Das verbotene Eden: Magda und Ben: Roman (German Edition)
bereits in der alten Stadt und kenne ein paar Schleichwege. Außerdem habe ich eine Karte, von der ich glaube, dass sie uns wertvolle Dienste erweisen kann.«
»Was denn für ’ne Karte?«
Gwen griff in ihre Umhängetasche und zog das verbogene Stück Blech heraus, das Logan ihr hinterlassen hatte. Sie konnte es kaum ansehen, ohne dass ihr dabei Tränen in die Augen stiegen.
»Was ist das?«, fragte Myriel.
»Sieht aus wie’n verbeulter Topfdeckel«, spottete die Schwarzhaarige. Gwen entschied, sie nicht zu mögen.
»Wenn ihr genauer hinschaut, werdet ihr erkennen, dass es eine Karte ist«, sagte sie. »Hier auf der Oberfläche sind Straßen und Stadtteile eingeritzt. Was aber noch viel wichtiger ist: Man kann erkennen, wo die Heilige Lanze ihre Straßensperren errichtet hat. Wenn wir es schlau anstellen, können wir in die Stadt eindringen, ohne dass uns jemand bemerkt.«
»Und sie dann von hinten niedermachen. Sehr gute Idee«, sagte Myriel. »Woher hast du das Ding?«
»Gefunden«, log Gwen, in der Hoffnung, das heikle Thema umschiffen zu können. Doch sie hatte die Rechnung ohne die Schwarzhaarige gemacht. Aus irgendeinem Grund schien die blöde Kuh etwas gegen sie zu haben.
»Sie hat’s von einem Kerl. Ich kenne eine, die eine kennt, die in Alcmona stationiert war. Sie hat mir die Geschichte erzählt. Sie stand oben auf der Wehrmauer, als zwei Leute auf einem Pferd angeritten kamen, hart verfolgt von einem Fahrzeug der Heiligen Lanze. Sie wollte schon das Tor öffnen, als sie sah, dass der Hintere der beiden ein Kerl war. Sie beschloss daraufhin, die Tore erst mal verschlossen zu halten und den Alarm auszulösen. Willst du weitererzählen?« Sie bedachte Gwen mit einem höhnischen Grinsen.
»Ich wäre dir dankbar, wenn du deine Klappe halten könntest«, sagte Gwen. »Was in Alcmona passiert ist, geht niemanden etwas an.«
»Klar geht es uns was an«, sagte die Schwarzhaarige. »Die anderen müssen doch wissen, mit wem sie hier ihr Zelt teilen. Kommt schließlich nicht alle Tage vor, dass wir jemanden vom anderen Ufer bei uns haben.« Das Grinsen wurde noch eine Spur breiter.
»Halt den Mund, Ludmilla«, sagte Myriel. »Du bist geschmacklos.«
Ludmilla, das war also der Name der Schwarzhaarigen. Gwen nickte grimmig. Es war immer gut, zu wissen, wie jemand hieß, ehe man ihm die Zähne in den Hals rammte.
»Ich bin nicht vom anderen Ufer «, stieß Gwen aus. »Was ist das überhaupt für ein dummer Spruch? Habe ich noch nie zuvor gehört.«
»Das soll heißen, meine Süße, dass du auf Kerle stehst – auf Kahlköpfe, Bartträger, Schmerbäuche, nenn sie, wie du willst.«
»Ist das wahr, du stehst auf Männer?«, mischte sich jetzt auch noch eine Dritte ein. »Wie krank ist das denn?«
Ohnmächtig vor Zorn stand Gwen da, den Kopf gesenkt, die Hände zu Fäusten geballt. Die Ereignisse der letzten Wochen rollten wie eine Woge über sie hinweg. Ihre Entführung, der Sklavenmarkt, Cedrics Verrat, die Flucht aus der Stadt und der Moment, als Logan, von einer Kugel getroffen, vom Pferd gesunken war. Wenn sie die Augen schloss, konnte sie immer noch das Zischen der Kugeln hören …
»Hört endlich auf und lasst sie in Ruhe«, sagte Myriel. »Seht ihr nicht, dass euer Geschwätz ihr weh tut? Gwens Privatleben geht euch nichts an, also haltet euch raus.«
»Uns raushalten? Es ist unser gutes Recht, zu erfahren, wem wir unser Leben anvertrauen. Schon vergessen, wir gehören zur Speerspitze der Brigantinnen. Wir müssen uns aufeinander verlassen können. Eine jede von uns muss ihr Leben in die Hände ihrer Schwester legen können. Wir kennen einander seit Jahren und können uns blindlings aufeinander verlassen. Sie jedoch ist eine Außenseiterin. Wie sollen wir ihr vertrauen?«
»Indem ihr es einfach mal versucht«, sagte Myriel. »Habt ihr schon vergessen, mit wem sie früher zusammen war? Ihr alle kennt Juna und wisst, welch hohen Ehrenkodex sie hatte. Also hört auf mit dem blöden Gerede vom anderen Ufer.«
»Und du hör mir auf mit Juna«, sagte Ludmilla. »Die war doch genauso schräg drauf. Ist mit diesem Mönch geflohen, einem Bücherwurm. Ich habe ihn mit eigenen Augen gesehen, wie er in seinem Käfig saß. Was für ein erbärmliches Würstchen. Dass Juna sich in einen wie den verliebt hat, lässt meiner Meinung nach tief blicken.«
»Und dennoch hat sie uns zum großartigsten Sieg in der Geschichte der freien Lande verholfen, schon vergessen?«, entgegnete Myriel. »Du solltest hin und
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