Das vergessene Zepter
trotzig.
»Doch, die gibt es«, beharrte Rodraeg. »Du siehst fünf von ihnen vor dir. Hellas, wenn er weiterhin nicht glaubt, daà es uns gibt, schieà ihm ins Bein.«
»Mit dem gröÃten Vergnügen«, sagte Hellas und legte bereits an.
»So was tut verdammt weh«, bekräftigte Bestar, »und wenn die Wunde nicht gut versorgt wird, bleibt etwas zurück.« Er sprach aus eigener Erfahrung. In Wandry hatte ein Wilder Jäger ihm einen Armbrustbolzen ins Bein geschossen, und erst der Heiler Nerass in Tyrngan hatte unter eindringlichen Worten dafür gesorgt, daà das Bein wieder vollständig gesund werden konnte.
»Los, kommt!« Der Tapfere lieà sich einfach nicht einschüchtern. »Sie haben nur einen Bogen, wir haben fünf. Wir können sie von hier aus abschieÃen wie Fasane, und sie können überhaupt nichts dagegen ⦠Ahh!« Hellas hatte geschossen. Mit einem Aufschrei und einem schmerzerfüllten Knurren faÃte der Tapfere sich an den durchbohrten Oberschenkel. Hellas hatte am Knochen vorbeigeschossen, es gab eine kaum blutende Eintritts-, aber eine stark blutende Austrittswunde.
»Eins«, zählte Hellas ruhig und hatte den nächsten Pfeil schon nachgelegt. »Noch neununddreiÃig.«
»SchieÃt auf ihn!« schrie der Verwundete, immer noch uneinsichtig. »SchieÃt auf den mit dem Bogen!«
Aber seine Kumpane zögerten. Zweien von ihnen zitterten deutlich die Arme.
»Versucht es, ob ihr besser seid als ich«, forderte Hellas sie kalt heraus. »Ich habe in Endailon königliche Sondertruppen im BogenschieÃen ausgebildet. Wie lauten eure Referenzen?«
»Das bringt nichts«, lenkte endlich einer der Haarhändler ein. »LaÃt uns abhauen.«
Tatsächlich hatten die beiden Furchtsamsten der fünf nur auf ein solches Zeichen gewartet. Sie rannten Richtung Brücke davon, ohne sich noch einmal nach ihren Gefährten umzublicken. Die anderen beiden stützten den Angeschossenen, der immer noch wilde Verwünschungen ausstieà und in seinem eigenen Blut herumhüpfte. »Dürfen wir ihn in der Schenke versorgen?« fragte einer der beiden. »Er verliert sonst zuviel Blut.«
»Macht das«, nickte Rodraeg. »Aber verlaÃt danach die Wildbartgegend. Sollten sich unsere Wege ein zweites Mal kreuzen, betrachten wir unsere Gastfreundschaft als aufgebraucht.«
»Danke«, sagte der eine Haarhändler sogar, dann schaffte er mit seinem Kumpel den im Matsch ausgleitenden Verwundeten in den Roten Keiler.
Naenn atmete hörbar aus. Die möglicherweise sehr gewalthaltige Situation war bereinigt. Das Schemenpferd hatte sich wieder beruhigt und hielt den Kopf gesenkt.
»Sie werden frustriert durch Mowesch schlurfen. Meinst du, daà sie Alins Schwierigkeiten bereiten könnten?« fragte Hellas, der seinen Pfeil in den Köcher zurücksteckte.
»Ich glaube nicht«, antwortete Rodraeg. »Die sind noch nicht vollkommen von Skrupellosigkeit zerfressen. Irgend jemand hat ihnen erzählt, daà sie als Menschen das Recht haben, auf Riesen Jagd zu machen, und sie haben einfach nur nie darüber nachgedacht. Man muà nicht böse sein, um dumm zu sein. AuÃerdem: Wer sich mit Slaarden Edolarde anlegt, muà damit rechnen, auf dem gesamten Kontinent verfolgt zu werden.«
»Das hat Dasco damals auch nicht abgehalten.«
»Stimmt. Aber Dasco war erstens kein Mensch und zweitens ohnehin darauf aus, mit der gesamten Welt im Krieg zu leben.«
Der Schemenreiter ritt an, ohne ein einziges Wort zu sprechen, und sie folgten ihm durch einen vom Mond silberblau erhellten Hohlweg. Rodraeg war zufrieden mit dem Ausgang ihrer Begegnung. Das Mammut hatte dem Schemenreiter gegenüber seine Bereitschaft zeigen können, für die Belange der Riesen einzutreten. Es war nicht mehr Blut vergossen worden als unbedingt notwendig. Hellas hatte endlich einmal nur verwundet, anstatt gleich zu töten. Und was das Beste war: Diese fünf Skalpjäger würden dahin zurückgehen, woher sie gekommen waren, und erzählen, daà die Riesen Unterstützung hatten und der Handel mit Haaren eine mehr als gefährliche Angelegenheit war.
Schon bald würden sie erfahren, ob sich daran etwas Wahres fand oder ob das nur eine Lüge war, mit der Rodraeg sie alle verwirrt hatte.
4
Die Einsamkeit der Ãltesten
Der Mond schien hell genug, so daà man
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