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Das verhängnisvolle Experiment

Das verhängnisvolle Experiment

Titel: Das verhängnisvolle Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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daß das gesamte System ins Wanken geriet, was unweigerlich zum vorzeitigen Untergang der Monogenen geführt hätte. Diese bedauernswerten Wesen brauchten ihre Riten, um zu überleben, und sie benötigten genau die Riten, die als optimal erarbeitet worden waren. Auch wenn sie die Agonie lediglich zu verlängern, den Untergang jedoch mit Bestimmtheit nicht aufzuhalten vermochten.
    »Wer wird gehen?« fragte er, und er dachte an seinen Ring auf ihrer Karte.
    Sie stand noch immer unbeweglich zwischen den Falten des Vorhanges. »Meine Gruppe«, antwortete sie schließlich. »Wer sonst?« Dann aber hatte sie begriffen, weshalb er gefragt hatte, und wurde ein wenig lebhafter. »Ich werde zur Zeit zurück sein, Stenelor«, schloß sie, die Worte schneller als bisher aneinanderfügend.
    Dann ging sie, langsam und aufgerichtet wie jemand, dem um den eigenen Wert nicht bange war. Und Stenelor überlegte, ob das heute wirklich der erste Tag in all den Jahren war, an dem er ihre Stimme gehört hatte.
     
    Während er die freien Abende des nächsten Monats zählte und feststellte, daß ihrer nicht mehr allzu viele waren, bewegte sich der Vorhang erneut. Doch diesmal geschah das heftiger, nicht mit der ruhigen Geschmeidigkeit Luelas und schon gar nicht mit Dasiets stummer Gewichtigkeit. Borelie riß den Vorhang auf und betrat das Zimmer mit ungestümen Schritten, den Raum von einem Augenblick auf den anderen mit ihrer Geschäftigkeit füllend. Anstelle einer Karte trug sie eine Spule in der Hand. »Sie sind wieder da!« rief sie und ließ sich auf eines der Polster fallen.
    Er blickte konsterniert auf, er brauchte eine Weile, um sich zu sammeln, um ganz zu begreifen, daß es um anderes ging als noch eben. »Wer ist wieder da?«
    »Wer schon?« rief sie. »Die Fremden! Man hat ihr Schiff auf der Umlaufbahn geortet.«
    Borelie neigte zu mangelnder Präzision. Daß da ein fremdes Schiff im Orbit kreiste wie vor Jahren, gut, das nahm er ihr ab, das mußte er ihr glauben, so ungern er ihr auch glauben mochte, aber daß es sich um dieselben Fremden handeln konnte wie damals, daß sie wieder da waren, wie Borelie sich ausgedrückt hatte, das war unmöglich, gegen eine solche Annahme vermochte er sich zu wehren, dagegen konnte er seinen gesunden Verstand setzen. Denn die anderen waren nicht nur tot, sie hatten sich umgebracht in einem mächtigen Energieblitz, der auch die letzte Spur von ihnen vertilgt hatte. Die konnten nicht zurückgekehrt sein.
    »Willst du damit sagen, sie hätten sich aus Energie in Materie zurückverwandelt?« rief er, und als er sah, daß sie zornig wurde, setzte er hinzu: »Das brächten selbst sie nicht zuwege.«
    Sie sprang auf und funkelte ihn an. »Stell dich nicht dumm, Stenelor«, sagte sie scharf. »Es sind selbstverständlich nicht dieselben. Aber ihr Schiff gleicht dem, das drüben, jenseits des Ringes steht, bis in die letzte Einzelheit.«
    Borelie war wütend. Ihre Augen waren ganz klein geworden, wie die starren Augen eines Vogels, und ihre Hände zitterten. Sie würde ihm wohl niemals wieder ihre Karte auf das Pult legen, ihn ein wenig von oben herab ansehen und sagen: »Ich habe dich gewählt, Stenelor. Ich hoffe, daß du dich in diesen drei Tagen zu meiner Verfügung halten kannst.« Nein, das würde sie nie wieder sagen. Diese drei Tage konnte er getrost streichen.
     

    »Ist alles veranlaßt?« fragte er endlich, bemüht, seiner Stimme Ruhe und Gelassenheit zu geben. Borelies Spott war gefürchtet und mehr noch ihre Gabe, Unsicherheiten sofort zu bemerken und unverzüglich zu rügen. Außerdem spürte er jetzt wirklich Besorgnis, keinen Funken Freude, daß da Fremde gekommen waren, Gäste, er fürchtete, daß auch dieser Besuch mit einer Katastrophe enden würde.
    »Alle Zentren sind von der Ankunft der Fremden unterrichtet«, sagte sie frostig. »Diesmal werden sie uns nicht überraschen.«
    Das genau war es, worüber er sich insgeheim sorgte. Über die Sicherheit, mit der man annehmen zu müssen glaubte, daß es sich bei den Fremden um eine von Natur aus feindliche Intelligenz handelte. Daß man die Möglichkeit eines Mißverständnisses überhaupt nicht in Betracht zog. Nun gut, die Fremden hatten damals das Dorf der Monogenen besetzt, der Versorgungstrupp war von ihnen angegriffen und vertrieben worden, und selbstverständlich hatte man scharf reagiert. Man konnte nicht anders, die Monogenen waren außerstande, sich aus eigener Kraft mit dem Nötigsten zu versehen. Aber es waren Fragen

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