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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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Schritt zurück. Der große Fischmensch kam schwankend über das Deck, zeigte auf Bran und dann auf die Luke. Dann hielt er sich die Hand über die Augen und ließ seinen Blick über das Meer schweifen. Er hockte sich hin, neigte den Kopf zur Seite und blickte in das Dunkel unter Deck hinunter. Die anderen Fischmenschen zogen sich nach achtern zurück und legten ihre Speere beiseite.
    »Er möchte, dass sie heraufkommen.« Dielan legte seine Hand auf Brans Schulter. »Und ich glaube nicht, dass sie uns etwas Böses wollen, Bran.«
    »Sie haben uns durch die Schären gebracht«, sagte Hagdar. »Das sind keine Feinde. Ich glaube, das sind Seeleute wie wir.«
    Linvi kam auf der Treppe zum Vorschein. Sie blickte hinaus, doch als sie die Fischmenschen erblickte, zuckte sie zurück ins Dunkel. Bran hörte sie dort unten sprechen. Turvi hinkte unter die Luke und blinzelte herauf. Bran kletterte nach unten.
    Der Einbeinige packte ihn an der Schulter. »Was ist los, Bran? Was sind das für Wesen?«
    Bran starrte ins Dunkel. Er war geblendet von dem starken Licht an Deck. Hier unten sah er kaum die Hand vor den Augen.
    »Woher kommen sie?« Turvi umklammerte seine Schulter noch fester.
    »Geh nach oben. Ich glaube nicht, dass sie uns etwas Böses wollen.« Bran kniff die Augen zu, öffnete sie wieder und die Dunkelheit wich von den Balken und Ruderbänken zurück.
    Der Einbeinige streckte seine Hände zur Luke empor und Dielan und Hagdar zogen ihn hoch. Ihm folgten Gwen und Linvi und die Kinder von Hagdar.
    Bran hörte die schweren Schritte, als die Fischmenschen über das Deck schwankten. Frauen und Kinder kletterten hinauf. Ein paar Kinder begannen zu weinen, und Bran verstand sie gut. Das Ganze war so unwirklich. Die Geschöpfe sahen aus wie aus einem Albtraum. Und das Meer, das sie umgab, dürfte nicht so still sein – nicht, wenn weniger als einen Tag entfernt Stürme tosten und die Brandung rauschte.
    »Bran?«
    Ihre Stimme war so schwach, dass er sie kaum hörte. Er hastete an den Ruderbänken vorbei. Wieder rief sie ihn.
    »Ich komme«, sagte er und starrte in die Schatten vor dem Bugraum. Der Schmerz brannte in seinem Nacken und bereitete ihm Schwindel und Übelkeit. Er war müde, doch er wusste, dass es noch nicht so weit war.
    Als er sich neben ihr zu Boden sinken ließ, reichte sie ihm einen verschwitzten Arm. Er erkannte ihr Gesicht unter der dicken Decke und beugte sich über sie. Ihre Lippen legten sich warm auf seine Stirn.
    »Sag mir, wie es aussieht.« Sie holte tief Luft und zitterte, als sie wieder ausatmete. »Ich spüre, dass wir auf der anderen Seite angekommen sind. Beschreib es mir, Bran.«
    »Überall ist Meer«, sagte Bran. »Hier gibt es weder Wind noch Wellen. Wir treiben aber noch immer nach Westen.«
    »Wer spricht da so merkwürdig?« Kianna stand am Deckbalken und beugte sich unter dem letzten Talglicht vor, das noch brannte. »Da oben ist doch jemand. Fremde Männer, ich kann sie hören.«
    Bran strich Tir über die Wange. Ihr Haar war schweißnass. »Das sind…« Er sah zum Deck empor. »Das sind Fischer. Sie haben während des Sturms angelegt. Sie haben uns auf die andere Seite gebracht, vorbei an den Schären.«
    »Fischer?« Kianna wandte sich aus dem Lichtschein und schlich zur Treppe, doch Bran kümmerte sich nicht um sie. Er setzte sich mit verschränkten Beinen neben Tir, und ihr Arm ruhte in seinem Schoß.
    Er saß den Rest des Tages schweigend bei ihr, und auch sie sagte nichts. Das Tageslicht sickerte schwach durch die Luke, doch als es zwischen den Balken dunkel wurde, erkannte er, dass ihnen die zweite Nacht in dem fremden Meer bevorstand. Er dachte an die Fischmenschen an Deck und fragte sich, wie sie das Schiff Steuerten. Manchmal hörte er das Ruder knirschen und er erkannte, dass diese Geschöpfe das Schiff mit Hilfe der Strömungen manövrierten. Gegen Abend kroch einer der Fischmenschen durch die Luke nach unten und blieb im Sandgraben stehen, während er mit seinen gelben Augen zwischen den Balken hindurchstarrte. Der Fischmensch schnupperte in die verrauchte Luft, und als sich die gelben Augen auf Tir richteten, stellte sich Bran vor sie und zog sein Messer aus dem Gürtel. Da zog sich der Fischmensch zurück. Als begriffe er, was geschehen würde.
     
    Als die Nacht am dunkelsten war, kamen die Frauen nach unten. Sie schöpften Trinkwasser aus den Tonnen und suchten den Trockentang zusammen, den sie unter die Decksplanken gebunden hatten, während sie leise und voller

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