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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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er nach dem Zepter und steckte es sich in dieselben Gurte, die auch sein Schwert an den Rücken banden. Eljazokad sah immer noch fahl aus, aber er atmete, als hätte er die letzten Tage keine Frischluft abbekommen.
    Sie nahmen sich noch die Zeit, den Toten zu bestatten. Es ging schnell, denn der Boden war weich und der Geköpfte benötigte kein großes Grab mehr.
    Anschließend machten sie sich auf den Weiterweg, bis gegen Mittag vor ihnen Hufgetrappel aufbrandete. Staub wallte auf über dem sonnenbeschienenen Felsweg, sogar Erdreich konnte man spritzen sehen – aber da waren keine Reiter, obwohl deutlich welche zu hören waren.
    Â»Doch ein Spuk!« ächzte die Ritterin.
    Â»Das sind Schemenreiter«, sagte Eljazokad, dem kalt war bis hin zum Zähneklappern, jetzt, wo er das Zepter nicht mehr im Arm hielt. »Aber irgend etwas stimmt nicht.«
    Â»Wir haben das Zepter!« rief Rodraeg und hob grüßend die Hand – dann zerrte Hellas ihn beiseite, denn die unsichtbaren Reiter machten keinerlei Anstalten, ihren Ansturm zu verlangsamen. Es waren zwei Reiter, zwei Pferde. Fast glaubte man, sie sehen zu können: Luftspiegelungen, Trugbilder wie aus sehr feinen Stoffen gewebt. Selbst das Rattern der rasenden Hufe war nur ein Widerhall von etwas längst Vergangenem. Dann waren sie heran. Die sieben stoben auseinander, auch Seraikella sprang vom Kutschbock und ließ den Händlerkarren einfach stehen. Bhanu Hedji hatte einen Pfeil aufgelegt, richtete sich aber nach Rodraegs mahnendem »Nicht schießen!« Die beiden Schemenreiter flimmerten. Eines der Pferde stieg auf die Hinterhand, quer durch das andere Pferd hindurch. Dann erhielt Seraikella einen mörderischen Hieb, der ihm quer über den tätowierten Leib eine klaffende Wunde aufplatzen ließ. Eine Tuscheleinwand, aus der rote Farbe sprühte. »Sie greifen uns an, die Bastarde!« schrie die Ritterin und riß an den Zügeln ihres Schimmels, um in den Lanzengang zu gehen. Bhanu schoß, ihr Pfeil sirrte sinnlos durch einen der Reiter. Ein zweiter Hieb traf Seraikella. Mit einem stummen Schrei auf den Lippen brach der Hüne zusammen. Das Zepter des Alten Königs rutschte aus den Gurten und rollte in den Staub.
    Â»Wir sind keine Diebe! Erkennt ihr uns denn nicht?« versuchte Rodraeg immer noch zu verhandeln. Mögliche Erklärungen flackerten ihm durch den Kopf. Die Schemenreiter kannten und akzeptierten die Ritterin und ihre Leute nicht. Oder Seraikella als den Zepterträger. Oder der Grund, weshalb die Riesen Bestar in den Wildbart geholt hatten, war ein Aufstand der Schemenreiter. Sechs von ihnen sollte es noch geben. Jeder einzelne war ein erschütternder Gegner.
    Beide Degen in den Fäusten abwärts haltend, als wären es zwei grotesk verlängerte Reißmesser, stürzte sich Jeron auf einen der Reiter. Die Ritterin nahm sich denselben vor, aber sowohl ihre Lanze als auch seine zustechenden Klingen durchschnitten nur Luft. Dafür wurde Jeron seitlich vom Leib des zweiten Schemenpferdes getroffen, stürzte und geriet dem anderen unter die Hufe. Die Ritterin parierte einen Schwertstreich, der dermaßen hart war, daß schemenhafte Funken sprühten. Sie schrie und fluchte ununterbrochen und schlug wie besessen zurück, doch auch der Schemenreiter parierte. Hellas zählte »Einundzwanzig, zweiundzwanzig«, dann schoß er. Flimmernd wie ein panisches Herz kippte der Gegner der Ritterin aus dem Sattel und wurde schon vor dem Aufprall auf den Boden zu Nebel. »Sie flackern in einem ganz bestimmten Rhythmus, ihr Anfänger«, knurrte der weißhaarige Bogenschütze und legte nachladend auf den übriggebliebenen Angreifer an. Der ritt nun frontal auf Hellas zu.
    Â»Eljazokad, greif du dir das Zepter! Du wurdest beauftragt, dich werden sie respektieren müssen!« Rodraeg schrie Kommandos und versuchte, das Chaos aus Reitern und Läufern irgendwie zu ordnen. Eljazokad zögerte. Er war überfordert von der Vielgestalt aller Bewegungen.
    Hellas schoß. Sein Pfeil sauste davon in eine fünfzig Schritt entfernte Baumkrone. Der Hieb des Schemenreiters traf ihn am Kopf. Einer von Hellas’ Schneidezähnen brach heraus und flog als blutiger Splitter durch die Luft. Bhanu schoß, ebenfalls daneben. Hellas schlug stöhnend auf den Boden, versuchte sich noch einmal aufzustemmen und sackte dann in sich zusammen. Seine weißen Haare saugten

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