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Das Verhaengnis Thriller

Das Verhaengnis Thriller

Titel: Das Verhaengnis Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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zog die schwere Glastür am Eingang der leeren Motelhalle auf und platzte mit solcher Wucht in den überheizten und muffig riechenden Raum, dass der verschlafen aussehende junge Mann am Empfang erschrocken einen Schritt zurückwich.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte er und zupfte mit einer Hand am Kragen seines weißen Hemdes, während seine andere Hand über dem unter der Theke verborgenen Notrufknopf schwebte. Er war sehr groß und fast beunruhigend dünn, hatte dabei jedoch eine überraschend tiefe Stimme. Seine Haut war fleckig von den Spuren einer Pubertätsakne. Und sein rotbraunes Haar weigerte sich, wie gekämmt zu liegen, sondern stand in verschiedene Richtungen ab, sodass er gleichzeitig gelangweilt und überrascht wirkte.
    »Ich brauche ein Zimmer«, hörte Jeff sich sagen, während er beiläufig das langweilige Aquarell von mehreren Segelbooten betrachtete, das an der blassblauen Wand hinter dem Empfangstresen hing.
    Der junge Mann zuckte die Achseln und entspannte die Hand über dem Notruf. »Wie lange bleiben Sie?«
    »Nur für eine Nacht.«
    »Die Klimaanlage funktioniert nicht.«
    »Ich dachte schon, es ist ein bisschen warm hier drin.«
    »Dafür kann ich Ihnen einen Preisnachlass anbieten«, fuhr der junge Mann unaufgefordert fort. »Sechzig Dollar statt fünfundachtzig. Wie ist das?«
    »Sehr aufmerksam.«
    Der junge Mann lächelte zögernd, als wäre er sich nicht sicher, ob man sich über ihn lustig machte. »Wenn Sie eine weitere Nacht bleiben, muss ich Ihnen den vollen Preis berechnen.«
    »Bestimmt nicht.«
    »Woher kommen Sie?«
    »Aus Miami.«
    »Nach Miami wollte ich schon immer mal. Ich hab gehört, die Frauen dort wären echt was Besonderes.«
    Jeff nickte und dachte an Suzys meerblaue Augen. Es schien Wochen her, seit er sie zum letzten Mal gesehen, zum letzten Mal berührt hatte. Konnte es sein, dass er sie erst an diesem Morgen in den Armen gehalten hatte?
    »Und was führt Sie hierher?«, fragte der Junge.
    »Meine Mutter liegt im Sterben«, antwortete Jeff schlicht.
    Der junge Mann machte einen Schritt zurück, als könne der nahende Tod von Jeffs Mutter ansteckend sein. »Ach? Tut mir leid.«
    Jeff zuckte die Achseln. »Was will man machen?«
    »Nicht viel, nehme ich an. Also wie wollen Sie das regeln?«
    Einen Moment lang dachte Jeff, sie würden immer noch über seine Mutter reden. »Ich verstehe nicht …«
    »Master Card, Visa, American Express?«, half der Junge ihm auf die Sprünge.
    Jeff zog sein Portemonnaie aus der Jeanstasche, nahm die Kreditkarte heraus und schob sie über den Tresen. Die Geste ließ ihn an Kristin denken, die Gläser über die Theke im Wild Zone schob. Er sah auf die Uhr. Es war neun. Ich sollte sie anrufen, dachte er. Sie fragte sich wahrscheinlich, wo er war.
    Oder vielleicht auch nicht.
    Kristin hatte sein Kommen und Gehen immer mit bemerkenswerter Gelassenheit genommen. Es war eines der Dinge, die er an ihr mochte. Trotzdem hätte er sie anrufen und ihr von seinen Plänen erzählen sollen. Aber was hätte er ihr sagen sollen, wenn er selbst nicht gewusst hatte – und nach wie vor nicht wusste –, wie diese Pläne aussahen? Pläne verlangten ihrem Wesen nach ein gewisses Maß an bewusster Überlegung, und er hatte in der vergangenen Woche nur auf Adrenalin funktioniert. Wie ließen sich die Ereignisse der letzten paar Tage anders erklären?
    Wie ließe sich erklären, was zum Teufel er hier machte?
    Er hatte diese verdammte Stadt immer gehasst, dachte er, wandte sich wieder der Straße zu und erkannte die scheinbar verlassene Gegend kaum wieder, obwohl das Haus, in dem er aufgewachsen war, kaum eine Meile entfernt lag. Warum hatte er das Taxi hierherdirigiert und nicht zu einem komfortableren Hotel in der Innenstadt? »Ecke Branch und Charles Street«, hatte er den dunkelhäutigen Taxifahrer angewiesen, nicht einmal sicher, ob das Hotel, an das er sich aus seiner Kindheit erinnerte, noch stand, obwohl er eigentlich nicht überrascht war, dass es tatsächlich noch existierte, wenn auch unter einem neuen Namen.
    Der Rest der Stadt sah ziemlich genauso aus wie immer, hatte er auf der Fahrt vom Flughafen entschieden. Als das Taxi durchs Zentrum fuhr, hatte Jeff die Vorahnung eines drohenden Verhängnisses heruntergeschluckt und die scheinbar wahllose Folge von leer stehenden und verfallenden Lagerhäusern betrachtet, die zum Stadtrand hin irgendwann einer Reihe ordentlicher Arbeiterhäuschen wichen. Er sah nicht zu genau hin, weil er ahnte, dass

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