispiel mit einem Gegenstand nach jemandem werfen, Tritte austeilen und so. Besonders bei Jugendlichen ist die Quote auffallend. Laut Kriminalstatistik stiegen die von Mädchen begangenen Gewalttaten in den vergangenen zwanzig Jahren um fünfzig Prozent. Jedes fünfte Körperverletzungsdelikt, das im Vorjahr von vierzehn- bis achtzehnjährigen Jugendlichen begangen wurde, geht auf das Konto eines Mädchens. Und das sind nur die zur Anzeige gebrachten Delikte. Die Dunkelziffer dürfte sehr viel höher sein.«
    »Ist doch okay«, sagte Ben. »Die Chicas lassen sich halt nicht mehr die Butter vom Brot nehmen.«
    »Mag sein«, sagte der Beamte. »Ich bin zwar grundsätzlich gegen Gewalt, aber dass Frauen selbstbewusster werden, ist tendenziell begrüßenswert. Doch was wir seit einer knappen Woche erleben, sprengt alle Statistiken. Glauben Sie mir, das heute war kein Einzelfall. Allein gestern hatte ich zehn ähnliche Fälle, heute sind Sie bereits der Vierte. Das Merkwürdige: Die Aggressivität geht ausnahmslos von Frauen aus – oder von Mädchen, wie in Ihrem Fall. Sie schlagen aus heiterem Himmel zu, ohne Grund, ohne Anlass. Als wäre es ihnen gerade so in den Sinn gekommen. Darum habe ich Sie auch so ausgiebig nach den Umständen befragt. In keinem der von mir betreuten Fälle kam es zu einer Provokation. Und wir sind hier in Nordrhein-Westfalen keine Ausnahme. Ich verfolge online die Meldungen des Bundesnachrichtendienstes. Stündlich kommen mehr Fälle herein. In Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Rheinland-Pfalz, suchen Sie sich was aus.«
    »Vielleicht das Wetter«, sagte Ben. »Viele Leute werden nervös und angespannt, wenn draußen die Sonne scheint und sie in ihren Büros hocken müssen …«
    »Ihre Kandidatin war im Freibad, vergessen Sie das nicht.«
    »Auch wieder wahr. Vielleicht Sonnenflecken. Störungen im Magnetfeld. Vollmond.«
    »Interessante Theorie, aber … nein. Das Verhalten deckt sich mit keiner unserer Statistiken. Es muss etwas anderes sein. Wir werden die Sache weiterverfolgen. Einstweilen möchte ich mich für Ihre Mithilfe bedanken, Herr Eigel. Es ist schön, zu beobachten, dass es auch unter jungen Leuten noch so etwas wie Zivilcourage gibt.« Er stand auf und ging Richtung Tür. »Ich hoffe, dass Sie ungeachtet dieses Vorfalles noch einen schönen Tag haben. Trösten Sie sich mit dem Gedanken, dass Sie einem Menschen das Leben gerettet haben. Würde mich nicht wundern, wenn die Eltern des Jungen sich noch persönlich bei Ihnen bedanken werden. Bitte halten Sie sich die nächsten Tage zu unserer Verfügung, falls ich noch weitere Fragen an Sie habe.«
    »Ist doch selbstverständlich.« Ben stand ebenfalls auf, überlegte kurz und fragte dann: »Was hat denn das Mädchen zu dem Vorfall gesagt?«
    Der Beamte zuckte die Schultern. »Sie hat sich bei der Vernehmung als sehr kooperativ gezeigt und alle Fragen bereitwillig beantwortet. Sie sagte, sie könne sich kaum noch an den Vorfall erinnern. Sie wisse nur noch, dass sie ohne jeden Grund plötzlich schrecklich wütend geworden sei. Was dann geschehen sei, daran erinnere sie sich nur noch nebelhaft.«
    »Was wird mit ihr geschehen?«
    »Das weiß ich nicht. Es wird sicher zu einer Anklage wegen Körperverletzung kommen, aber da sie noch minderjährig ist, wird die Strafe entsprechend mild ausfallen. Sozialstunden oder Jugendarrest. In jedem Fall wird es zu einer Schadensersatzforderung kommen, aber das braucht nicht Ihre Sorge zu sein. Sie haben sich vorbildlich verhalten. Auf Wiedersehen.« Er öffnete die Tür und reichte Ben zum Abschied die Hand.
    Draußen vor dem Vernehmungszimmer wurde Ben von Magda und den anderen empfangen. »Na, wie war’s? Was hat er dich gefragt? Nun erzähl schon.«
    Wortlos steuerte Ben auf den Ausgang zu. Es war stickig hier drin. Er brauchte dringend frische Luft.
    Irgendetwas ging vor, das spürte er bis ins Mark. Ein Verdacht schwelte in ihm, doch der war zu schrecklich, um ihn laut auszusprechen.
    Vor der Tür drehte er sich um. »Wie spät ist es?«
    »Halb sechs, wieso?«
    Er zwinkerte in den Nachmittagshimmel. Die Geräusche der Stadt klangen unverändert. Das Rauschen des Verkehrs, die Stimmen vorübergehender Passanten – alles wie gewohnt. Und doch glaubte er eine nervöse Anspannung hinter allem zu hören. Aggressives

Weitere Kostenlose Bücher