Das Verheissene Land
geworden…«
Velar warf den Kopf in den Nacken. »Hagdar ist umgekehrt, als wir um die Wette geschwommen sind. Er hat aufgegeben. Er will gar nicht Häuptling sein.«
Bran schob ihn zur Seite. »Lass mich durch, Velar. Ich muss mit Dielan reden.«
»Du weißt, dass ich Recht habe!« Velar trat einen Schritt zur Seite. »Wenn du und dein Bruder sterbt, werde ich Häuptling.«
Bran ließ ihn stehen. Er hatte Velar und den Hass, der hinter dem bartlosen Gesicht brannte, fast vergessen. Doch Velar hatte unter den Männern keinen Rückhalt mehr. Jetzt, da sie den Sturmrand hinter sich gelassen hatten und eine neue Küste vor ihnen lag, hatte Bran bewiesen, dass er der Richtige war und dass seine Träume sie in das verheißene Land führen würden. Und Velar hatte keinen Nachfolger. Er hatte keine Frau und seine ganze Familie war bei der Schlacht gegen die Vokker getötet worden. Velar ist bloß ein junger Hund, dachte Bran und warf einen Blick zurück zu dem Blonden. Er ist keine wirkliche Bedrohung.
Er schüttelte den Gedanken ab und ging weiter. Kai und Nari grüßten ihn und Hagdars Lachen übertönte das Flötenspiel. Dann war Bran bei Dielan und sein Bruder machte auf der Decke neben sich Platz.
»Hunger?« Dielan reichte ihm ein Stück Trockenfisch.
»Ich habe für mein Leben genug Trockenfisch gegessen«, sagte Bran. Er spürte, wie das gesalzene Fischfleisch in seinem Magen rumorte, und der Gedanke, noch mehr davon zu essen, bereitete ihm Übelkeit.
»Es ist gute Nahrung.« Dielan brach das Stück entzwei und stopfte sich beide Teile in den Mund. Gwen streichelte ihm über den Bauch und Bran musste im Stillen lächeln. Sie kümmerte sich um ihn wie um einen kleinen Jungen.
»Du hast meinem Mann das Leben gerettet.« Gwen schob sich eine Locke hinter das Ohr. »Er hat mir erzählt, wie du gegen den Dämon gekämpft hast, Bran. Was für ein schreckliches Land muss das gewesen sein! Er sagt, du hättest ihn auf die Berge hochgezogen und ihn vor Hunger und Durst bewahrt. Dafür werden Konvai und ich dir immer dankbar sein.«
Bran sah weg, denn so hatte er das Ganze nicht in Erinnerung. Er hatte seinen Bruder über die Ebene und das Moor gezogen und dann, ohne etwas zu sehen, den Berghang hinauf. Bei dem Gedanken warf er Dielan einen Blick zu. Sein Bruder bewegte den Kopf hin und her. Dielan hatte nichts gesagt, nicht einmal zu Gwen. Nur er und Tir wussten von seiner Erblindung.
Da verstummten die Flöten und die Männer hoben ihre Becher. Turvi stand mit Hagdars Hilfe auf und Kai reichte dem Einbeinigen die Krücken. Die Waldgeister erhoben sich, und Loke klemmte sich den Krug unter den Arm.
»Lasst uns auf Bran trinken, unseren Häuptling!« Turvi leerte seinen Becher und wischte sich dann mit dem Ärmel den Bart ab.
»Und auf seinen Bruder, Dielan! Er hat großen Mut bewiesen!« Wieder gönnten sich die Männer einen Schluck. Loke versteckte den Krug unter seinem kurzen Wams und goss seinen Schülern ein, wobei er die ganze Zeit darauf achtete, dass ihn niemand dabei beobachtete. Bran dachte, dass der Waldgeist sein kostbares Gebräu nicht mit dem ganzen Volk teilen wollte, und fühlte mit ihm. Viele der Männer, wie zum Beispiel Hagdar, Zwei Messer oder Storm, hätten seinen ganzen Krug in nur wenigen Schlucken leeren können.
Die Männer tranken auf Dielan und dann auf Virga, den jungen Tirganerkrieger, der sie aus eigenem, freiem Willen begleitet hatte. Turvi rief Zwei Messer und Storm zu sich, und dann trank das Felsenvolk auch auf sie. Schließlich ehrten sie auch noch Hagdar, und Bran dachte, dass dieser das vor allen anderen wirklich verdient hatte. Hagdar hatte ihn während der ganzen Zeit gestützt, und nur seinem Trotz und seiner Tapferkeit hatte er es zu verdanken, dass er das monatelange Wundfieber überlebt hatte.
Wieder spielten die Flöten auf. Die Tirganer begannen zu klatschen, denn es war ein schneller Rhythmus. Viele taten es ihnen nach. Cergan und seine Freunde traten mit den Schwertern in den Händen ans Feuer und ihre Frauen gesellten sich zu ihnen. Dann ließen die Tirganer die Schwerter wirbeln. Sie stachen aufeinander ein, schrien und heulten wie wilde Wölfe, und Bran musste an die Nacht im Lager in Tirga denken, als er sie zum ersten Mal so hatte tanzen sehen. Sie tanzten einen Kampf um ihre Frauen, einen Tanz, den Tirgas blutige Vergangenheit sie gelehrt hatte. Sie kämpften sich, die Umhänge wie Schwingen ausgebreitet, aneinander vorbei. Ihre langen, hellen Mähnen
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