Das verbotene Reich: Thriller (German Edition)
entdeckte er den Kühlergrill eines weiteren Wagens, der neben dem geparkten Auto hielt. Aus jedem Wagen stiegen zwei Männer, Sturmgewehre über den Schultern.
Ein Schauer lief Ni den Rücken herunter.
Die Männer schlugen die Richtung auf das geöffnete Eingangstor ein und näherten sich den grauen Mauern.
»Das kommt etwas unerwartet«, meinte Pau ruhig.
Männer mit Gewehren kamen heran, und alles, was dieser Mann sagen konnte, war unerwartet.
Ni war beunruhigt.
Sehr beunruhigt.
17
Malone überdachte die verblüffenden Informationen, die Stephanie ihm gab.
»Nach westlicher Lesart ist Erdöl ein fossiler Brennstoff. Erinnerst du dich, dass die Sinclair-Tankstellen damals in den Sechzigerjahren einen Dinosaurier als Markenzeichen hatten? In der Fernsehwerbung sah man, wie Dinosaurier starben, verwesten und sich in Erdöl verwandelten. Frage zehn Leute, woher das Erdöl stammt, und alle werden dir sagen, von toten Dinosauriern.«
Er erinnerte sich an die Werbung, von der sie sprach, und musste zugeben, dass auch er indoktriniert worden war. Erdöl war ein fossiler Brennstoff und damit eine endliche Ressource.
»Was, wenn Erdöl unbegrenzt verfügbar wäre, Cotton? Die Erde bringt es fortgesetzt als erneuerbaren Rohstoff hervor. Die Russen haben das lange geglaubt.«
»Stephanie, was hat das alles mit Cassiopeia zu tun?«
Jetzt, am späten Nachmittag, hatte die Luft sich abgekühlt. Ivan würde bald zurückkehren, und dann würden sie zusammen nach Antwerpen aufbrechen. Doch zuvor musste Malone das Problem verstehen.
»Hast du je vom Dnepr-Donetsk-Becken in der östlichen Ukraine gehört?«
Er schüttelte den Kopf.
»In den 1950ern wurde die Gegend als potenzielles Ölbohrgebiet aufgegeben. Für die Ölproduktion wertlos , so entschied das Prospektorenteam. Das wissen wir, weil ein amerikanischer Bohrlochexperte, ein Mann namens J.F. Kenney, zu dem Team gehörte, das die potenzielle Lagerstätte zusammen mit den Russen untersuchte. Es wurde dort kein Erdölmuttergestein gefunden.« Sie hielt inne. »Heute lagern in dem Becken mehr als vierhundert Millionen Barrel Erdöl, die tief unter der Erde gefunden wurden. Der Mann, der das herausgefunden hat, ist Lev Sokolov. Er war damals ein russischer Experte der Theorie der abiotischen Erdölentstehung.«
»Woher wollen wir wissen, dass das Prospektorenteam sich in den Fünfzigerjahren nicht einfach geirrt hat und dass doch Erdöl da war?«
»Das Gleiche ist noch einmal passiert. Auf der Halbinsel Kola in Nordrussland. Nach der Theorie des fossilen Erdöls kam auch dieser Ort als Fundstätte nicht in Betracht. Doch die Russen bohrten in sieben Meilen Tiefe und stießen auf Methangas. Niemand hätte je geglaubt, dass Methan so tief unten in Granitgestein zu finden sein würde. Nach der Theorie des fossilen Erdöls ist dieser Fund nicht zu erklären, aber das Gas war genau da, wo Sokolov es vorhergesagt hatte.«
»Und jetzt interessiert schließlich auch Washington sich für die Sache.«
»Und wie. Das hier könnte das Mächtegleichgewicht der Welt verändern, und das erklärt auch, warum Karl Tang sich dafür interessiert. Ivan hat recht. Tang stellt eine Bedrohung für uns alle dar. Wenn er die Herrschaft über China erringt, wird das in der ganzen Region und sogar weltweit zu einer ungeheuren Destabilisierung führen. Insbesondere, wenn ihm unbegrenzte Mengen Erdöl zur Verfügung stehen.«
»Präsident Daniels möchte, dass Tang Einhalt geboten wird?«
»Tatsächlich möchte er ihn tot sehen, Cotton.«
Malone begriff die Tragweite dieser ungeheuerlichen Behauptung. Amerika brachte offiziell keine Leute um.
Aber es kam vor.
»Und du hoffst, dass die Russen die Sache erledigen?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Es reicht, dass ich meine Nase in ihre Angelegenheiten gesteckt habe. Ivan hat sich nicht gefreut, mich zu sehen. Es war schon schlimm genug, dass Sokolov noch am Leben war. Ivan wollte definitiv nicht, dass wir auch noch bei dieser Sache mitmischen.«
»Woher hat er über mich Bescheid gewusst?«
»Von diesen beiden Boten, nehme ich an. Als die Botin die Nachricht in deinen Laden gebracht hat, haben seine Männer sie beobachtet.«
Stephanie hatte etwas ausgelassen. »Und wo warst du?«
»Ich habe das Geschehen ebenfalls beobachtet. Über euer Treffen im Tivoli hat Ivan mich erst informiert, als du schon auf dem Weg dorthin warst.«
»Dann hast du also schon einiges von dem gewusst, was Ivan dir im Café erzählt hat?«
Sie nickte.
Weitere Kostenlose Bücher