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Das Verbrechen von Orcival

Das Verbrechen von Orcival

Titel: Das Verbrechen von Orcival Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Gaboriau
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Instruktionen hängen von dem Bericht ab, den ich gleich hören werde.« Und sich an die Männer wendend, fragte er: »Wer von euch hatte denn Erfolg?«
    Â»Ich, Monsieur«, erwiderte ein hagerer Bursche mit einem schmalen Oberlippenbart, ein richtiger Pariser.
    Â»Schon wieder du, Pâlot, wirklich, das Glück ist dir hold. Folge mir ins Nebenzimmer, aber sag vorher noch dem Patron, er soll uns eine Flasche rüberbringen und aufpassen, daß uns niemand stört.«
    Das war bald erledigt, und so saßen die drei kurze Zeit später in einem kleinen Zimmer neben dem Schankraum. »Also«, sagte Monsieur Lecoq zu seinem Mann, »aber fasse dich kurz.«
    Â»Ich hatte mein Foto schon vergebens einem Dutzend Möbelhändler gezeigt, als einer aus der Rue des Saints-Pères, namens Rech, ihn erkannt hat.«
    Â»Was hat er zu dir gesagt, Wort für Wort bitte.«
    Â»Das ist einer meiner Kunden, hat er zu mir gesagt. Er hat mich vor etwa einem Monat aufgesucht und komplettes Mobiliar bestellt, Speisezimmer, Wohnzimmer, Schlafzimmer und das übrige. Es war für ein kleines Haus bestimmt, das er gemietet hatte. Er hat nicht gehandelt und nur eine Bedingung gestellt, daß alles einschließlich Vorhängen und Teppichen bis letzten Montag acht Uhr geliefert sein müsse.«
    Â»Auf wieviel belief sich der Auftrag?«
    Â»Auf achtzehntausend Francs, die zur Hälfte im voraus und zur Hälfte bei Lieferung bezahlt wurden.«
    Â»Welchen Namen hat der Kunde dem Möbelhändler genannt?«
    Â»Er nannte sich Mr.James Wilson, aber Monsieur Rech hat mir gesagt, daß er nicht wie ein Engländer aussah.«
    Â»Wo wohnt er?«
    Â»Die Möbel wurden in die Rue Saint-Lazare Nr... geliefert.«
    Das Gesicht von Monsieur Lecoq, das bis dahin recht angespannt wirkte, drückte lebhafte Freude aus. Er empfand den berechtigten und natürlichen Stolz eines Soldaten, der miterlebt, wie durch seinen Schlachtplan der Feind besiegt wird. Er erlaubte sich sogar, dem alten Friedensrichter auf die Schulter zu klopfen und zu sagen:
    Â»Gefaßt...!«
    Aber Pâlot schüttelte den Kopf.
    Â»Das ist nicht gesagt.«
    Â»Warum?«
    Â»Sie können sich denken, Monsieur, nachdem mir die Adresse bekannt war, wollte ich mir den Ort mal anschauen, das heißt das Haus.«
    Â»Na und?«
    Â»Der Mieter heißt wirklich Wilson, aber es ist nicht der Mann auf dem Foto, da bin ich mir sicher.«
    Der Friedensrichter schien enttäuscht, doch Monsieur Lecoq wirkte gelassen.
    Â»Hast du Näheres erfahren?« fragte er seinen Mann. »Ich habe mit einem Dienstboten gesprochen.«
    Â»Unglückskerl!« rief Vater Plantat aus. »Sie haben seinen Verdacht geweckt!«
    Â»Glaube ich nicht«, erwiderte Lecoq, »Pâlot ist mein Schüler. Erklär es uns genauer, mein Junge.«
    Â»Ich hab mir gesagt: Da ist der Käfig, kriegen wir raus, ob der Vogel drin ist. Aber wie das anstellen? Zum Glück hatte ich einen Louis bei mir; ich ließ ihn in die AbfluBrinne fallen, in der die Abflüsse des Hauses in die Kanalisation geleitet werden.«
    Â»Dann hast du geklingelt?«
    Â»Genau. Der Portier – denn das Haus hatte einen Portier – hat mir die Tür aufgemacht, und ich habe mit der unschuldigsten Miene erzählt, daß mir, als ich mein Taschentuch herauszog, ein Zwanzigfrancstück in die Rinne gefallen sei und ob er nicht einen Stock oder irgendwas hätte, um es wieder herauszuholen. Er bringt mir eine Harke, und in Null Komma nichts holen wir das Geldstück heraus. Ich freu mich riesig und lade ihn zum Dank zu einem Gläschen ein.«
    Â»Nicht schlecht.«
    Â»Oh, Monsieur Lecoq, der Trick stammt von Ihnen, aber das übrige ist meine Erfindung. Mein Portier sagt nicht nein, und so genehmigen wir uns einen Halben in der Wirtschaft schräg gegenüber von dem Haus. Wir reden über Gott und die Welt, doch mit einemmal bücke ich mich, als hätte ich auf dem Fußboden etwas entdeckt. Ja, was wohl? Das Foto, das ich hab herausfallen lassen. Ich schieb es mit dem Fuß zu mir heran. ›Nanu‹, sage ich, ›was haben wir denn da? Eine Fotografie. Gehört sie Ihnen‹, wende ich mich an den Portier, ›vielleicht Ihr Herr?‹ Er schaut sich das Foto an und sagt: ›Nein, gehört mir nicht, ist auch nicht mein Herr. Der Mann auf dem Foto hat einen Vollbart, aber mein Herr ist so glatt

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