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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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unter die Wellen fliehen. Das ist Kin-Mar, das Land der Kinlender.«
    Das Felsenvolk starrte auf dieses Wunderwerk von Stadt, das sich schier endlos nach Süden und Norden zu erstrecken schien. Sogar Zwei Messer und Storm, die die Fischmenschen nicht aus den Augen gelassen hatten, seit sie an Bord gekommen waren, vergaßen ihr Misstrauen und standen glotzend da, als das Schiff an Flößen und Aussichtstürmen vorbeiglitt. Wieder erklang die Konchylie. Die Fischmenschen an Deck reckten ihre Speere in den Himmel und aus Rissen und Spalten in den Wracks sprangen unzählige Fischmenschen ins Wasser. Sie schwammen wie Würmer an der Wasseroberfläche und hatten die Beine geschlossen, während ihr langer Schwanz hin und her schlug. Eisen schlug gegeneinander, dann knirschte Holz und ein Tor in der Wrackmauer öffnete sich. Jetzt tauchten viele Fischmenschen im Wasser neben dem Langschiff auf. Sie krallten sich an den Planken fest und kletterten wie Eidechsen nach oben. Bran und seine Männer drängten sich an der Luke dicht aneinander, denn die Fischmenschen begannen, um sie herumzuschleichen. Der Große am Ruder rief ihnen mit lauter Stimme etwas zu, worauf die Neuankömmlinge den Rücken krümmten. Einige sprangen wieder ins Wasser, während andere die Arme ausstreckten und Bran und seine Männer vorsichtig berührten. Sie deuteten auf Turvi und beugten sich zu seinem Beinstumpf hinunter. Als Hagdar vor sie trat und seine Faust bedrohlich ballte, wichen sie zurück. Der Große gab ein paar hustende Laute von sich und Turvi lächelte.
    »Er lacht«, sagte der Alte. »Habt keine Angst, Männer. Das sind Kinlender. Sie sind nicht schlecht, auch wenn Manannan ihnen ein hässliches Äußeres gegeben hat.«
    Doch nichts an dieser Hafenstadt war hässlich. Denn mit schildgroßen Muscheln und Treibholz hatten die Fischmenschen die treibenden Wracks miteinander verbunden und aus zerrissenen Segeln hatten sie Flaggen genäht, die an hohen Stangen flatterten. Die Sonne glitzerte auf der schuppigen Brust der Wache und der Gesang der Konchylien breitete sich über das flache Meer aus. Als sich das Tor öffnete, sah das Felsenvolk, dass die Hafenstadt in einem weit gezogenen Halbkreis gebaut war. Hinter den Wrackmauern war das Wasser glatt wie in einem tiefen Bergsee. Der Gestank von Tang und Fisch schlug ihnen entgegen, als das Schiff hineintrieb. Die Tore hingen an rostigen Scharnieren und schlossen sich knirschend hinter ihnen, und der Große mit der Haizahnkette steuerte das Schiff zu einem der Wracks hinüber, die die Außenmauer bildeten.
    Die Männer des Felsenvolkes ließen die Fischmenschen das Schiff vertäuen und fanden kaum Worte. Fischmenschen mit Speeren und Messern schwammen zwischen den Flößen und Türmen hin und her. Aufgeschnittene Haie hingen an Haken von Türmen und Schiffsrümpfen herab. Das Wasser war flach; von ihrem Platz an der Luke aus konnten sie bis zum Meeresboden hinabschauen. Fischmenschen schlängelten sich mit Netzen und fischledernen Säcken zwischen kräftigen Tangarmen hindurch. Sie bewegten sich wie Seehunde, hielten aber oft inne, um zur Wasseroberfläche emporzublicken. Dann legten sie die Arme an, schlugen mit dem Schwanz und verschwanden im Unterwasserwald.
    Bran schätzte, dass sich die Stadt über drei Pfeilschüsse erstreckte, und er fragte sich, wie die Fischmenschen in den Besitz so vieler Wracks gekommen waren. Denn sie hatten diese Schiffe nicht selbst gebaut, das war ihm bewusst. Drei Schiffe vor dem Langschiff lag ein Zweimaster, dessen Decksplanken noch immer Reste von Kalk trugen. Das war ein Kretterschiff. Und der Schiffsrumpf, an dem sie festgemacht hatten, ähnelte am ehesten einem alten Langschiff aus Kels. Es lag etwas tiefer als die Tigam, doch die rostigen Eisenschilde an der Reling hatten noch immer etwas von dem ursprünglichen blauen Schimmer. Am Mast hing ein frischer Hai zum Trocknen. Fischmenschen wimmelten jetzt über das verwitterte Deck und begannen, einen Landgang auf die Reling zu hieven.
    »Die da sind nicht so groß wie die anderen.« Virga deutete auf ein paar Fischmenschen, die auf einer Brücke standen, die sich vom Kelsschiff zu dem nächstfolgenden erstreckte. Sie waren kleiner und dünner als die anderen und trugen lange, silberglitzernde Fischhäute um die Hüften.
    »Zieh deine Hand zurück.« Hagdar sah den Jungen streng an. »Wir mögen es doch auch nicht, wenn Fremde mit dem Finger auf unsere Frauen zeigen.«
    Da stellte sich der Große vor die

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