Das Verheissene Land
damit das Feuer besser greifen konnte. Die Kluft war geschützt – ein guter Lagerplatz.
»Dieser Platz hat viel Ähnlichkeit mit dem Berghang über der Felsenburg. Und unter uns ist eine Ebene. Wir sind von den Dämonen hierher gejagt worden, genau wie unser Volk damals von den Vokkern. Vielleicht ist dies ja das Land, das wir suchen?«
Bran kniff die Augen zusammen. Ein gewaltiger Schmerz jagte durch seinen Kopf. Er flammte auf wie eine Fackel und verglühte so schnell wie ein Stück Birkenrinde. Er blinzelte und schlug die Augen auf. Und er konnte noch immer sehen.
»Waren das wieder die Krallen?« Dielan legte die Hand auf Brans Stirn.
Bran lehnte sich zurück an die Felswand und nahm einen Schluck aus dem Wasserschlauch. »Das hier ist nicht das Land, das wir suchen. Das fühle ich. Wir müssen weiter.«
Dielan sah ihn mit der besorgten Falte zwischen den Augenbrauen an. Dann reichte er Bran den Umhang und stand auf. Er trat zwischen die Bäume, blieb einen Augenblick dort stehen und blickte in das Tal hinunter, ehe er seinen Gürtel löste und Wasser ließ.
»Du hättest das Horn mitnehmen sollen«, sagte er. »Das, das du von Visikal bekommen hast. Damit hätten wir den anderen ein Zeichen geben können, dass wir noch am Leben sind.«
Ein Windstoß trieb Funken zu dem Fell. Bran zog die Füße an.
Wenn ihr Feuer zu sehen wäre, hätte es vielleicht den gleichen Nutzen wie das Horn. Vielleicht war Hagdar ja bereits mit einigen Männern im Wald unterwegs, um sie zu suchen. Aber nicht einmal Hagdar könnte eine mehrere Tage alte Fährte aufspüren, wenn der Waldboden mit Laub bedeckt war.
Dielan kam zurück. Er schnürte seinen Gürtel zu und fasste sich mit einem schmerzverzerrten Zug um den Mund an die Brust. Danach blickte er vom Feuer hoch zur Kante der Kluft. Bran begriff sofort, was ihm durch den Kopf ging, und er schüttelte den Kopf über seine eigene Gedankenlosigkeit.
»Es wird dunkel.« Dielan kniete sich neben das Feuer und sammelte trockene Zweige und Äste zusammen.
»Wir müssen dort oben ein Feuer anzünden«, sagte Bran und legte den Wollumhang ab. »Ich hätte eher daran denken sollen.«
»Nimm die Steine an dem Baumstamm dort drüben. Wir müssen einen Windschutz bauen.« Dielan zeigte auf einen Haufen mit Moos überwucherter Steine, die neben einer vom Wind gefällten Birke lagen.
Bran rollte den halb verrotteten Stamm beiseite und entfernte mit dem Fuß das Moos von den Steinen, während Dielan mühsam aus der Kluft kletterte. Oben angekommen, verlangte er mehr Holz. Bran brach trockene Zweige von der Birke und warf sie zu ihm nach oben, ehe er selbst mit dem Pelzumhang voller faustgroßer Steine nachkam.
Sie errichteten die Feuerstelle einen Speerwurf weiter oben am Hang, auf einem kleinen Absatz, von dem man eine gute Sicht über das Land hatte. Bran holte mehr Äste, während Dielan die Steine in einem Ring auslegte. Die Wolken über dem Meer glühten rot, als Dielan das Holz aufstapelte. Bran holte zwei brennende Holzscheite aus ihrem Lagerfeuer und entzündete damit das Leuchtfeuer. Die Flammen fraßen sich in Windeseile durch das trockene Holz, und als ein Windstoß über den Hang fuhr, loderten die Feuerzungen empor.
»Das wird eine Weile brennen«, meinte Dielan. »Morgen früh legen wir frisches Laub auf die Glut, damit sie den Rauch sehen können.«
Bran verschränkte die Arme vor der Brust. Bis zur Küste war es ein weiter Weg. Er hatte den Berg erst gesehen, als er auf die Ebene gekommen war. Und außerdem war der Weg durch die Schlucht versperrt.
»Glaubst du, dass sie es sehen, Bran?« Dielan strich sich das Haar aus den Augen.
»Ich hoffe es.« Bran ließ seinen Blick von der Küste bis zu der Felswand auf der anderen Seite der Ebene wandern. Er glaubte ein Heulen zu hören, konnte sich aber nicht entscheiden, ob es aus dem Wald oder von der Ebene kam.
»War das der Wind?« Dielan schüttelte den Kopf und lauschte. »Hast du das auch gehört, Bran?«
»Vielleicht haben die Dämonen das Feuer entdeckt.« Bran trat aus dem Lichtkegel. »Komm, lass uns Schutz in der Kluft suchen, damit sie uns nicht sehen.«
So setzten sich die Brüder wieder an das Feuer in der Kluft. Sie wickelten sich in das Fell und den Wollumhang, denn mit der Dunkelheit kam die Kälte. Sie lauschten noch lange, ob sie das Heulen der Dämonen noch einmal hören würden. Aber außer dem Wind, der durch die Baumkronen pfiff, und den Birkenzweigen, die knarrend gegeneinander schlugen,
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