Das Verheissene Land
er hinter Bran her zu Dielan.
Bran warf ein paar Armlängen Tau nach unten, und als der Kinlender das Tauende zu fassen bekam, schlang Bran sich das andere Ende ums Handgelenk und stemmte sich gegen die Bordwand. Mit Virgas Hilfe zog er den Kinlender eine Armlänge aus dem Wasser. Dielan streckte dem Verletzten den Arm entgegen und zog seinen Oberkörper über die Reling. Bran warf das Tau weg. Der Kinlender hob den Kopf und fauchte; zwischen seinen spitzen Zähnen sickerte Blut hervor. Dielan griff ihm unter die Arme.
Da durchzuckte es den Kinlender. Er klammerte sich an Dielan, als es seinen Körper nach unten zog. Aus seinem Mund kam ein Blutschwall, und Dielan schrie laut auf.
Bran zog sein Messer, um ihn von dem Sterbenden zu befreien, aber im selben Augenblick verlor Dielan den Halt. Er folgte dem Kinlender über Bord und verschwand in dem weiß schäumenden Wasser.
Bran wollte hinter ihm herstürzen, aber Hagdar, der herbeigelaufen war, hielt ihn fest. Seine kräftigen Arme schlossen sich um ihn.
»Dielan ist über Bord!« Hagdar drehte sich zu den anderen um. »Seht nach ihm! Dielan! Dielan!«
Die Männer strömten an der Reling zusammen. Gwen, die die Schreie gehört hatte, drängte sich zwischen sie. Virga griff sich eine Fackel und hielt sie über das schwarze Wasser. Bran sah zum Himmel, und da trieb der Himmelsvogel die Wolken vor dem Mond weg.
Das weiße Licht fiel auf das Wasser, die kämpfenden Kinlender auf den Flößen und die gigantischen Rückenflossen der Haie.
Queya entdeckte es als Erster. Er schob die Männer beiseite, sprang auf die Reling und bellte den Kriegern auf den Flößen etwas zu. Und da sah auch Bran den schmächtigen Körper, der sich an einen Baumstamm klammerte. Er fiel zwischen den hoch gewachsenen Kriegern kaum auf. Es war Dielan.
Queya rief den Kriegern auf den Flößen etwas zu, aber sie hatten genug damit zu tun, sich selbst zu retten. Die Haie umkreisten sie wie Wölfe einen verletzten Hirsch.
Queya sprang von der Reling. Er baute sich vor Bran auf, fauchte Hagdar an und zwang seine Arme auseinander. Bran spürte eine Klaue um sein Handgelenk, und ehe er begriff, wie ihm geschah, hatte Queya ihn über Bord geworfen.
Bran versank in dem dunklen Wasser. Es war warm und voller wilder Wirbel. Er öffnete die Augen, aber um ihn herum waren nur Blasen und Schaum, und er wusste nicht, in welche Richtung er schwimmen musste, um an die Oberfläche zu gelangen. Etwas strich über seinen Rücken. Er stieß sich mit den Beinen ab und schwamm irgendwohin, panisch. Die Haie waren überall. Sie würden ihn in Stücke reißen.
Er spürte Krallen an seinem Hals. In einem kurzen Aufblitzen sah er Queyas schwarze Pupillenschlitze vor sich, ehe sich dessen Hand wieder um Brans Handgelenk schloss. Bran wurde durchs Wasser gezogen. Es rauschte mit rasender Geschwindigkeit an ihm vorbei, und als seine Lunge zu zerspringen drohte, durchstießen sie die Oberfläche. Queya legte seine Hand auf den Rand eines Floßes.
Bran zog sich auf die glatten Rundhölzer und rieb sich das Salzwasser aus den Augen. Das Langschiff war ungefähr einen Pfeilschuss entfernt, er konnte gerade noch die Männer hinter der Reling erkennen. Queya hatte ihn zu den Flößen gebracht, die noch in der Mitte des Atolls trieben. Um ihn herum drängten sich Kinlender, etliche lagen verletzt mit verdrehten Körpern auf den Brettern. Und zwischen den zerbrochenen Stämmen und zerfetzten Tauresten schossen weiße Rückenflossen hin und her.
»Di-An.« Queya tauchte neben dem Floß auf. Er zog Dielan an seinem Gürtel hinter sich her.
Bran zerrte Dielan aus dem Wasser, wo Dielan sich auf den Rücken drehte und hustete.
»Bist du verletzt?« Bran strich mit den Händen über seine Beine.
Dielan schüttelte den Kopf. Gleich darauf krümmte er sich zusammen und spuckte Salzwasser. »Wir… wir sind einfach mitgerissen worden. Der Kinlender…« Er kniete sich hin und blickte zum Schiff. »Er ließ los, als der Hai ihn in zwei Teile zerriss.«
Queya klopfte Bran auf den Rücken. Dann kniete er sich neben einen der Toten, nahm seinen Speer und noch einen zweiten, der zwischen den Floßresten trieb, und drückte sie Bran und Dielan in die Hand.
»Q’I Kaya.« Er zeigte auf die Haie und rasselte mit seiner Kette.
»Die Mächtigen«, sagte Dielan. »Das sind Die Mächtigen, von denen N’Gama gesprochen hat.«
Bran und Dielan stellten sich an Queyas Seite. Die Mächtigen schwelgten in Blut und toten Körpern, aber
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