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Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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Haltung war eindeutig auf die Spinne orientiert.
    Er erhob sich und klappte die Helmscheibe herunter, ohne sich dessen bewußt zu werden. Da war etwas in ihm, was ihn emportrieb, ein nicht zu analysierendes Gefühl, vielleicht eine Reststrahlung dessen, was die Procyonen aussandten, die winzige Spur einer Aufforderung, die die Wände der Spinne passierte, vielleicht aber auch nur der Wunsch, den Ablauf der Ereignisse zu beschleunigen, selbst wenn er überzeugt war, daß der Endpunkt dieser Ereignisse nicht positiv sein würde.
    Doch noch schien Peter Mankov zu zögern. Erst als auch Maara ihren Platz vor der Steuerkonsole verließ und an die innere Schleusenklappe trat, schaltete der Servator den Öffnungsmechanismus ein. Das geschah ebenfalls mit einer gewissen Verzögerung, es war, als entschlösse sich selbst die Maschine nur; widerwillig, die Menschen aus der schützenden Hülle der Spinne zu entlassen.
    Haston trat als erster auf die Rampe der Außenklappe hinaus. Zuerst hatte er den Eindruck, sie befänden sich am Rand einer größeren Lichtung, aber dann sah er, daß die freie Fläche offensichtlich der Rand der Ringebene war, vielleicht der Rand der Ebene, auf der die Schiffe standen, vielleicht aber auch einer anderen, jedoch täuschend ähnlichen. Den kleinen Hügel rechter Hand, eine flache Erhebung, die wie ein vom Wind zusammengetragener Spreuhaufen aussah, hatte er weder vom Schiff aus noch während des Marsches zur Spinne bemerkt.
    Maara überholte ihn auf der Außenrampe. Sie blickte sich nach allen Seiten um und trat dann an Yahiro heran, als suche sie Schutz an seiner Seite. Der Hastonide stand nach wie vor unbeweglich, nur ein winziges Neigen seines Kopfes deutete an, daß er Maara bemerkt hatte. Die Bewegung glich einem nachlässigen Gruß.
    Als sich ein Teil der noch immer in ihrer Formation verharrenden Fremden dem Hügel zuwandte, wußte er sofort, daß sich etwas anbahnte, was außerhalb seines Einflusses lag, in dessen Konstellation er nicht mehr war als ein Objekt. Das war durchaus keine Vermutung, er war sich dessen absolut sicher, das war ein Wissen, das er aus einer einzigen Bewegung der Gelben zog, einer ungewohnt asynchronen, ja fast chaotischen Drehung, die ihm neben der unbestimmten Angst vor dem Kommenden zum Bewußtsein brachte, daß die Bewohner dieser Welt Individuen waren wie die Menschen, daß sie spontaner Reaktionen fähig waren und daß auch sie die Angst kannten. Er spürte, daß sie Angst hatten, und als sich jetzt zunehmend Zorn und Ablehnung hineinmischten, erkannte er auch den Ausgangspunkt.
    So traf ihn Lannerts Erscheinen nicht mehr überraschend. Der Hastonide tauchte über der rundlichen Hügelkuppe auf wie eine Spukgestalt, wie eine Figur aus mittelalterlichen Märchen, dunkel und drohend trotz seiner bedächtigen Bewegungen. Sein rechter Arm pendelte haltlos an der Hüfte, das großkalibrige Laserrohr hielt er in der linken Hand.
    Maara stöhnte auf. »Sieh nur, Brian«, flüsterte sie. »Sieh nur!«
    Er setzte zum Sprechen an, irgendeine Bemerkung schien ihm jetzt notwendig, aber über seine Lippen kam nur ein unartikuliertes Krächzen. Sein Herz schlug wie ein Hammer, langsam und mit solcher Wucht, daß er fürchtete, es würde ihm die Rippen zerbrechen.
    Lannerts tote Augen waren auf ihn gerichtet, nur auf ihn und auf niemanden sonst. Keinen Zentimeter wichen sie von seinem Gesicht. In diesen Sekunden existierten auf Procyon 4 nur zwei Wesen, er und sein Geschöpf. Die seit Keeke Lannerts Selbstmordversuch vergangenen Monate, die Wochen der Behandlung, der Modifikation und die Zeit des Trainings, das alles umgab sie wie eine unsichtbare Hülle, die sie von allem anderen abschirmte. Sie waren gefangen in dieser entsetzlichen Blase, die in wenigen Sekunden unter dem Überdruck angestauten Hasses zerreißen würde.
    Was nur hatte er falsch gemacht in den vergangenen Jahren, die er noch vor wenigen Monaten als die erfolgreichsten und damit glücklichsten seines Lebens bezeichnet hätte? Wo lag der Fehler, der ein solches Ende rechtfertigte? Zählte jetzt nicht mehr, daß er in gutem Glauben gehandelt hatte, daß er diese Wesen erdacht und geschaffen hatte, weil er überzeugt gewesen war, daß sich die Menschheit nur auf diese und auf keine Art sonst aus der Sackgasse würde retten können?
    Jemand lachte. Es war ein dumpfes kollerndes Lachen, ein Lachen voller Hohn und Spott und Angst, es war sein eigenes Lachen. Hatte er wirklich in gutem Glauben gehandelt? Anfangs

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