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Das Verbrechen von Orcival

Das Verbrechen von Orcival

Titel: Das Verbrechen von Orcival Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Gaboriau
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höflich; ich versichere Ihnen, daß ich einen hübschen Abend mit ihm hatte. Er weiß eine Menge Geschichten, eine immer komischer als die andere...«
    Â»Lassen wir das, lassen wir das... Was haben Sie dann gemacht?«
    Â»Nach den Bieren haben wir ein paar Schnäpse getrunken, der Gärtner hatte die Tasche voller Geld, und nach den Schnäpsen noch mal Bier, danach Rotwein. Um zwölf war er schon blau und redete unentwegt davon, daß er in die Batignolles wolle, um mit mir zu tanzen. Aber ich weigerte mich und sagte zu ihm, wenn er galant wäre, dann würde er mich zu meiner Herrin begleiten, die am Ende der Champs-Élysées wohnt. Wir haben dann das Café verlassen und sind in der ganzen Rue de Rivoli von Weinhandlung zu Weinhandlung gezogen. Kurz, gegen zwei Uhr morgens war der arme Kerl so blau, daß er auf eine Bank neben dem Arc de triomphe gesunken und sofort eingeschlafen ist. Dort habe ich ihn dann auch verlassen.«
    Â»Und was haben Sie dann getan?«
    Â»Ich bin nach Hause gegangen.«
    Â»Und das Paket?«
    Â»Ach, du meine Güte! Ich muß es in die Seine geworfen haben, aber ich weiß es nicht mehr, verstehen Sie, ich habe fast genausoviel getrunken wie der Gärtner, vor allem am Anfang...«
    Â»Haben Sie es wenigstens mal aufgemacht?«
    Â»Na klar.«
    Â»Was enthielt es?«
    Â»Einen Hammer, zwei andere Werkzeuge und ein großes Messer.«
    Jetzt wußte Monsieur Lecoq, was er wissen wollte. Er wechselte mit einemmal den Tonfall. Aus Milch und Honig wurde wieder die harte und sachliche Stimme des Mannes der Präfektur.
    Â»Mein schönes Kind«, sagte er zu Jenny, »Sie haben soeben tatsächlich einem Unschuldigen das Leben gerettet. Aber was Sie mir erzählt haben, müssen Sie dem Untersuchungsrichter in Corbeil wiederholen. Damit Sie sich nicht verlaufen, werde ich Ihnen einen Führer mitgeben.«
    Er ging zum Fenster, öffnete es, schaute hinaus und entdeckte Goulard auf der anderen Straßenseite. Er rief ihn herbei. Dann wandte er sich wieder an Jenny.
    Â»Wieviel hat Ihnen Trémorel dafür bezahlt?«
    Â»Zehntausend Francs, Monsieur, aber Sie gehören mir, er schuldete sie mir noch...«
    Â»Ist ja gut, ist ja gut, wir nehmen sie Ihnen ja nicht weg.« Dann zeigte er auf Goulard, der inzwischen eingetreten war.
    Â»Sie führen diesen Mann«, sagte er zu ihr, »in Ihre Wohnung, nehmen das Nötigste mit und fahren dann mit ihm nach Corbeil. Und vor allem«, fügte er mit schneidender Stimme hinzu, »keine Dummheiten!«
    Madame Charman kam gerade noch rechtzeitig herbeigeeilt, um Jenny in Begleitung Goulards aus dem Haus gehen zu sehen.
    Â»Was hat sie denn getan, großer Gott?« fragte sie ganz verwirrt Monsieur Lecoq.
    Â»Nichts, Verehrteste, was Sie betrifft. Und nun auf Wiedersehen, wir sind in Eile.«
    * * *
    W enn es Monsieur Lecoq eilig hat, dann geht er sehr schnell. Und so lief er fast die Rue de Notre-Dame-de-Lorette herab. Vater Plantat hatte Mühe, ihm zu folgen. Als er am Ende der Straße, gegenüber der Kirche, angekommen war, blieb er stehen.
    Â»Ich bitte um Vergebung«, sagte er zu dem Friedensrichter von Orcival, »daß ich Sie so zur Eile anhalte, aber wenn mir schon Ihre Gegenwart bei Madame Charman sehr nützlich war, so wird sie mir jetzt, wenn wir uns ernsthaft mit Trémorel befassen, geradezu unerläßlich.«
    Kurz darauf überquerten sie die Straßenkreuzung und traten bei dem Weinhändler ein, der seinen Ausschank an der Ecke der Rue des Martyrs hat. Hinter seinem Schanktisch stehend und aus einem großen Faß einige leere Literflaschen füllend, schien der Patron nicht allzu erstaunt, zwei Herren eintreten zu sehen, die offenbar der besseren Gesellschaft angehörten. Aber wie Alkibiades war auch Monsieur Lecoq in allen Sätteln gerecht und sprach die Sprache jeder Schicht. Der Wirt nickte dem Detektiv zu und zeigte auf eine Tür. Hinter dieser Tür saßen zehn Männer, tranken Rotwein und spielten Karten.
    Beim Eintritt von Monsieur Lecoq und Vater Plantat erhoben sich die Männer ehrerbietig, und diejenigen, die Hut oder Mütze trugen, lupften sie.
    Â»Fein, Monsieur Job«, sagte der Beamte der Sûreté zu dem, der die Schar befehligte, »Sie sind zuverlässig, ich bin zufrieden mit Ihnen.«
    Monsieur Job verbeugte sich.
    Â»Eine Minute noch«, sagte Monsieur Lecoq, »meine

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