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Das Verhaengnis Thriller

Das Verhaengnis Thriller

Titel: Das Verhaengnis Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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überall Verfall lauerte – eine eingebrochene Regenrinne hier, bröckelnde Eingangsstufen dort, der Schaden, den die Schneeböen des letzten Winters angerichtet hatten, unter denen jede glatt gestrichene Oberfläche Blasen warf. Die Stadt roch sogar noch genau wie früher, hatte Jeff festgestellt, als eine leichte Brise den Schmutz und Schmier der Straßen durch das Rückfenster des Taxis geweht hatte. Jeff spürte, wie sie in seine Poren eindrangen wie winzige Kieselsteine. Er wusste, dass er überempfindlich reagierte, dass die Stadt seiner unglücklichen Jugend nicht anders roch als jede andere mittelgroße amerikanische Stadt: eine unangenehme Mischung aus Natur und Industrie, Erde und Beton, Verfall und Erneuerung, Erfolg und Scheitern. Vor allem Scheitern, dachte er jetzt, als er in der stickigen, mit nautischen Motiven dekorierten Lobby des Hotels stand und nur widerwillig einatmete.
    »Wollen Sie eine Schlüsselkarte oder zwei?«, fragte der Junge am Empfang und gab Jeff seine Kreditkarte zurück.
    »Eine reicht.«
    »Eine Karte soll es sein«, erklärte der junge Mann und schwenkte die Plastikkarte wie eine Trophäe. »Hier entlang.«
    Jeff folgte ihm aus der Lobby, betrachtete abwesend seine schlaffe Haltung und entwarf in Gedanken ein Trainingsprogramm mit einer Reihe von Übungen, die seine dünnen, schlaff herunterhängenden Arme kräftigen würden. Wie häufig bei Männern, die ob ihrer eigenen Größe verlegen waren, hatte der Junge eine katastrophale Haltung, den Kopf zwischen die Schulterblätter gezogen und schildkrötenartig vorgestreckt, als würde er sich ständig unter einem Türrahmen ducken, der zu niedrig für ihn war. »Ich bin sicher, ich finde mein Zimmer auch alleine«, sagte Jeff und fragte sich, ob es klug war, dass der Junge den Empfang unbesetzt ließ.
    »Ich hab eh nichts Besseres zu tun.«
    Er klingt genau wie Tom, dachte Jeff und schirmte seine Augen gegen die unnatürlich helle Abendsonne ab, während er dem jungen Mann durch das eingeschossige Gebäude folgte. Zum zweiten Mal an diesem Tag hatte er das unangenehme Gefühl, man würde ihm mit einer Taschenlampe in die Augen leuchten.
    »Haben Sie kein Gepäck?«, fragte der Junge.
    Nicht mal eine Zahnbürste, dachte Jeff. »Ich reise gern unbeschwert.«
    »Das ist am besten«, stimmte der Junge ihm zu, als wüsste er, wovon er redete.
    Wahrscheinlich war er sein ganzes Leben lang noch nicht aus Buffalo herausgekommen, sinnierte Jeff und musste wieder an Tom denken. Die erste Reise, die Tom je aus Buffalo geführt hatte, war nach Afghanistan gegangen.
    Vor einer blau gestrichenen Tür mit einer Nummer 9 aus Messing in Form eines Fisches blieben sie stehen. »Da wären wir«, sagte der junge Mann und schob die Schlüsselkarte in den Schlitz, was er drei Mal wiederholen musste, bevor die Tür aufging. »Die haben manchmal ihre Zicken«, erklärte er, als er die Tür endlich aufstieß und das Licht im Zimmer anmachte, um ein großes Doppelbett unter einem Überwurf mit silber-blauem Wellenmuster zu präsentieren. »Ich dachte, Sie hätten vielleicht gern ein bisschen mehr Platz, um sich herumzuwälzen. Ich schlafe selbst auch ziemlich unruhig«, sagte er und gab Jeff die Schlüsselkarte. »Vor allem in der Hitze. Möchten Sie, dass ich das Fenster öffne? Es ist ein bisschen stickig hier drinnen.«
    »Das ist schon okay«, sagte Jeff, obwohl es in dem Zimmer in Wahrheit drückend heiß war. Doch er wollte vor allem dringend allein sein. Er musste sich hinlegen, in Ruhe über alles nachdenken und sich über seine nächsten Schritte klar werden.
    »Zwei Blocks die Straße runter ist ein Drugstore, falls Sie eine Zahnbürste oder Deo brauchen«, sagte der Junge, lehnte sich in den Türrahmen und trat von einem Fuß auf den anderen, »und um die Ecke gibt es ein McDonald’s, falls Sie Hunger kriegen.«
    »Vielleicht später«, sagte Jeff und spürte, wie sein Magen sich allein bei dem Gedanken an Essen zusammenkrampfte.
    »Ich heiße Rick. Wenn Sie irgendwas brauchen …«
    »Bestimmt nicht. Vielen Dank.«
    Jeff betrat das Zimmer, kickte die Tür mit dem rechten Absatz zu und sah Ricks verwirrtes Gesicht aus seinem Blickfeld verschwinden. Jeff fragte sich, ob der Junge ein Trinkgeld erwartet hatte. Oder eine Einladung, ihm Gesellschaft zu leisten. Vielleicht war er deswegen so hilfsbereit gewesen, hatte Jeff persönlich zu seinem Zimmer begleitet und ihm einen Rabatt gegeben, um den er nicht gebeten hatte, und ein Doppelbett, das er

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