Das Verhängnis der Jedi-Ritter 01 - Der Ausgestoßene
Verärgerung. Sie hatte ihr die Logik ihrer Entscheidung schon einmal erklärt. »Weil er, wenn er auf merkwürdige Weise denkt, vielleicht wie ein Tier denkt. Sich ein Nest sucht, seine Wunden leckt, sich ausruht. Vor ein paar Jahren habe ich ihn hier in die Unterstadt geführt. Mittlerweile gibt es selbst dort mehr Sicherheitskräfte, doch er kann da immer noch jede Menge Orte finden, um sich zu verstecken. Und falls er hier auftaucht, kann er seine Jedi-Kräfte einsetzen, um schnelle Flitzer zu stehlen oder möglicherweise sogar prominente Politiker zu entführen.«
»Sehr gut. Dieser Grund ist so gut wie jeder andere, um einen Ausguck auszusuchen. Du hast deinen Verstand benutzt, und deine Logik hat uns hierhergeführt. Und jetzt bist du bereit, beides einfach über Bord zu werfen und einen Kasten im Auge zu behalten, weil das genauso gut ist wie nachzudenken.«
Seha seufzte. Wie üblich hatte es wenig Sinn, mit ihrer Lehrerin zu streiten. »Nein, Meisterin.« Sie versuchte, ihre Gedanken zum Schweigen zu bringen. »Findest du Gefallen an ihm?«
Seha warf Octa einen gequälten Blick zu. Das würde offenbar wieder eine von diesen Unterhaltungen werden, in denen kein Geheimnis verborgen blieb. »Ja, Meisterin. Nun, früher tat ich das mal.«
»Und das beschämt dich?«
»Nein. Mich beschämt, dass ich auch Gefallen an Jacen Solo gefunden habe.«
»Deswegen musst du dich nicht schämen. Viele Jahre lang war er ein guter, umsichtiger Jedi. Und gut aus sah er ebenfalls. Er kam nach seinem Vater. Früher einmal habe ich für seinen Vater geschwärmt.«
Seha lächelte. »Ist das Euer Ernst?«
»Ja. Und stell dir einfach schon mal die Strafarbeiten vor, die ich dir aufbrummen werde, wenn du das irgendjemandem gegenüber erwähnst!«
»Ich sollte nicht zulassen, dass ich für irgendjemanden schwärme, am allerwenigsten für Jedi. Kaum bin ich in Jacen Solo verknallt, fällt er der Dunklen Seite anheim und stirbt. Ich bin in Valin Horn verknallt, und schon wird er verrückt.«
Octas Lächeln verblasste, verschwand jedoch nicht zur Gänze. »Einst gab es eine Zeit, da habe ich für einen Jedi mehr empfunden als bloß Schwärmerei. Er wurde von den Yuuzhan Vong gefoltert und ertrank dann im Kampf gegen sie in eiskaltem Wasser. Hätte ich deswegen aufhören sollen zu lieben? Etwas für jemanden zu empfinden? Mich von anderen angezogen zu fühlen?«
»Nein...«
»Dann solltest du das auch nicht tun.«
Das Gerät zu Sehas Füßen leuchtete auf; das Lämpchen an der Oberseite glühte mit einem schwachen pulsierenden, gelben Licht. Das Pulsieren nahm zu, ließ nach und wurde dann gleichmäßig.
Octa musste Sehas Aufregung gespürt haben. Sie setzte sich auf, öffnete die Augen und sah den Signalempfänger an. »Gut gemacht, Seha!«
»Vielen Dank, Meisterin.«
»Pack das Ding ein! Dann schauen wir uns mal um.«
Enneth Holkin, Protokollhelfer des ehrenwerten Denjax Teppler, Mit-Staatschef von Corellia, entließ seinen Fahrer weit jenseits des Fahrzeug-Kontrollpunktes, der die am nächsten gelegene Stelle markierte, bis zu der sich zivile Gleiter dem Senatsgebäude maximal nähern durften. Er hatte an diesem Morgen eine Menge zu tun; ein längerer Spaziergang würde ihm dabei helfen, seine Gedanken zu ordnen. Um der Sicherheit willen steckte er den Daumen durch den Panikring an seinem Übermantel. Es war nicht gut, wenn ein corellianischer Funktionär auf dem Gipfel mit einer Waffe erwischt werden würde, doch der Panikring war vollkommen legal und würde ihm in dem Fall, dass er entführt wurde oder eine ausgedehnte Begegnung mit einem Kriminellen hatte, vermutlich ebenso sicher das Leben retten.
Als er den Kontrollpunkt gerade hinter sich gelassen hatte und den Platz zu überqueren begann, vernahm er direkt hinter sich ein leises Geräusch, wie das Schaben von Leder auf Permabeton. Er drehte sich um und sah die Sohle des Stiefels auf sich zuschießen, unmittelbar bevor dieser gegen seinen Kiefer krachte.
Valin, ausgeruht und ruhig, blickte gleichgültig auf das Wesen hinab, das er gerade angegriffen hatte. Der Mann besaß in etwa seine eigene Größe und seinen Körperbau, was sich als nützlich erweisen konnte.
Er beschloss, den bewusstlosen Mann um seine Kleidung und seine Dokumententasche zu erleichtern. Er machte sich nicht die Mühe, den merkwürdigen Metallring an sich zu nehmen, der den linken Daumen des Mannes umschloss und an dem einige Zentimeter dünne schwarze Kordel baumelten.
Mehr als zweihundert
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