Das verhängnisvolle Experiment
unter den eigenen Mängeln und unter einer nicht zu bezwingenden Eifersucht, und sein Verdruß steigerte sich noch, als er einsehen mußte, daß er ihr nichts beweisen konnte, daß er vielleicht nie einen Beweis finden würde. Er ließ sie seinen Verdacht spüren, und manchmal weidete er sich an ihrem stummen Erschrecken, wenn sie erkannte, daß sich in ihrer Gemeinsamkeit ein Riß aufgetan hatte, der niemals mehr zu schließen sein würde.
Bisweilen, wenn er bei ihr lag, erhob sich die Furcht in ihm wie ein Dämon, und er preßte Doreen an sich, als wollte er sie nie wieder aus seinen Armen lassen. Aber selbst der heftigste körperliche Kontakt vermochte ihm nicht zu ersetzen,* was er verloren zu haben glaubte. Zwar fühlte er sich nach solchen Explosionen erschöpft, aber er suchte ja nicht die physische Ermattung, was ihm fehlte, das war die wohlige Müdigkeit.
Wenn er Doreen nach solchen Überfällen freigab, dann lag sie meist ganz still und betrachtete ihn mit einem Ausdruck schmerzlicher Verwunderung. Einmal aber ergriff sie seine Hände und hielt sie fest. »Ich hatte gehofft, daß das mit der Zeit vergehen würde, Peter«, sagte sie leise.
Er fuhr auf. »Daß was vergehen würde?«
»Deine Angst zu versagen«, antwortete sie vage.
Er aber wußte genau, daß es damit nichts zu tun hatte. Der Wunsch, sie zu fühlen, sich an ihr zu halten, mit ihr zu verschmelzen, war vielmehr der Versuch, sie von allem anderen abzuschirmen, sich selbst immer und immer wieder zu beweisen, daß sie zu ihm gehörte und zu niemandem sonst.
Damals wurde ihm klar, daß er Gefahr lief, sie als seinen Besitz zu betrachten. Und die Furcht, sich weiter und weiter in diesen abstrusen Drang, sie zu isolieren, sie für sich ganz allein haben zu wollen, hineinzusteigern, drohte ihn vollends zu zerstören. Welch irrsinnige Komödie, ihr vorgaukeln zu wollen, er könnte durch Eifer ersetzen, was ihm an Selbstvertrauen verlorengegangen war.
So wurde sein Leben zur Tortur und damit auch das an ihn gefesselte Leben Doreens. Daß Doreen, solange sie bei ihm war, auch gezwungen war, mit ihm zu leiden, mehr vielleicht noch als er selber litt, das war eine Erkenntnis, die sich ihm schließlich wie eine logische Folgerung aufdrängte. Tagelang grübelte er, und am Ende glaubte er als einzig gangbaren Weg eine erneute Anstellung bei der Raumbehörde gefunden zu haben. Sein Problem ließ sich, so meinte er, nur durch eine Art innerer Isolation aus der Welt schaffen. Er wollte alles, was bisher in seinem Leben war, gründlich und für immer meiden.
Vor allem aber Doreen. Er redete sich ein, daß es der Gipfel des Egoismus wäre, mutete er ihr weiterhin ein Leben an seiner Seite zu. Und er wußte doch, daß der Grund ein anderer war. Nichts fürchtete er mehr, als daß sich Doreens Liebe langsam verbrauchen, eines Tages dann in Mitleid wandeln und schließlich ganz erlöschen könnte.
Den Entschluß, sich abermals bei der Raumbehörde zu bewerben, bereute er bereits einen Tag, nachdem er die entsprechende Mitteilung abgesetzt hatte. Aber wirklich nur diesen einen Tag lang, an dem er meist Erinnerungen an die ersten Monate ihrer Liebe nachhing, denn dann kamen die Sorgen und die Zweifel machtvoller als jemals vorher zurück.
Von da an wartete er täglich auf den Ruf der Behörde, auf die Rettung. Jede Aufgabe hätte er übernommen, selbst Innendienst hätte er getan oder Antennen und Rechner bedient.
Als die Mitteilung dann endlich eintraf, erschien sie ihm wie eine Erlösung. Für zwei oder drei Stunden spürte er die alte Entschlossenheit, doch dann kam die Angst, daß er den Anforderungen nicht mehr gewachsen sein könnte. Trotzdem meldete er sich unverzüglich, ohne jede weitere Überlegung und ohne Doreen unterrichtet zu haben. Er wollte sich diese letzte Chance nicht leichtfertig entgehen lassen.
Und das Unwahrscheinliche geschah. Aufgrund der Testergebnisse und seiner Erfahrungen berief man ihn zum Kommandanten der Expedition Procyon 4/2.
Zwei Stunden nach dem Einschwenken in die Planetenbahn war die gesamte Mannschaft um den Bodenbildschirm versammelt, an dessen Rand die Peripherie des Planeten erschien. Mankov blickte sich im Kreis um. Yahiro und Lannert saßen einander gegenüber, die quadratmetergroße Scheibe zwischen sich. Mit ihren massigen Körpern, die sich im künstlichen Schwerefeld des Raumschiffes zu verankern und zu stabilisieren vermochten, bildeten sie zwei Festpunkte, die sich wohl auch bei sehr kurzfristigen
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