Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
ein mumpskranker Elch«, sagte sie.
Sie lachte. Er nicht.
»Mark, es wird dir bestimmt gefallen in Schweden. Die Schule soll richtig gut sein. Und ich hab mehr Zeit für dich. Dann können wir …«
»Er ist nicht mein Vater.«
Lunds Telefon klingelte. Sie sah auf die Nummer und klemmte sich den Kopfhörer ans Ohr.
»Nein, natürlich nicht. Aber er hat einen neuen Eishockeyclub für dich gefunden.«
»Ich hab schon einen Eishockeyclub.«
»Im FCK bist du immer der Kleinste. Das willst du doch nicht mehr.«
Schweigen.
»Oder?«
»Er heißt KSF.«
»Ja«, sagte sie ins Telefon.
»KSF«, wiederholte Mark.
»Ich bin unterwegs.«
»K … S … F«, sagte Mark ganz langsam.
»Ja.«
»Du sagst es jedes Mal falsch.«
»So?«
»Ja.«
Es war jetzt nicht mehr weit, und sie war doppelt froh darüber. Sie wollte mit Meyer sprechen. Und Mark war … im Weg.
»Es dauert jetzt nicht mehr lange, dann fahren wir zum Flughafen. Du hast den Schlüssel, ja?«
Unter einem gleichförmig trüben Himmel schritten zwanzig blau gekleidete Beamte in einer Reihe langsam über die gelbe Fläche und stocherten mit rot-weißen Stäben in Schlamm und Grasbüscheln. Suchhunde schnupperten an der feuchten Erde. Lund sah ihnen einen Moment lang zu, dann ging sie in den Wald. Ein zweiter Trupp arbeitete sich zwischen den flechtenbewachsenen Bäumen durch, untersuchte den Boden, verteilte Spurenkarten, folgte anderen Hunden. Meyer in seiner Polizeijacke war bis auf die Haut durchnässt.
»Wie sicher ist die Spur?«, fragte sie.
»Ziemlich sicher. Die Hunde haben sie von der Fundstelle des Tops bis hierher verfolgt.« Er sah auf seine Notizen und zeigte auf ein zehn Meter entferntes Dickicht. »Da waren auch ein paar blonde Haare, an einem Busch.«
»Wo führt die Spur hin?«
»Genau hierher. Wo wir gerade stehen.« Meyer deutete mit der Landkarte darauf. Ein weiterer Blick auf seine Notizen. »Sie ist gerannt. Im Zickzack durch den ganzen Wald. Und hier hat sie angehalten.«
Lund sah ihm über die Schulter.
»Was ist hier in der Nähe?«
»Ein Waldweg. Könnte sein, dass ein Auto sie da aufgelesen hat.«
»Was ist mit ihrem Handy?«
»Seit Freitagabend ausgeschaltet.« Er mochte so naheliegende Fragen nicht. »Hör mal, Lund, wir haben alles gründlich abgesucht. Zweimal. Hier ist sie nicht. Wir verschwenden nur unsere Zeit.«
Sie wandte sich ab und ging davon, ließ den Blick wieder über das Marschland und das gelbe Gras schweifen.
»Hallo?«, sagte Meyer mit dem trockenen Sarkasmus, den sie inzwischen an ihm kannte. »Bin ich unsichtbar, oder was?«
Sie kam zurück. »Verteilt euch«, sagte sie. »Sucht alles noch einmal ab.«
»Was? Hast du mir überhaupt zugehört?«
Aus dem Sprechfunkgerät an der Jacke eines der Männer von dem Suchtrupp quäkte ihr Name.
»Wir haben was gefunden«, sagte eine Stimme.
»Wo?«
»Zwischen den Bäumen.«
»Und was?«
Schweigen. Es wurde dunkel. »Sieht aus wie ein Grab.«
Dieselbe Dämmerung kroch auch über die Stadt, feucht und trübe, fahl und kalt. In seinem Wahlkampfbüro, unter den Blättern der korallenfarbenen Artischockenlampe, hörte Hartmann sich an, was Weber zu sagen hatte. Poul Bremer sei nicht noch einmal zu einem Rededuell im Frederiksholm-Gymnasium bereit. Die Stadt zu regieren sei wichtiger, als um Wählerstimmen zu betteln.
»Na, das war ja klar«, sagte Hartmann.
Rie Skovgaard stellte eine Tasse Kaffee auf seinen Schreibtisch.
»Während wir in dem Gymnasium waren, hat Bremers Büro der Presse mitgeteilt, dass die Gelder bewilligt werden. Er wollte also in jedem Fall damit herausrücken.«
»Er wusste von den zwanzig Prozent. Wie kann das sein, Morten?«, fragte Hartmann.
Weber schien irritiert.
»Wieso fragst du mich? Vielleicht hat er eine eigene Erhebung durchgeführt. Das ergibt Sinn. Geld für die Schulen – damit kann man immer punkten.«
»Und er kommt zu denselben Ergebnissen? Der muss doch was gewusst haben.«
Weber zuckte die Schultern.
»Du hättest das Duell nicht absagen sollen«, sagte Skovgaard.
Hartmanns Handy klingelte.
»Ein junges Mädchen ist verschwunden. Ich musste es einfach tun.«
»Hier Therese«, sagte die Stimme aus dem Handy.
Hartmann warf Rie Skovgaard einen Blick zu.
»Im Moment ist es schlecht. Ich ruf dich zurück.«
»Leg nicht auf, Troels. Es ist wichtig. Wir müssen uns treffen.«
»Das wäre keine gute Idee.«
»Jemand versucht dich in den Schmutz zu ziehen.«
Hartmann holte tief Luft.
»Wer?«
»Ein
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