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Das verletzte Gesicht

Das verletzte Gesicht

Titel: Das verletzte Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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belegter Stimme.
    „Nein, leider nicht.“
    Ihr war, als bliebe die Welt allmählich stehen. Das konnte doch nur ein Albtraum sein. Sie war wie betäubt vor Schock. „Und wenn ich sie nicht entfernen lasse?“ fragte sie nach einer Weile wie in Trance.
    Er richtete sich im Sessel auf und sah sie durchdringend an. „Verstehen Sie, Miss Godfrey, hohe Titer antipolymerer Antikörper treten nur bei schweren Immunstörungen auf.“
    „Wie schwer?“
    „Diese Störungen werden fortschreitend schlimmer.“ Nach einer Pause: „Sie können tödlich enden.“
    „Das muss doch ein Irrtum sein“, widersprach sie wie benommen.
    „Tut mir Leid.“ Dr. Navarro seufzte mitfühlend und rückte sich in seinem Sessel zurecht. „Diese Reaktion ist nicht bei jedem ernst. Das ist sogar eher selten. Bei Ihnen ist es jedoch eindeutig bedrohlich.“ Er räusperte sich und beugte sich vor. „Lassen Sie uns Klartext reden, Miss Godfrey. Wenn Sie die Implantate nicht entfernen lassen, werden Sie meiner Meinung nach sehr krank werden und sterben.“
    Plötzlich verabscheute sie ihn, seine Freundlichkeit, seine ruhige Art und sein Mitgefühl. „Ihnen tut es Leid? Sie wissen ja nicht, wovon Sie reden! Sie sind nicht einmal plastischer Chirurg! Ich werde Dr. Harmon konsultieren.“
    „Darum möchte ich Sie bitten, so schnell wie möglich.“
    „Er wird mir sagen, dass Sie sich irren. Und er wird alles in Ordnung bringen!“
    „Miss Godfrey“, begann er und legte die Fingerspitzen aneinander, „ich habe mehrere Tests durchgeführt. Es besteht kein Zweifel. Dr. Harmon und jeder andere Arzt, der die Fakten kennt, wird bestätigen, was ich Ihnen gesagt habe. Ich weiß, diese Diagnose ist schwer zu akzeptieren. Aber ich möchte Sie nicht mit einem Missverständnis gehen lassen.“
    Panik erfasste sie, als ihr klar wurde, dass Dr. Navarros Diagnose richtig sein könnte. Er wirkte sehr überzeugt.
    „Wenn die Implantate entfernt werden …“, sagte sie langsam und dachte das Unvorstellbare. „Was wird dann mit meinen Wangen, meinem Gesicht passieren? Wie werde ich aussehen?“
    „Ich kann es nicht wirklich sagen“, gestand er und fühlte sich offenbar unbehaglich. „Ich kenne den Umfang des ursprünglichen Eingriffs nicht.“
    „Was passiert mit meinem Gesicht, wenn die Implantate entfernt werden?“ beharrte sie.
    „Darüber sollten Sie wirklich mit Dr. Harmon sprechen.“
    „Was … passiert … mit … meinem … Gesicht?“
    „Ich …“ Er spreizte die Finger und betrachtete sie. Ihre letzte Hoffnung schien zwischen ihnen zu zerrinnen. „Ich denke, Ihr Gesicht, die Wangen, das Kinn werden so sein wie vor dem Eingriff.“
    Sie fürchtete zu ersticken.

4. Teil
    S ie lebt mit Schönheit –
Schönheit, die bald stirbt;
    – John Keats –

19. KAPITEL
    B obby fuhr nicht wie üblich in halsbrecherischem Tempo von Dr. Navarros Praxis heim. Er nahm die Kurven und Gefällestrecken der Bergstraße mit Sorgfalt, um Charlotte nicht noch mehr Unbehagen zu bereiten, als sie ohnehin empfand. Er hatte sich schon vor ihrem Besuch bei Navarro Sorgen gemacht, aber sie leichenblass und mit ängstlichem Blick aus der Praxis kommen zu sehen, bedeutete, dass er etwas tun musste.
    Zunächst versuchte er, sie mit Humor aufzuheitern und aus ihrer Schweigsamkeit zu reißen. Doch das funktionierte nicht. Charlotte starrte mit leerem Blick auf die Straße. Ihre Antworten waren knapp und beiläufig. Schließlich war er mit seinem Latein am Ende, jetzt half nur noch die Flucht nach vorn.
    „Also gut, Charlotte, ich gestehe, ich halte das keine Minute länger aus. Ich liebe Geheimnisse, und ich kann sie bestens bewahren, besonders bei Menschen, die ich mag. Und du weißt, für dich tue ich alles“, sprudelte er heraus und unterstrich seine Worte mit eindringlicher Gestik.
    „Du hast offenbar eine schlechte Nachricht bekommen, und ich möchte dir helfen. Ich kann nicht einfach dasitzen und dich still leiden sehen.“
    Charlotte drehte ihm das Gesicht zu. Zu seiner Überraschung erwiderte sie: „Ja, ich brauche jemanden zum Reden. Und du bist genau der Richtige.“
    Er war froh über ihr Vertrauen und wollte sie keinesfalls enttäuschen. Zum ersten Mal seit Monaten wurde er wieder von jemandem gebraucht, ein gutes Gefühl. „Ich kenne den idealen Platz zum Reden. Ein kleines Café an unserem Weg. Das Essen ist grässlich, aber eine Flasche guten Champagner können die ja wohl öffnen.“
    „Mir ist nicht nach Feiern.“
    „Champagner ist nicht

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