Das vergessene Zepter
Grün des Tages, auf den nahenden Herbst und seine Schönheiten. Doch er konnte nichts dergleichen tun. Er war der nutzloseste Mensch aller Zeiten. Ein Magier ohne Magie, ein Streiter ohne Waffe, ein Botschafter ohne Botschaft, ein Ãberbringer, der bald nichts mehr zu überbringen haben würde, denn die Schemenreiter würden das Zepter an sich nehmen und auch zu einem Schemen machen.
Waren die Schemen Schatten? Waren die Schemenreiter jetzt, wo sie sich gegen die Interessen der Riesen wandten, zu Tsekoh geworden?
»Jeron!« rief die Ritterin. Ihr Gesichtsausdruck war niemandem ersichtlich. Sie hatte ihren Helm aufgesetzt, jenes schöne, hochmütige, perfekt ausdruckslose Gesicht. Ihre Stimme hatte nach Panik und Zorn geklungen. Sie griff das Pferd des Schemenreiters an. Verwundete es, drängte es zurück. Bhanu schoà und traf noch zweimal. Das Flackern des Reiters wurde langsamer, bis es ihn fast gar nicht mehr gab, er aber dennoch fast immer getroffen werden konnte. Die Ritterin kam von unten an ihn heran und durchbohrte ihn. Pferd und Reiter zerflossen zu wirbelndem Rauch. Jetzt lief die Ritterin zu ihrer Lanze, die sie vorhin weggeworfen hatte. Sie richtete sich auf, nahm Maà und schleuderte mit dem Brüllen groÃer Kraftanstrengung die riesige Waffe auf Rodraeg. Rodraeg sah die Lanze auf sich zufliegen und war viel zu verblüfft zum Ausweichen. Die Lanze drehte sich in der Luft, schraubte sich regelrecht in ihrer Flugkurve auf ihn zu. Dann traf sie den Schemen, der zwischen Rodraeg und der Ritterin wütete und kämpfte. Ein Krachen und Knirschen ertönte. Schemenblut bespritzte Rodraeg, hinterlieà aber keine Flekken, sondern stieg auf als dünner Qualm. Rodraeg war dennoch wie vom Schlag getroffen. Mit genauso hoher Wahrscheinlichkeit hätte die Lanze auch den schwer zu fassenden Schemen durchdringen und Rodraeg treffen können. Er begriff erst, daà das der Ritterin egal gewesen war, als sie mit erhobenem Schwert auf ihn zukam.
»Und jetzt zu uns, Rodraeg, du abgefeimter Hund! Was hast du uns alles versprochen von Ehre und Belohnung! Die Riesen und die Schemenreiter wären unsere Verbündeten, hast du gesagt! In Wahrheit hast du uns herausgelöst aus unserer Gegend und hast uns Ungeheuern zum Fraà vorgeworfen, damit du selbst und deine Bande sicher an ihr Ziel gelangen und sich im Ruhm der Nachwelt sonnen können. Du hast Seraikella und Jeron auf dem Gewissen, und dafür wirst du jetzt den letzten Lohn empfangen.«
Sie schlug mit dem Schwert nach Rodraeg, der sich nicht anders zu helfen wuÃte, als mit dem Anderthalbhänder mehr schlecht als recht zu parieren.
Erst als Bhanu aufschrie, stoppte das unausgewogene Gefecht. Der Schemenreiter, gegen den Bhanu und die Ritterin gekämpft hatten, war ohne Pferd wiederauferstanden und kam langsam, mit irisierendem Schwert, auf Bhanu zu. Das Mädchen schoà zwar, doch die Pfeile störten nur Nebel.
Die Ritterin wandte sich um. »Nein, nicht Bhanu auch noch! Bhanu bekommt ihr nicht.« Dann stürmte sie auf den Gegner los. Rodraeg, dem schon die Arme und der Rücken schmerzten vom langen Fechten, schloà sich ihr an. Dann droschen sie zu zweit auf den letzten Gegner ein, bis ihre Klingen die Erde furchten, aber da war nichts mehr zu bekämpfen. Der Schemen war nur noch ein Schemen, eine Erinnerung an einen Krieger, die vielleicht nicht wahrhaben wollte, daà es den Krieger nicht mehr gab. In einem Windstoà zerstob auch die Erinnerung. Sie waren allein.
Dennoch stieà die Ritterin Rodraeg mit der Hand von sich, so daà er strauchelte und beinahe stürzte. »Ich sollte dich erschlagen wie einen tollwütigen Fuchs, damit du mit deinen silbernen Worten niemanden mehr in Bann schlagen und ins sichere Verderben führen kannst.«
»Du bist ungerecht, Ritterin«, war nun Eljazokads leise, aber eindringliche Stimme zu vernehmen. »Hellas hat es genauso erwischt wie Seraikella und Jeron. Rodraeg hat die ganze Zeit über gekämpft. Wenn es hier einen gab, der nichts geleistet hat, so war ich das, und du solltest mir zürnen und nicht Rodraeg. AuÃerdem kann ich bezeugen, daà die Schemenreiter unsere Verbündete waren, als wir von den Riesen unseren Auftrag bekamen. Wir wissen auch nicht, was geschehen ist. Wir wissen nur, daà wir höchstens noch drei Tage von den Riesen entfernt sind und daà wir nach allem, was wir bis hierhin
Weitere Kostenlose Bücher