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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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geringfügig war, um auf den königlichen Landkarten Erwähnung zu finden, war der Rote Keiler zumindest auf den ersten Blick nirgends zu finden. Es schien überhaupt keine Schenke in Mowesch zu geben. Keine Schenke, kein Gasthaus, nichts. Rodraeg stieg aus und watete durch den Schlamm, um sich zu erkundigen. Man bedeutete ihm, daß der Rote Keiler »einwärts« läge, das bedeutete: tiefer drin im Gebirge. »Über die Brücke«, deutete eine alte Frau Richtung Berge, »aber da kommt ihr mit eurer feinen Kutsche wohl nicht rüber.«
    Â»Das wollen wir doch mal sehen«, entrüstete sich Alins. »Slaarden Edolarde bringt seine Gäste auf den höchsten Berg und in den finstersten Urwald.«
    Rodraeg stieg wieder ein – nicht ohne sich vorher gründlich die Schuhe abzuschaben – und Alins lenkte das Gespann zwischen den schief wirkenden Häusern hindurch auf einen unbefestigten Weg, der schließlich zwischen hohe Laubbäume führte, aufwärts und dann zu einer schmalen und marode aussehenden Hängebrücke, die einen wild gischtenden Gebirgsbach überspannte.
    Alins wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Das geht wirklich nicht. Die hält das Gewicht nicht aus, selbst wenn ihr alle aussteigt. Und die Pferde bekomme ich auch nicht nebeneinander rüber. Ich werde hier in diesem gastlichen Örtchen auf euch warten müssen.«
    Â»Hoffentlich trägt die Brücke wenigstens uns«, sagte Rodraeg wenig begeistert. »Auf dem Rückweg vom Keiler ist garantiert schon so mancher Betrunkene in den Bach gestürzt.«
    Â»Und dadurch schlagartig wieder nüchtern geworden«, bestätigte Hellas. »Da hinten unter den Felsen – das muß der Rote Keiler sein.« Der Bogenschütze deutete auf ein gedrungenes Holzhaus, das im allgegenwärtigen Dunst aufsteigender Feuchtigkeit kaum auszumachen war. Vollkommen unterbewußt, wie immer, wenn sie sich einem unbekannten Ort näherten, hakte er seine Bogensehne wieder ein und öffnete die Verschlußkappe seines Köchers.
    Â»Ich wette, der braut sein eigenes Bier«, vermutete Bestar. »Deshalb hat er seine Schenke direkt neben den Fluß gesetzt, um das Wasser nutzen zu können. So machen die Brauer in den Klippenwäldern das auch.«
    Â»Wenn es dort tatsächlich hauseigenes Keilerbier gibt, gebe ich eine Runde aus«, munterte Rodraeg die vom vielen Reisen müde Truppe auf. Hellas, Bestar und er waren seit Terrek, also seit anderthalb Monden, unterwegs, mit jeweils nur wenigen und auch nicht gerade erholsamen Tagen Aufenthalt in Warchaim und Wandry. Eljazokad, der von Skerb zu ihnen nach Warchaim gereist war, hatte sogar noch mühsamere Wege in den Knochen.
    Das Überqueren der Brücke war gar nicht so einfach. Rodraeg stand kurz vor einem Hustenanfall oder bildete sich zumindest ein, jetzt könnte gleich ein schlimmer kommen, während er sich auf das schwankende Geläuf begab. Obwohl es links und rechts nur zwei Schritt in die Tiefe ging, wurde ihm schwindelig. Naenn stützte ihn auf der einen, Eljazokad auf der anderen Seite. Bestar hielt sich lieber zurück, denn er war der schwerste von ihnen, und das Gebälk ächzte schon verdächtig unter den drei Leichtgewichten. Er folgte den dreien in sicherem Abstand und konnte nur schwer der Versuchung widerstehen, die Brücke mal so richtig zum Schwingen zu bringen. Hellas bildete elegant und geschmeidig die Nachhut, war aber mit seinem Langbogen jederzeit bereit, über die anderen hinweg auf voraus lauernde Gefahren zu schießen.
    Als sie am Roten Keiler ankamen, den ein mit abgeblättertem Rostrot bemalter Eberumriß auch als solchen kennzeichnete, hatte Rodraeg sich wieder gefangen. Ihm war äußerst peinlich, wie hinfällig er sich gebärdete, also beschloß er, im Keiler forsch aufzutreten, wie es sich für einen Anführer gehörte.
    Er öffnete die Tür. Der ebenfalls abgeblätterte rostrote Innenraum roch tatsächlich nach Bier, aber auch nach gegerbtem Leder, nach verdunstetem Branntwein, nach kaltem Rauch und frisch gebackenem Apfelkuchen. Fünf düster aussehende Kerle saßen um einen Tisch herum und stritten sich. Sie waren mit Waffen geradezu dekoriert, besonders mit Bögen und aus sämtlichen Taschen quellenden Steinschleudern. Außer den fünf Streithähnen saßen noch ein paar Einwohner Moweschs herum und ließen sich

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