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Das vergessene Zepter

Das vergessene Zepter

Titel: Das vergessene Zepter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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murrte Hellas.
    Â»Dann wird er nicht mehr kommen. Gehen wir weiter, wir sind hier noch nicht fertig.«
    Â»Endlich!« Der Bogenschütze mühte sich auf die Füße. »Wir sind halb erfroren. Nicht jeden wärmt ein Fieber, Rodraeg.«
    Â»Aber haben wir denn nicht Sommer?«
    Â»Draußen vielleicht. Wo immer das sein mag.«
    der innenraum
    Schließlich begegneten sie sich selbst.
    Nach einer ins Dunkel führenden Treppe, durch Eljazokads Magie zu einem sanften Braunton erhellt.
    Nach einem Gang, der breiter und schmaler wurde wie etwas, das lebendig gewachsen war.
    Nach einem ebenen Pfad, der ein linker Hand und rechter Hand unbeleuchtet bleibendes Tropfsteinfeld durchmaß.
    Nach einer niedrigen Pforte aus gefrorenem Basalt.
    Begegneten sie sich selbst.
    Sie standen sich gegenüber. Die anderen drei sahen höhnisch aus und ausgeruht, aber sie trugen dieselben Büßergewänder und hatten dieselben Waffen und Ausrüstungsteile bei sich wie ihre Ebenbilder.
    Rodraeg, Hellas und Eljazokad trauten ihren Augen nicht, glaubten an einen Spiegeltrick oder an eine magische Vorgaukelung, doch dann legte der andere Hellas einen Pfeil auf und schoß dem echten Hellas in den Leib. Jeglicher Zauber und Zweifel verflog. Röchelnd brach der echte Hellas zusammen.
    Seine Hände versuchten ganz instinktiv, noch im Liegen nach seinem Bogen zu fassen, doch da war nichts außer Blut. Der zweite Hellas legte einen Pfeil nach.
    Â»Halt!« schrie Eljazokad panisch und stellte sich zwischen den Bogenschützentäter und das Bogenschützenopfer. »Keine Gewalt! Wir werden euch nicht bekämpfen! Darum geht es doch hier, oder? Daß wir uns nicht bekämpfen. Daß wir einsehen, daß wir eins sind, auch wenn wir nicht immer mit uns selbst im reinen sein mögen?«
    Der falsche Hellas schoß, geschickt und beherrscht wie der echte, zwischen Eljazokads Ellenbogen und Körper hindurch, ohne den Magier zu streifen. Der Pfeil bohrte sich in Hellas’ Körper, der bäumte sich noch einmal auf, stieß gedehnt den Namen »Nauske« hervor und erschlaffte dann im Tod.
    Höhnisch starrte der falsche Hellas Eljazokad an, der immer noch beide Hände zum nutzlosen Zeichen der Friedfertigkeit erhoben hatte.
    Dann sprang der falsche Eljazokad von der Seite her den echten an, riß ihn zu Boden und begann, ihn zu erwürgen. Eljazokad wehrte sich verzweifelt, aber sein Spiegelbild hatte nicht die Erschöpfung der Höhlendurchquerung in den Knochen. Die Hände schlossen sich wie Eisenklammern um seinen Hals.
    Der falsche Rodraeg zog seinen Anderthalbhänder in einer fließenden, selbstsicheren Bewegung, zu der der echte Rodraeg noch niemals fähig gewesen war. Rodraeg, der begriff, daß alle Ansätze des Nachdenkens hier verfehlt waren, daß man ganz urtümlich handeln mußte, aber es genaugenommen dazu schon zu spät war, weil Hellas bereits tot war und Eljazokad besiegt, versuchte zurückzuweichen und ebenfalls sein Schwert zu ziehen, aber er konnte es gar nicht mehr greifen. Seine Hand fuhr wie in Wasser durch den Griff. Gleichzeitig kollabierte seine Lunge, von Furcht und Verlassensein um ihren letzten fadenscheinigen Zusammenhalt gebracht. Blut breitete sich in seinem Inneren aus wie ein kriegerisches Volk. Seine Knie gaben nach, und er schlug auf den Stein, ein letztes Mal von fremder Gewalt übervorteilt. Der andere Rodraeg, der frisch aussah und gesund, stand über ihm und betrachtete sein Sterben, das Schwert nicht wie zum Schlag erhoben, sondern eher, als wolle er dem Sterbenden Schutz und Obdach gewähren.
    Eljazokad zückte seine letzte Karte, blendete seinen mörderischen Zwilling mit einem Lichtblitz, der direkt aus seinen Augen schoß. Das blendete auch ihn, und blind tappten beide auf Knien und Händen über den kalten Boden, bis es dem echten Eljazokad gelang, den falschen umzureißen und vor ihm auf die Beine zu kommen. Langsam klärte sich sein Blick. Hellas war tot, von sich selbst erschossen. Rodraeg würgte im Liegen schwarzroten Gewebeschleim hervor.
    Eljazokad wollte von hinten an den stehenden Rodraeg herankommen und ihm das Schwert entwinden, um an eine Waffe zu gelangen. Vielleicht lag in der Selbstüberwindung der Schlüssel. Wenn er, der notorisch Unbewaffnete, zur Waffe griff, um seine Freunde zu verteidigen, dann mußte die Höhle dies anerkennen. Doch Eljazokad kam nicht weit genug.

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