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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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mit Trockenfisch mitgenommen, und während Tir den Beutel öffnete, hob er den Wasserschlauch an den Mund und trank. Erst als sie ihm einen Brocken Fisch gab, legte er den Wasserschlauch wieder in den Schoß. Er reichte ihn an sie weiter und sie stopfte ihm das Stück Trockenfisch in den Mund. Er biss ein wenig ab und kaute darauf herum. Tir meinte, er sei dünner geworden, und Bran spürte, wie sehr die Wanderung an ihm gezehrt hatte. Er war hungrig wie ein magerer Vokker im Winter und stopfte das faserige Fischfleisch in sich hinein.
    Die Flötenspieler machten eine Pause. Kuenn und Tiene gossen ihnen Wasser in die Becher und ließen sie trinken. Alle hatten sich jetzt ans Feuer gesetzt, alle außer Kais Sohn und Lillevord, die am Ufersaum standen und mit abgebrochenen Ästen fochten. Die Frauen forderten sie auf, leise zu sein, doch die zwei Jungs versteckten sich hinter dem Bug von Nangors Schiff und fuhren dort mit ihrem Kampf fort. Dann spielten die Flöten wieder auf. Turvi begann im Takt zu klatschen und bald fielen alle anderen mit ein. Vile stand auf, zog seine Holzflöte unter dem Gürtel hervor und hastete zu den Tirganern. Dort steckte er die Flöte unter den Bart und blies, so laut er konnte. Die Männer zeigten auf ihn, denn der klein gewachsene Schüler traf die Töne wie ein echter Tirganer. Die Waldgeister lachten. Bran erblickte noch einen Krug in Buls Händen.
    Tir summte zu den Flötenklängen, denn es war ein bekanntes Lied, das ihre Landsleute spielten. Doch Bran wusste nicht, dass es die Sage über das entschwundene Kin-Mar war, die am Feuer erklang. Aber Virga, Zwei Messer, Storm und all die anderen, die dem Felsenvolk aus Tirga gefolgt waren, hatten das Lied schon als Kinder gehört. Tirgas Frauen sangen es als Wiegenlied und Tir machte es wie ihre Mutter. Bran legte sich auf die Seite und streichelte seinem Sohn über die Haare, und bald darauf schlossen sich die kleinen Augenlider. Da zog Tir ihr Gewand über die Schultern und ließ das Kind mit dem Kopf an ihrem Bauch ruhen.
    Bran sah sie an und ihn erfüllte ein Glück, größer als alles andere. Er hätte sie gern an sich gedrückt, doch er wollte den Kleinen nicht wecken.
    »Tir?« Er flüsterte ihr zu, doch Tir lächelte bloß und legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen. Bran verstand. Ulv schlief jetzt. Er brauchte Ruhe.
    Bran rappelte sich auf und rollte mit den Schultern. Seine Wunden begannen zu verheilen. Es juckte unter seiner Jacke. Tir hatte die Kiste geöffnet, in der sie ihre kostbarsten Schätze aufbewahrte, und über dem Schwert ihres Vaters hatte sie diese grauschwarze Wolljacke gefunden. Sie hatte einen weiten Halsausschnitt, doch Tir hatte einen Lederriemen angenäht, so dass er sie zuziehen konnte, wenn es kalt wurde. Und Bran hatte die Kälte des Herbstes gespürt, sie hatte ihm dort oben im Gebirge ins Gesicht geblasen. Bald, dachte er, würde sie auch zum Meer herunterkommen. Er hoffte, dass sie das Tal dann bereits gefunden hatten, denn Nangors Stimme zitterte aus gutem Grund, wenn er von den Herbststürmen sprach.
    Dielan saß dicht am Feuer. Gwen hatte ihre Arme um seine schmalen, sehnigen Schultern gelegt und Konvai stapfte mit einem Stück Fisch in der Hand herum. Bran ging zwischen Nosser und Vermer hindurch, trat über ein Bild, das Kriava und Narien in den Sand malten, und blieb dann stehen, um sich am Rücken zu kratzen.
    Da spürte er eine Faust an seinem Handgelenk. Bran sah hinunter. Es war Velar, der dort saß. Seine schmalen Lippen formten ein Lächeln.
    »Nicht kratzen. Einohr. Deine Frau will sicher nicht noch mehr Narben an dir finden!«
    Bran zog seinen Arm zurück. Es war lange her, dass Velar mit ihm gesprochen hatte. Der Blonde hatte sich seit dem Ringkampf abgesondert.
    »Viele haben euch für tot gehalten.« Velar stand auf und warf seinen wollenen Umhang über die Schultern nach hinten. Seine nackte Brust glänzte im Feuerschein. Bran sah, dass sein Bauch etwas runder geworden war. Die Seereise und die Ruhetage hier am Strand hatten ihm gut getan.
    »Wir sind zurückgekommen.« Bran wandte sich von ihm ab.
    »Das ist wahr.« Velar stellte sich vor ihn. »Was aber, wenn ihr nicht zurückgekommen wärt, Einohr? Wenn du und dein Bruder dort oben getötet worden wärt! Dann wäre ich jetzt Häuptling und würde unser Volk weiterführen, während die Raubvögel dort oben eure Eingeweide fräßen!«
    »Du vergisst Hagdar.« Bran ballte die Faust. »Auch Hagdar hat geträumt. Er wäre Häuptling

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