Das verdrehte Leben der Amélie, 3: Sommerliebe (German Edition)
telefonieren gehört. Dabei erfuhr ich, dass ich meinen Plan aufgeben muss, weil er anscheinend mit seiner Frau (oder Freundin) sprach, mit der er sich offenbar gestritten und soeben wieder versöhnt hatte (Respekt! Er ist also nicht wie »gewisse« Typen, die ich kenne, die eine Beziehung beim kleinsten Hindernis aufgeben, Fernsehen hin oder her). Er sagte:
»Wir kriegen das schon wieder hin.« (Schweigen.) »Ich weiß, dass die Situation schwierig ist, aber es wäre wirklich schade … für die Mädchen. Ich werde sehen, was ich tun kann … Perfekt. Wir hören uns später.«
Ich glaube, er hat mich durch die halb geöffnete Tür gesehen, weil er sich plötzlich unterbrach. Ich bin zusammengezuckt und mit gesenktem Kopf schnell weitergegangen, als wäre nichts geschehen.
Er schien ein bisschen verwirrt zu sein. Ich wusste gar nicht, dass Monsieur Beaulieu so ein großer Romantik-Gefühls-Prinz ist!
Zurück zu gerade jetzt, beim Lernen
Komisch. Ich bin irgendwie … enttäuscht . Ja, er geht mir auf die Nerven. Ja, er sieht nur den »Hut auf dem Tisch«. Ja, wegen ihm musste ich dieses Jahr oft nachsitzen. Aber meinen Feind auf meiner Seite zu wissen, hätte mir eine kleine Verschnaufpause verschafft … Jetzt fällt der Plan ins Wasser. Anfang des Jahres hätte es mich noch gefreut zu hören, dass Monsieur Beaulieu verheiratet ist. Damals hatte ich noch den Verdacht, er hätte eine heimliche Affäre mit meiner Mutter und ein paar Monate später vermutete ich, er hätte Liebeskummer, weil meine Mutter einen neuen Freund hat.
Feststellung (in Bezug auf mich): Mein Instinkt in Liebesangelegenheiten ist nicht sehr ausgeprägt.
Feststellung (in Bezug auf Monsieur Beaulieu): Also, nicht gerade professionell, seine Eheprobleme in der Schule zu regeln!
20:00
Jetzt habe ich keine Wahl mehr, ich muss lernen, da mir der Zugang zu den Prüfungsfragen definitiv verwehrt ist. Ich fange an, für die Prüfung in Kunst zu lernen. Normalerweise lässt uns der Lehrer, Monsieur Louis, ein Bild malen und gibt uns darauf eine gute Note, weil er sagt, Kunst sei subjektiv. Aber am Ende des Schuljahres muss er uns eine theoretische Arbeit schreiben lassen.
20:32
Ich bin echt sauer. Wie sollen wir die Prüfungen bestehen, wenn die Schulbücher von Fehlern nur so wimmeln?
In meinem Kunstbuch lese ich, dass Weiß die Summe aller Farben ist und Schwarz die Abwesenheit von Farbe. Das ist unmöglich!
Dienstag, 13. Juni
I n Kunst.
Nach der Stunde gehe ich zu Monsieur Louis, um ihn auf den Fehler in meinem Buch hinzuweisen.
Ich: »Monsieur Louis, in meinem Buch ist ein Fehler.«
Monsieur Louis: »Ach ja?«
Ich: »Da steht drin, dass Schwarz die Abwesenheit von Farbe ist und Weiß alle Farben auf einmal.«
Monsieur Louis: »Das stimmt.«
Ich: »Das stimmt?«
Monsieur Louis: »Ja.«
Ich: »Aber wenn ich all meine Farbstifte mische, dann wird das nicht weiß, sondern dunkelbraun!«
Monsieur Louis: »Weiß ist die Summe aller Farben … des Universums. Nicht die Summe aller Farb stifte !«
Ich: »Also, auf der Schachtel steht: ›Hundertzweiunddreißig Nuancen, um das Leben in allen Farben zu sehen …‹ In allen Farben!«
Monsieur Louis: »Das ist doch nur Werbung, aber nicht die Wahrheit.«
Ich: »Also hat irgendwann mal jemand ein Experiment gemacht, das ich nicht wiederholen kann, und jetzt muss ich seine Theorie auswendig lernen, ohne die Logik dahinter zu verstehen! So was von stressig.«
Monsieur Lois: »Du schaffst das schon.« (Und klopft mir auf die Schulter.)
Du schaffst das schon, du schaffst das schon! In meiner Schachtel sind hundertzweiunddreißig Stifte, und wenn ich die mische, ergibt das Dunkelbraun, aber wenn ich noch mehr hätte, wäre das Ergebnis nicht etwa Schwarz, sondern Weiß. Manchmal bringt Lernen nur durcheinander.
Freitag, 16. Juni
M eine Mutter ist mit F.B. ins Restaurant gegangen. (Wenn er sie nicht vorher vergiftet hat.) Ich habe es ihr nicht gesagt, aber als sie mich zum Abschied angelächelt hat, hatte sie Lippenstift an den Zähnen. Wenn sie strahlendweiße Zähne gewollt hätte, hätte sie einfach nur alle erdenklichen Lippenstiftfarben mischen müssen. Hihi!
Samstag, 17. Juni
L ernen (scheint kein Weg dran vorbeizuführen) für die Prüfungen.
13:25
OOOOOOOOOOOOOOOOH! MEEEEEIIIIIIIIIIN GOOOOOOOOOOOOOOOOOTT! Ich »mutiere« echt zum Tier! Und nicht etwa in eine schönes Tier (wie Sybil), sondern eher in einen Yeti, einen Gorilla oder so was!
Ich habe ganz friedlich in meinem
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