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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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rief Bestar herausfordernd und stürzte seine Frühstücksmilch so wild herunter wie ein Horn mit Met.
    Nach dem Frühstück übergab Rodraeg Cajin feierlich das Buch, das die Gezeitenfrau ihm geschenkt hatte: Der Wal und andere Begegnungen. Von einem Irregeher. 783 Seiten voller seltsamer Begebenheiten.
    Â»Auf der Rückfahrt habe ich die ersten zweihundert Seiten geschafft, weiter bin ich noch nicht gekommen«, erläuterte Rodraeg. »Es scheint mir das eigentümlichste Buch zu sein, das ich je gelesen habe. Die Hauptfigur, die auch der Erzähler ist, hat Verbrechen begangen und ist auf der Flucht, oder sie bildet sich nur ein, Verbrechen begangen zu haben. Schließlich heuert sie auf einem unheimlichen Schiff voller Verrückter und verborgener Spukgestalten an, um einem Kapitän zu folgen, der die Sonne töten möchte. Ich hoffe nicht, daß die Gezeitenfrau mir das Buch überlassen hat, um mir damit etwas über meine Laufbahn beim Mammut zu verstehen zu geben. Lies es und hilf mir, es zu begreifen.«
    Â»Bist du sicher, daß du es nicht mitnehmen willst? In der Kutsche kann man sicherlich gut lesen.«
    Â»Diesmal ist Naenn mit dabei. Ich unterhalte mich lieber mit ihr, als meine Nase in ein Buch zu stecken. Und anders als bisher bleibst diesmal du ganz allein in Warchaim. Da ich dir ausdrücklich verbiete, andauernd außer Haus zu arbeiten, wirst du Zeit zum Lesen haben.«
    Â»Wenn ich arbeite, werde ich kein Geld brauchen!«
    Â»Es ist aber auch wichtig, daß das Haus des Mammuts ansprechbar bleibt. Wir können nicht immer nur geschlossen sein. Halte dich also bitte so oft es geht zu Hause auf. Diesen Bericht habe ich gestern verfaßt. Den leitest du an den Kreis weiter. Kann gut sein, daß der Kreis antwortet. Ist Riban auf dem Rückweg von Terrek eigentlich überhaupt wieder hier vorbeigekommen?«
    Â»Ich weiß nicht, ob er schon aus Terrek weg ist. Vielleicht trefft ihr ihn ja auch am Wildbart, das ist vom Lairon See aus weniger als eine Woche zu Fuß.«
    Â»Möglich. Paß jedenfalls gut auf dich auf und laß dich nicht in irgendwelche Ehrenhändel mit Cenrud Barsen oder anderen verwöhnten Nichtsnutzen verwickeln.«
    Â»Keine Sorge.«
    Naenn, Eljazokad und Bestar gingen Reiseproviant einkaufen, Rodraeg gab ihnen dafür zehn Taler aus der Barschaft des Mammuts. Elf weitere Taler würden an Kapitän Nönga gehen. Übrig blieben noch 49. Das mußte eigentlich genügen für eine Reise in eine Gegend, die kaum weiter entfernt war als Terrek.
    Daß Naenn ihren Kräutergarten im Stich lassen konnte, überraschte Rodraeg beim Aufbruch am meisten. Allerdings hatte sie Cajin gewissenhaft instruiert, ihm sogar Zettel geschrieben, wann er etwas zu gießen, zu ernten und zu pflegen hatte.
    Der Abschied von Cajin war kurz und bündig. Da im Brief diesmal nichts Genaues über den Auftrag geäußert worden war, gingen alle eher von einer unkomplizierten Angelegenheit aus. Nur Naenn schien anderer Meinung zu sein. »Wenn Gerimmir schon beim Briefeschreiben so heimlich tut«, sagte sie einmal, »dann ist der Grund unserer Reise noch heikler als sonst.«
    Eine Viertelstunde vor dem verabredeten Zeitpunkt fanden sie sich im Hafen an der Anlegestelle der Kalme ein. Alins Haldemuel war ebenfalls schon da, seine Kutsche wurde gerade auf dem Schiffsdeck mit Klötzen und Gurten gegen das Wegrutschen gesichert.
    Kapitän Kliword Nönga entpuppte sich als kleiner, dicklicher Mann mit prächtigem Lockenkopf, der sein Handwerk, wie er sich ausdrückte, »seit Generationen« betrieb und vervollkommnete. Die Kalme war ein Schlepper, ein flaches Boot mit großer Ladefläche, das mit einem Segel, mehreren Staken, vier Reihen Riemen sowie einem ausladenden Steuerrad auf Kurs gehalten wurde und zwischen Brissen und dem Kuellen vorgelagerten Quellhafen Lasten transportierte. Kajüten für Gäste gab es nicht, dafür einen mit einer Plane überdachten Achterbereich. Rodraeg zahlte die mit Alins vereinbarte Summe im voraus und machte sich den Kapitän damit gewogener als die beiden anderen Gäste, die erst bei sicherer Ankunft in Brissen zu zahlen bereit waren. Ansonsten hatte die
    Kalme Kisten und Tuchballen geladen. »Warchaimer Handschuhe und Büttenpapier aus Schreer«, wie der Kapitän erläuterte.
    Die Mannschaft legte mit lautem Gebrüll ab, die Kalme glitt in die

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