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Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen

Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen

Titel: Das verbotene Land 1 - Die Herrscherin der Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis
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Mund.
    Bellona blieb unentschlossen. Gern hätte sie wütend aufbegehrt, sie hätte keine Angst. Ihr festes Vertrauen in Melisande und deren Liebe würde jeden Beweis entkräften, den man ihr vorlegte. Doch nun plötzlich fürchtete sie sich, sogar sehr. Das Auge stammte von der Göttin. Es konnte nicht lügen, und Bellona wollte nichts sehen. Sie wollte sich ihre Liebe, ihr Vertrauen und ihren Stolz bewahren.
    »Es ist deine Pflicht, Kommandantin«, betonte die Meisterin.
    Vor einigen Monaten war es einem der Männer, die man für die Paarung ausgewählt hatte, gelungen, eine Flasche hochprozentigen Schnapses ins Kloster einzuschmuggeln. In seiner Trunkenheit hatte er begonnen, auf die Frau einzuschlagen, die seine Partnerin sein sollte. Als Bellona ihn zur Vernunft bringen wollte, hatte sie festgestellt, dass er auch ein Messer bei sich trug. Aufblitzend war die Klinge auf sie zugerast, ohne dass sie ihr ausweichen konnte. Sie musste den Stich hinnehmen, und so hatte sie sich dem sengenden Schmerz gestellt. Doch zuvor hatte sie sich noch so gedreht, dass das Messer an einer Rippe abgleiten und nicht das Herz treffen würde.
    Nun kniete sie vor dem Auge nieder.
    Lucretta kniete ihr gegenüber.
    »Enthülle, was du gesehen hast«, befahl Lucretta.
    Es waren fließende, verwaschene Bilder, unvollständig, aber sprechend. Hier im Raum stand ein eindrucksvoller Mann, ein reicher Ausländer offenbar, wie seine Kleider verrieten, denen man eine lange Reise ansah. Auch Melisande war da, kreideweiß im Gesicht und offenbar zu Tode geängstigt. Kein Wunder! Schließlich kannte sie das Ausmaß ihres Verrats. Er streckte ihr die Hand hin, und sie rannte, nass wie sie war, die schwarzen Roben eng anliegend, zu ihm hin. Dann riss er sie in die Arme und trug sie davon …
    Das Auge schloss sich. Die Bilder verschwanden, doch sie hatten sich Bellona auf ewig eingeprägt.
    Die Kommandantin schloss die Augen und senkte den Kopf. Der Schmerz glich einem tobenden Raubtier, das ihre Eingeweide zerriss und mit grausamen Pranken in ihr wütete. Der Verlust war ebenso unerträglich wie der Verrat. Wenn sie in diesem Augenblick durch Willenskraft hätte sterben können, hätte sie dies getan.
    Aber der Trost des Todes war ihr noch nicht vergönnt. Ihre Pflicht würde die Blutung nicht heilen können, denn diese Wunde saß tief und würde sich niemals schließen. Aber die Pflicht konnte verhindern, dass sie sich infizierte und eiterte, in ihr nagte und ihr Denken vergiftete.
    Also erhob sie sich. Mühevoll jagte sie das Raubtier in ihrem Inneren in seinen Käfig zurück und dämpfte sein wütendes Schmerzgebrüll.
    »Sie hat sich hier im Heiligtum mit ihm getroffen, so viel steht fest«, sagte Bellona mit schrecklicher, kalter Ruhe, wobei sie Lucretta im Auge behielt. »Aber wie ist er hier hereingekommen, ohne dass ihn jemand gesehen hat? Und wohin sind sie verschwunden?«
    Lucrettas Bewegungen waren linkisch und wenig geschmeidig, als sie sich erhob. Sie faltete die Hände über ihrem flachen Bauch und schob die Lippen vor.
    »Die Drachenmeisterin verfügt über Wissen, das anderen versagt ist. Ich weiß, wie er hereingekommen ist, und ich weiß auch, wie die zwei verschwunden sind. Du brauchst diese Informationen nicht.«
    »Wenn ich ihnen nachjagen soll, brauche ich sie durchaus«, gab Bellona in scharfem Ton zurück.
    »Ganz und gar nicht!«, widersprach Lucretta. Sie sah Bellona in die Augen. »Ich werde dir zeigen, wo du ihre Spur aufnehmen kannst. Komm.« Sie streckte die knochige Hand aus, um ihre kalten Finger auf Bellonas Hand zu legen. »Wir kehren in meine Gemächer zurück. Dort habe ich eine Karte.«
    Bellona wich der Berührung aus.
    »Bitte, geh voraus, Meisterin. Ich folge dir.«
    Daraufhin schritt Lucretta so majestätisch aus dem Altarraum, wie ihre schmale Gestalt und ihr schlurfender Gang es zuließen. Bellona ging ihr nach. Das aufgebrachte Raubtier in seinem Käfig verhielt sich ruhig.
    Damit es still hielt und sie nicht von innen zerfetzte, begann sie, es mit Hass zu füttern.

17
    Als das graue Licht des Morgens sich über den Himmel ausbreitete, die Sterne wegspülte und den runden, leuchtenden Mond in eine flache, substanzlose Scheibe verwandelte, hatte Drakonas seine zwei Menschen sicher in einer Mulde an einer Felswand untergebracht.
    Melisande sank in sich zusammen. Benommen starrte sie um sich. Ihr war noch immer übel. Das Entsetzen über den plötzlichen Angriff des Drachen und die furchtbare Erkenntnis,

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