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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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in Richtung der Töne.«
    »Visikals Horn.« Bran senkte den Kopf. »Ich habe in Visikals Horn geblasen. Das war unsere letzte Hoffnung.«
    Nangor schwang sich um den Bugsteven herum und sprang auf Brans Schiff. Er begutachtete eine Weile staunend die Türme und Wracks, während Bran, die Ellenbogen auf der Reling, seine Freunde betrachtete. Da drüben stand der rothaarige Taran, der Steuermann auf Nangors Langschiff geworden wäre, wenn Nangor am Tag ihrer Abreise nicht mit dem Schiffsack über der Schulter in den Hafen gekommen wäre. Turvi klopfte dem alten Nosser auf den Rücken. Und Linvi hielt den jungen Kuenn im Arm. Und dann sah er Nemni, die die Hände über dem Bauch gefaltet hatte. Bran schüttelte den Kopf. Er wusste, dass Nemni das Kind eines Tirganers erwartete, und jetzt sah er, dass es bis zur Geburt nicht mehr lange dauern würde.
    »Ein seltsamer Ort ist das.« Nangor schritt die Reling ab. »Aber noch seltsamer sind diese Geschöpfe. Ich habe Geschichten und Gerüchte über Fischmenschen gehört, aber ich hätte niemals geglaubt, dass es sie wirklich gibt.«
    Es versetzte Bran einen Stich, als er Velar entdeckte. Der hellhaarige Mann sah misstrauisch auf die Kinlender hinab, die vor den Schiffen herumschwammen. Als er den Kopf hob und Brans Blick begegnete, strahlte Hass aus seinen Augen.
    »Der Abend bricht an.« Bran drehte sich zu der rot leuchtenden Sonne im Osten. »Die passende Zeit, um zu erzählen.«
     
    Es wurde ein Abend voller Geschichten. Das Felsenvolk versammelte sich an Deck der Tigam und entzündete Fackeln längs der Reling. Die Frauen bereiteten eine Suppe aus getrocknetem Fleisch und Getreide und Zwei Messer und Storm holten ihre kostbar gehüteten Weinschläuche hervor und schickten sie in die Runde, damit jeder einen Schluck nehmen konnte. Solche Großzügigkeit war sonst nicht die Art der beiden Krieger, dementsprechend groß war die Freude unter den Männern. Hagdars Lachen schallte über die Wracks und das Licht der Fackeln spiegelte sich in dem nachtschwarzen Wasser. Bran saß neben Dielan und Turvi und konnte sich nicht erinnern, wann er die Männer und Frauen des Felsenvolkes das letzte Mal so glücklich gesehen hatte. Es war fast wie zu den Zeiten, als sie noch in der Felsenburg lebten.
    Nach einer Weile kamen die Kinlender angeschwommen und kletterten an Bord. Die Leute machten ihnen Platz auf ihren Fellen und Decken und die Schuppenwesen befühlten die Tierhaare und die gewebten Fäden, als wären es kostbare Schätze. Die Männer lachten insgeheim darüber, aber Bran rollte eine alte Wolldecke zusammen und überreichte sie Queya. Der Krieger legte sie um seine Schultern und verneigte sich, und N’Gama beugte sich vor und bedankte sich flüsternd für die kostbare Gabe.
    Als das letzte Sonnenlicht im Meer versank, half Dielan Turvi, aufzustehen. Er hob den Arm und bat um Ruhe, und dann berichtete er von dem großen Geschenk, das die Namenlosen Bran und Tir gemacht hatten. Bran ging unter Deck, weil er Nangor und allen, die mit ihm gesegelt waren, das Kind zeigen wollte. Aber Tir hatte genug geruht und trug ihr Kind selbst zum Volk ihres Mannes hoch. Und nun sah sie endlich mit eigenen Augen den seltsamen Ort, von dem ihr Mann ihr erzählt hatte, die schuppenhäutigen Krieger, die Türme und Wracks.
    Turvi erzählte von den Kinlendern, denn nach seinem Treffen mit N’Gama wusste er mehr über sie als irgendwer sonst. N’Gama selbst stand im Schatten an der Reling, und niemand ließ sich davon ablenken, dass er unablässig nach Westen über das Meer schaute.
    Das Felsenvolk saß noch lange an Deck. Die Nacht war warm, wie es nur eine Spätsommernacht sein kann. Die Frauen ließen die Kinder spielen, und Dielan hatte Konvai auf dem Schoß und zeigte ihm, wie man schnitzt. Bran streckte sich entspannt auf der Decke aus. Jetzt, da Tir sich von der Geburt erholt hatte, fühlte er sich wieder sicher. Er hörte Hagdar mit dem Neugeborenen herumalbern, Dielans Ermahnungen an seinen Jungen und das Stimmengewirr, das über das Deck schwirrte. Als er den Kopf zur Seite drehte, sah er Queya, der mit geradem Rücken dasaß, die Wolldecke um die Schultern geschlagen und seinen Schwanz wie eine silbrig glänzende Schlange über den Unterarm geschlungen hatte. Bran schloss die Augen und gähnte. Sein Volk war wieder vereint und glücklich. Endlich kam er zur Ruhe.
    Da ertönten die Konchylien. Zuerst war es nur ein fernes Heulen vom Turm am anderen Ende des Atolls, aber als die

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