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Das verbotene Glück der anderen

Das verbotene Glück der anderen

Titel: Das verbotene Glück der anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manu Joseph
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Massenbewegungen als Plage.
    Im Verlauf des Comics stehen immer mehr Menschen hinter dem «Führer» und Amma – normale, namenlose Menschen, die breite Masse. Sie alle stehen nur da und teilen dieselbe leere Gedankenblase, die von Bild zu Bild größer wird.
Seuche
endetmit Tausenden von Leuten, die sich am Strand drängen und allesamt einen leeren Gedanken teilen, der jetzt als riesige weiße Wolke über ihren Köpfen schwebt.
    Ousep geht den Comic noch einmal durch, diesmal ganz langsam. Er hört, dass jemand an der Tür klingelt, doch weil Mariamma nicht da ist, beschließt er, nicht aufzumachen. Es klingelt noch einmal und dann noch ein paarmal. Von seinem Zimmer aus sieht er Thoma zur Wohnungstür gehen, hört, wie er sie öffnet, und sagt: «Er ist da.»
    Der gewaltige Afghane, nach Pathanenart in Salwar-Kameez und Weste gekleidet, lächelt. Von der Hitze und vom Treppensteigen ist sein Gesicht beinah blutrot. Er krempelt sich die Hemdsärmel über seine Riesenarme nach oben und steht breitbeinig in Kampfhaltung mit seinen dicken, starken Beinen da. In der Welt kleiner männlicher Schenkel ist er der seltene Zuchtbulle.
    «Das ging ja wirklich schnell», sagt er und blickt aus fremden Höhen auf den Jungen hinunter. «Normalerweise geht diese Tür erst auf, wenn ich sie fast eintrete. Ihre Frau blickt durch das Guckloch, ich blicke durch das Guckloch, wir spielen lauter so Spielchen, bevor die Tür aufgeht. Doch heute ist es anders. Heute ist ein guter Tag. Vielleicht haben Sie ja mein Geld parat.» Thoma versucht, sich zwischen dem Pathanen und dem Türrahmen hindurchzuquetschen und ins Treppenhaus zu flüchten, doch der Mann packt ihn. «Wo willst du hin, du Held?» Er fängt an, Thoma zu kitzeln, und Thoma kichert. Er bohrt dem Jungen seine dicken Finger in die Brust. Dann packt er ihn fest am rechten Arm und hebt den Blick zu Ousep. Ganz langsam verdreht er Thoma den Arm. Thoma dreht sich wie bei einem modernen Tanz und steht jetzt, den Arm an den Rücken gedrückt, seinem Vater gegenüber. Thoma denkt, er lacht, doch seine Miene wird immer ernster.
    «Haben Sie mein Geld, Ousep?», fragt der Pathane.
    «Nächsten Monat», sagt Ousep.
    Der Pathane verdreht Thoma nochmals den Arm.
    «Ich will mein Geld», sagt er.
    «Kommen Sie nächsten Monat.»
    «Jetzt.»
    Thomas Fersen haben sich vom Boden gehoben. Er steht jetzt auf den Zehenspitzen und lächelt schwach. Sein Blick huscht immer wieder zu Mythilis Tür. Er hat Angst, dass sie die Tür aufmacht und ihn sieht.
    Das Telefon klingelt und verschafft Ousep eine elegante Rechtfertigung, dem Pathanen zuzuwinken und zu sagen: «Kommen Sie später wieder.» Doch heute will der Mann Ärger machen. Er dreht Thoma noch einmal den Arm um. Thoma spart sich diesmal ein falsches Lächeln. Das Telefon klingelt hartnäckig, und Ousep kann es nicht mehr ignorieren. Er geht in sein Zimmer und nimmt den Hörer ab. Er dehnt die Schnur, so weit es geht, starrt den Pathanen durch die Tür an, droht ihm mit dem Finger und sagt: «Hallo.» Der Afghane ist perplex, dreht aber Thoma den Arm wieder um.
    «Hallo», sagt Ousep wieder.
    «Ich habe gesagt, Sie wollten mich sprechen», sagt eine Männerstimme.
    «Wer ist am Apparat?»
    «Beta.»
    «Ja, ich habe dich gesucht. Keiner vom Amateur-Cartoonisten-Verein weiß, wo du wohnst, und sie haben nicht mal deine Telefonnummer.»
    Ousep droht dem Pathanen wieder mit dem Finger. Thoma versucht jetzt, sich loszumachen, er lacht unternehmungslustig auf und fängt an, auf den kraftvollen Arm des Mannes einzuschlagen. Der Pathane lacht.
    «Das gefällt mir nicht», sagt Beta.
    «Was gefällt dir nicht?»
    «Dass jemand mich sucht. Ich rede mit Ihnen, wenn mir danach ist.»
    «Können wir uns treffen?»
    «Ich will Sie nicht treffen, weil ich weiß, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen kann.»
    «Weißt du denn, wer mir weiterhelfen könnte?»
    «Ich habe mit jemandem gesprochen, der vielleicht mit Ihnen sprechen möchte. Er trifft sich aber nicht gern mit Leuten», sagt Beta.
    «Wer ist das?»
    «Alpha.»
    «Ach ja?»
    «Ja, Alpha.»
    «Ist er ein Cartoonist?»
    «Ja.»
    «Wann kann ich ihn treffen?»
    «Ich rede mit ihm. Ich frag ihn, ob er Sie treffen will.»
    «Wo wohnt er?»
    «Das kann ich Ihnen im Moment nicht sagen. Sie müssen sich gedulden.»
    «Du hast gesagt, Alpha wird mir helfen?»
    «Ich weiß nicht, ob er hilfreich für Sie ist. Aber er kann Sie zur Leiche bringen.»
    «Zur Leiche?»
    «Ja.»
    «Ist die Leiche ein

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