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Das Verbrechen von Orcival

Das Verbrechen von Orcival

Titel: Das Verbrechen von Orcival Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Gaboriau
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nach hatte sich der Raum geleert, und Monsieur Lecoq und Vater Plantat waren fast allein.
    Â»Wäre es nicht an der Zeit, aufzubrechen?« fragte der Friedensrichter schüchtern.
    Der Detektiv zog seine Uhr.
    Â»Wir haben noch gut eine Stunde Zeit«, erwiderte er, »aber ich will alles vorbereiten.«
    Er rief nach dem Kellner und verlangte außer einer Tasse Kaffee auch etwas zu schreiben.
    Â»Sehen Sie, Herr Friedensrichter«, wandte er sich dann an Vater Plantat, während man ihm das Gewünschte brachte, »das Wichtigste für uns ist, mit Mademoiselle Laurence ohne Trémorels Wissen zu sprechen. Ich muß zehn Minuten mit ihr sprechen. Das ist unabdingbare Voraussetzung für unseren Erfolg.«
    Der Friedensrichter hatte wahrscheinlich so etwas Ähnliches wie einen sofortigen und alles entscheidenden Theatercoup erwartet, denn diese Erklärung von Monsieur Lecoq schien ihn zu enttäuschen.
    Â»Wenn es so ist«, meinte er niedergeschlagen, »dann können wir unseren Plan gleich aufgeben.«
    Â»Warum?«
    Â»Weil natürlich Trémorel Laurence nicht eine Minute allein lassen wird.«
    Â»Deswegen habe ich daran gedacht, ihn aus dem Haus zu locken.«
    Â»Was? Sie, Monsieur, der Sie so weitblickend sind, können ernsthaft glauben, er würde sich außer Hauses begeben? Sind Sie sich denn über seine jetzige Lage im klaren? Er muß unermeßliche Ängste ausstehen. Wir wissen, daß man Sauvresys Schriftstück nicht finden wird, aber er weiß es nicht. Er wird sich sagen, vielleicht hat man die Akte gefunden, vielleicht hat man schon einen Verdacht, vielleicht verfolgt man ihn schon.«
    Monsieur Lecoq lächelte siegessicher. »Das hab ich mir auch alles gesagt«, antwortete er, »unter anderem. Ich mußte etwas Triftiges finden, um Trémorel aus dem Haus zu locken. Und ich habe es gefunden. In einer Stunde wird der Comte de Trémorel im Faubourg Saint-Germain sein. Es ist eine Täuschung, gewiß, aber Sie werden mir mildernde Umstände zubilligen. Der Zweck heiligt schließlich die Mittel.«
    Er griff zur Feder, und ohne seine Zigarre aus dem Mund zu nehmen, schrieb er schnell:
    â€ºMonsieur Wilson,
    vier der Tausendfrancscheine, mit denen Sie mich bezahlt haben, sind falsch; ich habe es erfahren, als ich sie meiner Bank übergeben wollte. Wenn Sie bis zehn Uhr nicht bei mir waren, um mir diesen merkwürdigen Umstand zu erklären, bin ich bedauerlicherweise gezwungen, noch heute abend bei dem kaiserlichen Staatsanwalt Anklage zu erheben.
    Rech.‹
    Â»Hier«, sagte Monsieur Lecoq und reichte Vater Plantat das Schreiben, »verstehen Sie nun?«
    Â»Aha«, meinte der Friedensrichter, nachdem er es überflogen hatte, »ihm wird der Schreck in die Glieder fahren, wenn er das liest. Er wird sich sagen, wenn eine Anklage erhoben wird, muß er beweisen, daß er Wilson ist, und dann ist es aus mit ihm. Der Schreck wird über die Angst gehen.«
    Â»Glauben Sie, daß er das Haus verläßt?«
    Â»Wenn er nicht verrückt ist, muß er es tun.«
    Â»Wir schaffen es. Das war das größte Hindernis...«
    Er hielt plötzlich inne. Die Tür des Restaurants war geöffnet worden, und ein junger Mann hatte seinen Kopf durch die Türöffnung gesteckt, ihn aber sofort wieder zurückgezogen.
    Â»Das ist mein Mann«, sagte Monsieur Lecoq und rief den Kellner, um zu bezahlen, »er wartet in der Passage auf uns.«
    Tatsächlich wartete in dem Durchgang ein junger Mann auf sie, der wie ein Möbelpacker gekleidet war und vor den Auslagen entlangschlenderte. Er hatte langes dunkles Haar und einen buschigen schwarzen Schnurrbart und genauso dunkle und buschige Augenbrauen. Vater Plantat erkannte nicht, daß es Pâlot war, doch Monsieur Lecoqs geübtes Auge erkannte ihn sofort. Er schien unzufrieden zu sein. »Schlecht«, murmelte er, als der Möbelpacker ihn grüßte, »erbärmlich. Glaubst du denn, mein Junge, daß es zum Verkleiden ausreicht, wenn man sich den Bart anders färbt? Schau mal hier in den Spiegel und sag mir, ob dein Gesicht nicht genauso aussieht wie vorhin? Dein Blick und dein Lächeln sind wie immer. Und deine Mütze sitzt zu verwegen auf der Seite, das wirkt nicht natürlich.«
    Â»Ich werde mir Mühe geben, es das nächstemal besser zu machen«, meinte Pâlot bescheiden.
    Â»Das will ich hoffen, aber ich denke,

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