Das verhängnisvolle Experiment
Ebene tauchte auf, eine graubraune Fläche in einem unübersehbaren Areal rötlicher Massen, die das Ortungsgerät als Pflanzen identifizierte, und er beschloß, das Landegebiet in flachem Bogen anzusteuern. Das Lot gab keinen Hinweis auf die Höhe der anscheinend festgefügten Pflanzendecke.
Er leitete die Schleife unverzüglich ein, obwohl er damit rechnete, daß sich Mankov beim ersten Anzeichen einer Kursabweichung abermals einschalten würde. Er wollte sich und die fünf anderen nicht der Gefahr aussetzen, in einen Hinterhalt zu geraten. Dieser Planet trug Leben, soviel war sicher. Und auf diesem Planeten war die Expedition Känguruh 1 verschollen. Das waren Gründe, die eigentlich auch Mankov anerkennen müßte. »Meldung an Kommandanten!« Er bemühte sich um exakte Formulierung. Das war erfahrungsgemäß erfolgversprechender als der normale Umgangston, vor allem, wenn man eigene Vorschläge zu unterbreiten hatte und wenn der Kommandant Peter Mankov hieß.
»Fähre, ich höre!« Mankovs Stimme war anscheinend ruhig und ohne Emotionen, doch wenn man sie so deutlich vernahm, daß man jede ihrer Schwingungen hätte aufzeichnen können, dann konnte einem das leichte Flattern nicht entgehen.
»Ich schlage vor, das Landegebiet mehrmals zu überfliegen und dabei die Höhe stetig zu reduzieren. Erst dann sollten wir die Ebene ansteuern. Es könnte sein, daß…«
»Genehmigt!« Aus Mankovs Stimme klang etwas wie Beruhigung und dann sogar Wärme, als er fortfuhr: »Zeichnet alles genau auf, Keeke. Wir werden die Bilder hier oben auswerten. Vielleicht finden wir schon jetzt einen Hinweis auf den Verbleib der Känguruh eins. Oder auf die…, die anderen.«
Mankov schien auf einen Zufall zu hoffen. Doch Keeke Lannert wußte, daß Zufälle die unangenehme Eigenschaft hatten, Situationen nicht zu entwirren, sondern eher noch zu komplizieren. Er rechnete nicht mit einem schnellen Erfolg. Ihm würde es schon genügen, wenn sich das Landegebiet als frei von unbekannten Erscheinungen erweisen würde.
»Eigenartig, findet ihr nicht?« Diesmal war es die Stimme Nako Bosks, die Lannert aus seinen Gedanken riß. Einen Augenblick lang überließ er das Steuersystem der Fähre sich selbst und blickte sich über die Schulter um. Sie saßen in ihren Sesseln, die Hände in die Armlehnen gekrallt, die Köpfe vorgereckt, und starrten auf die Bildschirme. Auf den Wangen Toria Halsums hatten sich rote Flecke gebildet. Lannert glaubte die Spannung körperlich fühlen zu können, und er war augenblicklich sicher, daß sich Ungewöhnliches anbahnte.
Als er sich wieder auf die Steuerung eingestimmt hatte, sah auch er es. Der Boden unter ihnen hatte seine konturenlose Einheitlichkeit verloren, in der rötlichen, eben noch wie ein schmuckloser Teppich wirkenden Ebene tauchten Muster auf, Linien, die, wenn auch in der Färbung kaum zu unterscheiden, die Fläche in einzelne Quadrate oder Rechtecke unterteilten.
»Das ist nicht natürlichen Ursprungs«, erklärte Haston, und seine Stimme klang erstaunlich ruhig. »Das sieht nach Bewirtschaftung aus.«
Niemand antwortete. Und auch die an Bord des Schiffes schwiegen. Obwohl Keeke Lannert sicher war, daß sie jede Veränderung, jede Steuerbewegung, und jeden Bildausschnitt sehr genau analysierten.
Haston mochte recht haben oder nicht, auf keinen Fall waren die ein wenig helleren Linien dort unten Wege oder Straßen, eher wohl Schneisen, die lediglich niedriger waren als der sie umgebende Wald, wenn man das als Wald bezeichnen konnte, rötlich, wie es war und ungewöhnlich, sobald man es mit den Augen eines Menschen betrachtete und mit den Erfahrungen eines Erdbewohners, für den der Begriff »Wald« sich mit dem Gedanken an ein kühlendes grünes Blätterdach verband, durch das die Sonne schräge Lichtbalken sandte. Ein solcher Wald war das dort unten nicht.
Die Linien traten um so deutlicher hervor, je weiter sich die Fähre der Oberfläche näherte. Lannert zog das Landefahrzeug in eine weite Kurve, steuerte es auf eine der Schneisen ein und ließ die Maschine in noch immer erheblicher Höhe über der undeutlichen Linie dahinziehen Dellak und Toria Halsum machten ihn gleichzeitig auf das Ende des Waldgebietes aufmerksam. Weit voraus brachen die rötlichen Massen ab, die Trennungslinie zu der hinter ihnen auftauchenden Ebene war scharf und anscheinend gerade, wie mit einem Lineal gezogen. Erst als sie sich direkt über dieser Grenze befanden, sahen sie, daß deren Rand leicht geschwungen
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