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Das verbotene Glück der anderen

Das verbotene Glück der anderen

Titel: Das verbotene Glück der anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manu Joseph
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Freund mit diesem Namen hatte», sagt sie. «Und wie heißt du?»
    «Ich heiße Unni.»
    «Sag, Unni, Sohn des Mathew, warum sprichst du ein so fürchterliches Malayalam?»
    «Ich war zu lang in Madras.»
    «Und was will Unni hier?»
    «Seid Ihr die Frau von Philipose K. John?»
    Ich benutze Euren vollen Namen, Philipose, weil ich es nicht ertrage, irgendein Wort zu benutzen, das Euch auch nur den leisesten Respekt zollt.
    «Ja, ich bin seine Frau.»
    «Kann ich ihn treffen?»
    «In welcher Angelegenheit?»
    «Mein Vater war früher im Ausschuss des Rubber Board und hat immer von Philipose K. John gesprochen. Sie haben sich gut verstanden. Mein Vater ist tot, und er hat mir auf dem Sterbebett gesagt, ich müsse seinen Freunden die Nachricht von seinem Tod persönlich überbringen.»
    «In diesem Fall, mein Sohn, weiß Philipose K. John bereits Bescheid. Er ist mit Mathew aus Kottarakara im Himmel. Mein Mann ist vor acht Monaten gestorben.»
    Ich bin fassungslos, Philipose. Was soll ich jetzt machen? Ich bin sprachlos und stehe wie angewurzelt da. Ich bin hierhergereist, weil ich Euch kriegen wollte, aber Ihr seid entkommen.
    Eure Frau bittet mich auf eine Tasse Tee herein. Eure Frau hat große Hängetitten. Ihr BH muss eine Hängebrücke sein.
    Sie führt mich ins Haus, dann in ein Zimmer und dann in noch eins. Ich weiß nicht, wo sie mich hinführt. Zu guter Letzt kommen wir in eine dunkle Vorratskammer. Von der Decke hängen Bananen, als hätte man sie zum Tode verurteilt. Auf dem Boden liegen überall Jackfrüchte.
    Sie sagt: «Seit Tagen warte ich darauf, dass ein großer junger Mann vorbeikommt und die Birne wechselt.» Sie nimmt eine Glühbirne aus einer Schachtel und gibt sie mir. «Unni, mein Engel, kannst du dich auf diesen Hocker stellen und für eine alte Witwe die Birne auswechseln?»
    Ich ziehe den Hocker unter die Lampe, stelle mich darauf und wechsle die Glühbirne aus.
    «Wie ist er gestorben?», frage ich.
    «Während der Regenzeit kam er eines Abends nach Hause und hatte Fieber. Er trank Tee und ging schlafen. Am nächsten Morgen fand ich ihn tot im Bett. Es war ein friedlicher Tod. So sollen wir sterben – friedlich und im Schlaf. Sein Gesichtsausdruck wirkte so ruhig.»
    So seid Ihr also gestorben, Philipose. Friedlich im Schlaf.
    Nach dem, was Ihr meiner Mutter angetan habt, seid Ihr so gestorben. Und ich wechsle jetzt die Glühbirne in Eurem Haus.
    Sie bringt mich in die Küche und blickt sich aufmerksam im Haus um, als suchte sie etwas, was ich noch reparieren könnte, bevor ich gehe. Schlaue Alte. Sie serviert mir Tee, in dem viele rote Ameisen schwimmen. Wir sitzen am Küchentisch und trinken Tee. Sie redet sehr liebevoll von Euch.
    «Er war ein guter Mann, ein sehr guter Mann. Er war ein liebender Ehemann und seinen vier starken Söhnen und zwei ihn vergötternden, schönen Töchtern ein guter Vater. Sie sind jetzt alle in den Golfstaaten, jeder ist ja jetzt dort. Wer hat heutzutage noch Zeit für seine Mutter, wer hat Zeit für eine alte Frau?
    Sie verdienen sehr viel Geld, deshalb habe ich nichts dagegen. Sie wollen mir ein Auto kaufen. Auch mein Mann hat viel verdient. Er hat sehr viel Land gekauft, sehr, sehr viel. Wenn ich auf meinem Land stehe, kann ich nicht sehen, wo es aufhört, Unni. Ist das nicht ein schönes Leben? Mein Mann war reich, aber ein guter Mensch. Er gründete acht kostenfreie Schulen für arme Mädchen. Er finanzierte Hunderten von Mädchen aus armen Familien die Collegeausbildung. Wusstest du, Unni, dass die Regierung unseres Bundeslands ihm einen Preis verliehen hat?»
    Sie führt mich zu einem Regal, das voller Preise für Eure Sozialarbeit ist, Philipose. Einer davon ist ein weißer Engel auf einem Holzsockel. Da ich kein Malayalam lesen kann, frage ich Eure Frau, was die Inschrift auf dem Sockel bedeutet. Sie sagt mir, der Preis sei von der Regierung Keralas für Euren «Dienst an der Menschheit» verliehen worden. Sie zeigt mir die gerahmten Schwarz-Weiß-Fotos von Euch, aus vielen Jahrzehnten. Ich sehe Euch so, wie Ihr ausgesehen haben müsst, als Ihr meine Mutter überfallen habt, und dann, wie Ihr langsam alt werdet. Ihr wirkt so glücklich und normal. Ihr seht aus wie alle anständigen Männer. Dann sehe ich Euch an der Wand. Ein riesiges Foto von einem
netten alten Mann mit dichtem, silbernen Haar. Ihr lächelt mich an, Philipose. Ich weiß, dass Ihr mich anlächelt.
    Es wird Zeit, dass ich nach Hause gehe. Ich umarme sie, warum, weiß ich auch nicht. Ich

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