Das verbotene Reich: Thriller (German Edition)
deutlich, wie weit Sie wirklich hinter Karl Tang herhinken.«
Dem konnte er nicht widersprechen. »Wie mache ich Boden gut?«
»Verschaffen Sie sich die Lampe, kehren Sie nach China zurück und suchen Sie einen Mann namens Lev Sokolov. Er arbeitet für das Ministerium für Geologische Entwicklung in Lanzhou, aber zur Zeit hält er sich versteckt. Tang hat seinen Sohn entführt und verwendet den Jungen als Hebel, um Sokolovs Kooperation zu erzwingen. Nach meinen Informationen ist Sokolov die Person, die Ihnen die Bedeutung der Lampe erklären kann.«
»Bei was sollte Sokolov kooperieren?«
»Das müssen Sie selbst herausfinden.«
Doch Ni spürte, dass Pau Wen sehr wohl Bescheid wusste. »Mein Informationsnetzwerk ist weit gespannt, insbesondere mit Hinblick auf Tang. Als ich von seinem Interesse an der Lampe erfahren habe, bin ich persönlich hergekommen. Und doch ist mir bisher nicht der geringste Hinweis auf die Vorgänge zu Ohren gelangt, die Sie gerade erwähnt haben.«
»Was Sie veranlassen sollte, Ihren Stab in Frage zu stellen. Vielleicht ist ja ein Spion unter Ihren engsten Mitarbeitern? Sie werden die Lampe bald in Händen haben, Herr Minister. Kehren Sie nach Hause zurück und suchen Sie Sokolov.«
»Und was ist mit den Eunuchen in meiner Umgebung? Mit den Menschen, die ich Ihnen zufolge fürchten sollte?«
»Die werden zum Vorschein kommen.«
»Stellen sie auch für Tang eine Bedrohung dar?«
»Offensichtlich nicht.«
»Woran kann ich sie erkennen?«
Pau grinste. »Früher haben wir eine unangenehme Fistelstimme bekommen. Wir waren bartlos, weich, rundlich und hatten wenig Kraft. Mit dem Alter verschwand das zusätzliche Gewicht und tiefe Falten gruben sich in unser Gesicht. Der Testosteronmangel zeigte sich auch in sonderbaren Gefühlsausbrüchen – wir waren jähzornig und hatten nah am Wasser gebaut. Heute ist das ganz anders. Hormongaben verschleiern alle Nebenwirkungen, insbesondere, wenn der Mann erst im Erwachsenenalter kastriert wird, was in der Regel der Fall ist. Ohne optische Inspektion können Sie praktisch nicht Bescheid wissen.«
»Ist Tang hinter Sokolov her?«
Pau nickte. »Mit allen Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen.«
Ni würde alles überprüfen müssen, was er gerade erfahren hatte, bevor er sich endgültig überzeugen ließ. »Wo ist die Lampe versteckt?«
»Im Dries-Van-Egmond-Museum in Antwerpen. Dieses Haus beherbergt eine Privatsammlung von Kunstwerken und Möbelstücken aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Cassiopeia Vitt hat die Lampe in einem Boudoir im zweiten Stock versteckt. Es ist im chinesischen Stil eingerichtet und zeigt unter anderem ein paar wenig bemerkenswerte Stücke Porzellan aus der Ming-Zeit. Ich habe das Museum selbst schon besucht. Vielleicht hat Vitt geglaubt, die Lampe würde dort wenigstens ein paar Tage unbemerkt bleiben. Oder sie hat gehofft, dass die Museumsleute sie im Fall einer Entdeckung in ihre Obhut nehmen würden. Angesichts ihrer begrenzten Optionen hat sie durchaus klug entschieden.«
Paus Mitteilung, wo die Lampe zu finden war, kam Ni wie eine Art Beweis vor, dass der ältere Mann nun endlich die Wahrheit sagte.
»Ich sollte gehen.«
»Bevor Sie aufbrechen, möchte ich Ihnen noch eine letzte Sache zeigen«, erklärte Pau.
Er begleitete seinen Gast ins Haus zurück und folgte einem langen Korridor zu einer schwarz lackierten Tür. Dahinter führte eine Holztreppe in Windungen einen rechteckigen Turm hinauf. Oben stand eine Tür offen. Der Raum dahinter wies auf allen vier Seiten nackte Fensteröffnungen auf, durch die das warme Nachmittagslicht hereinströmte.
»Bleiben Sie hier stehen«, sagte Pau. »Genau hier in der Tür. So kann man uns nicht von draußen sehen.«
Ni wunderte sich über diese Heimlichkeit.
»Wenn Sie um die Ecke schauen, haben Sie eine ausgezeichnete Sicht auf die vordere Zufahrt«, sagte Pau. »Im Wald dahinter sehen Sie ein Fahrzeug, das etwa einen halben Kilometer vom Haupteingang entfernt an der Landstraße parkt.«
Ni folgte der Anweisung, spähte mit zusammengekniffenen Augen ins grelle Sonnenlicht und entdeckte einen Wagen, der zwischen den dicken Baumstämmen kaum zu sehen war.
»Unachtsame Leute«, sagte Pau hinter ihm. »Sie arbeiten für Tang. Sie beobachten das Haus. Nicht immer. Sie kommen und gehen. Aber in den letzten zwei Tagen waren sie oft hier.«
»Ist Ihnen so der Verdacht gekommen, dass Tang hinter der Lampe her ist?«
»Es erschien mir folgerichtig.«
Im Schatten der Bäume
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