Das Verhaengnis Thriller
überquerten. Ihre hohen Absätze klapperten über den Bürgersteig, und sie hatte schon die Hand ausgestreckt, um die Autotür zu öffnen.
Zwei Männer, beide in knallengen, weißen Jeans, schlenderten Händchen haltend vorüber, und Tom nutzte die Gelegenheit, um über die Straße zu huschen und sich hinter einen schwarzen Mercedes zu ducken.
»Nun, das wär’s dann wohl«, hörte er Suzy sagen. »Ende der Fahnenstange.«
Ende der Fahnenstange, wiederholte Tom und musste sich zurückhalten, nicht laut loszujohlen. Er hatte es gewusst. Nie im Leben würde der »kleine Bruder« heute Nacht jemanden flachlegen.
»Das muss nicht so sein«, widersprach Will schwach.
»Doch, ich fürchte schon.« Suzy wandte ihr Gesicht näher zu Wills, sah ihm in die Augen und öffnete erwartungsvoll die Lippen. »Langsam kriege ich einen steifen Hals«, sagte sie nach mehreren weiteren Sekunden.
Und dann küssten sie sich plötzlich. Scheiße. Was hatte das zu bedeuten? Hätte sie nicht einfach in ihr Auto steigen und in die mitternächtliche Sonne entschwinden können?
»Okay, puh«, sagte Suzy und löste sich von Will.
So ist’s brav, dachte Tom. Und jetzt steig in dein Auto.
»Tut mir leid«, entschuldigte Will sich sofort.
Weichei, höhnte Tom.
»Was tut dir leid? Dass du toll küssen kannst? Kein Grund, sich zu entschuldigen, glaub mir.«
Das nennst du einen tollen Kuss? Da hast du dir den Falschen ausgesucht, Süße. Mich hättest du nehmen sollen.
»Hör auf zu grinsen«, erklärte sie Will. »Deswegen werde ich trotzdem nicht mit dir schlafen.«
»Nie und nimmer?«
Sie lachte, öffnete die Wagentür und stieg ein.
Endlich, dachte Tom.
»Sehe ich dich wieder?«, fragte Will.
Du liebe Scheiße, wie lahm konnte man sein?
Statt zu antworten, ließ sie den Motor an. Erst beim Anfahren ließ sie das Fenster auf der Fahrerseite herunter. »Du weißt, wo du mich findest«, sagte sie und ließ Will in einer Abgaswolke stehen.
»Wichser«, murmelte Tom und sah ihrem Wagen nach, der die Straße hinuntersauste und dann in nördlicher Richtung in den Ocean Drive bog. Du hast nicht mal einen Wagen, was, kleiner Bruder? Du könntest ihr nicht nachfahren, selbst wenn du wolltest.
Aber ich , wurde ihm im selben Moment klar, und er lief spontan los, immer darauf bedacht, im Schutz der parkenden Autos zu bleiben. Lächelnd sah er, dass sie in dem Dauerstau stecken blieb, der auf diesem Abschnitt des Ocean Drive auch zu solch später Stunde herrschte. Sein eigener Wagen parkte nur ein paar Blocks entfernt. Wenn sie weiter nur in diesem Tempo vorankam, konnte er es vielleicht bis dorthin schaffen und ihr nachfahren, um zumindest herauszufinden, wo sie wohnte. Vielleicht konnte er sie sogar überreden, ihm eine Chance zu geben. Manche Frauen musste man einfach mit ein bisschen mehr Nachdruck überreden, dachte er und erinnerte sich an das dumme Mädchen in Afghanistan, deretwegen er den ganzen Ärger bekommen hatte, der zu seiner unehrenhaften Entlassung geführt hatte; als ob er der einzige amerikanische Soldat gewesen wäre, mit dem die Gäule ein bisschen durchgegangen waren. Verdammt, täglich hatte er dort sein Leben für die Undankbaren riskiert. War eine kleine Belohnung da etwa zu viel verlangt?
Ein paar Minuten später saß er am Steuer seines alten senffarbenen Impala. Suzys BMW war einen knappen halben Block vor ihm und blinkte für den Linksabbieger. Er konnte ihr weiter folgen oder umkehren, dachte er. Will wanderte wahrscheinlich immer noch durch die Straßen von South Beach. Er konnte neben ihm halten, ihm anbieten, ihn nach Hause zu fahren, und ihn wissen lassen, dass das Spiel aus war.
Oder er konnte Suzy Granatapfel weiter folgen, sehen, wohin sie fuhr, und herausfinden, wo sie wohnte. Wer weiß, vielleicht erwartete sie ihn schon. Er hatte ihr Lächeln gesehen, als sie die Bar verließ. Er hatte ihren suchenden Blick in die Dunkelheit gesehen, beinahe so, als hätte sie geahnt, dass er dort war. War es so? Hatte sie es die ganze Zeit gewusst? Blickte sie in diesem Moment in ihren Rückspiegel, um sich zu vergewissern, dass er noch hinter ihr war?
Verdammt, dachte er, als er, ihren Wagen fest im Blick, die Kreuzung erreichte. Er war schon so weit gekommen. Und Lainey würde sowieso sauer auf ihn sein. Jetzt aufzugeben war sinnlos. » Ready or not «, flüsterte er und zwinkerte seinem Spiegelbild zu. »Suzy Granate, ich komme.«
Kapitel 4
Jeffs Handy klingelte, als Kristin ihren gebrauchten grünen Volvo
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