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Das Verbrechen von Orcival

Das Verbrechen von Orcival

Titel: Das Verbrechen von Orcival Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Gaboriau
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wie ein Abbé. Zudem ist mein Herr Amerikaner, uns gibt er die Befehle in Französisch, ja, aber mit Madame redet er nur englisch.‹«
    Je länger Pâlot sprach, desto zufriedener schien Monsieur Lecoq zu werden.
    Â»Trémorel spricht englisch, nicht wahr?« fragte er Vater Plantat.
    Â»Ausgezeichnet, und Laurence auch.«
    Â»Mein Junge«, sagte der Detektiv und wandte sich wieder an Pâlot, »ich finde deine Nachforschungen ganz exzellent, eine Gratifikation ist dir sicher. Du weißt nicht, was wir wissen, aber deine Schlußfolgerungen waren richtig. Zurück zum Haus, hast du den Plan vom Hochparterre?«
    Â»Gewiß, Monsieur, und auch vom ersten Stock. Der Portier hörte nach dem dritten Glas gar nicht mehr auf zu reden und hat mir über seinen Herrn, bei dem er erst seit zwei Tagen in Diensten ist, eine Menge erzählt. Die Frau ist schrecklich traurig und weint nur.«
    Â»Das wissen wir. Den Plan, den Plan...«
    Â»Unten ist eine breite, hohe, gepflasterte Durchfahrt, die auf einen Hof führt. Dort sind Pferdestall und Remise für die Kutsche. Links von der Durchfahrt ist die Wohnung des Portiers. Rechts ist eine Glastür, die zu einer Treppe mit sechs Stufen führt. Am Ende der Treppe ist das Vestibül, von wo aus Türen zum Salon, zum Speisezimmer und zwei weiteren Räumen abgehen. Im ersten Stock liegen die Zimmer von Monsieur und Madame, ein Arbeitszimmer, ein...«
    Â»Genug!« unterbrach ihn Monsieur Lecoq. »Mein Plan ist fertig!«
    Und indem er abrupt aufstand, öffnete er die Tür zum Schankraum und ging hinein, gefolgt von Vater Plantat und Pâlot. Wie beim erstenmal erhoben sich wieder alle Agenten.
    Â»Monsieur Job«, sagte der Beamte der Sûreté zu seinem Untergebenen, »hier sind meine Befehle. Nachdem ich gegangen bin, regeln Sie, was Sie dem Wirt schulden. Dann beziehen Sie in der ersten Wirtschaft rechts, wenn Sie die Rue d'Amsterdam hinaufgehen, Posten. Essen Sie was, Sie haben Zeit, aber Zurückhaltung, Sie verstehen.«
    Er nahm aus seinem Portemonnaie zwei Louisdor, legte sie auf den Tisch und sagte:
    Â»Für das Essen.«
    Dann brach er auf, nachdem er Pâlot aufgefordert hatte mitzukommen. Er brannte darauf, selbst das von Trémorel bewohnte Haus in Augenschein zu nehmen. Als sie vor demselben angekommen waren, überzeugte er sich, daß Pâlot exakt recherchiert hatte.
    Â»Gut so«, sagte er zu Vater Plantat. »Das Gelände spricht für uns. Im Augenblick stehen unsere Chancen achtzig zu zwanzig.«
    Â»Was gedenken Sie zu tun?« fragte ihn der Friedensrichter.
    Â»Momentan nichts, ich will erst eingreifen, wenn es Abend wird. Machen wir es wie meine Leute. Ich kenne hier im Viertel ein Restaurant, wo man vorzüglich speist. Essen wir was.«
    Und ohne Vater Plantats Antwort abzuwarten, zog er ihn zu einem Restaurant, das in der Passage du Havre gelegen war. Doch bevor er es betrat, blieb er stehen und gab Pâlot ein Zeichen näher zu kommen.
    Â»Ich bewillige dir zwei Stunden, um etwas zu essen und dir ein anderes Aussehen zu verschaffen. Also, ich erwarte dich hier.«
    Wie Monsieur versichert hatte, aß man im Restaurant du Havre bestens. Das Unglück war nur, daß Vater Plantat das nicht beurteilen konnte. Sein Herz war noch beengter als am Morgen, und es war ihm unmöglich, einen Bissen hinunterzubekommen. Wenn er doch nur wüßte, was sein Führer vorhatte! Aber der Polizeibeamte antwortete auf diesbezügliche Fragen stets:
    Â»Lassen Sie mich nur machen, vertrauen Sie mir.«
    Gewiß, Vater Plantats Vertrauen war groß, aber je mehr er überlegte, desto gefährlicher erschien ihm dieser Versuch, Trémorel nicht vor Gericht zu stellen. Die schrecklichsten Zweifel quälten ihn. Es war sein Leben, das auf dem Spiel stand, denn er hatte sich geschworen, daß er den Verlust von Laurence, falls sie vor den Geschworenen ihre Liebe zu Hector gestand, nicht überleben würde.
    Zwar versuchte Monsieur Lecoq, seinen Gast wenigstens zu einer Suppe und einem Glas alten Bordeaux zu überreden; umsonst. Bald erkannte er die Nutzlosigkeit seines Vorhabens und gab sich deshalb seiner Mahlzeit hin, als befände er sich allein zu Tisch. Er aß lange und reichlich und leerte seine Flasche Léoville bis auf den letzten Tropfen. Inzwischen war es dämmerig geworden, und die Kellner hatten schon die Lüster angezündet. Nach und

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