Das verletzte Gesicht
zulassen, dass jetzt etwas schief geht.“
Bobby wusste es besser, blickte aber nur schweigend auf die Straße.
Dr. Navarro begrüßte sie an der Tür. Es regnete jetzt heftig, sodass sie mit den Füßen aufstampften und sich die Feuchtigkeit von der Kleidung schüttelten, ehe sie eintraten. Sie waren die einzigen Patienten.
„Gehen wir gleich in mein Büro, damit wir reden können“, bat Dr. Navarro nach einer freundlichen Begrüßung.
„Ich warte hier“, sagte Bobby und lächelte Charlotte aufmunternd zu.
Er konnte sie nicht täuschen, sein Lächeln wirkte angestrengt. Sobald er allein war, setzte er sich mit übereinander geschlagenen Beinen hin und trommelte mit den Fingern, zu nervös zum Lesen.
„Ich fühle mich viel besser“, sagte sie, als Dr. Navarro sie ins Sprechzimmer führte.
„Das freut mich“, erwiderte er, lächelte jedoch besorgt. Er deutete auf einen Sessel. „Setzen Sie sich. Heute reden wir nur.“
Nervös nahm Charlotte Platz und faltete fest die Hände. Sie hatte sich ausgemalt, was er ihr sagen würde: dass sie an einer schweren Krankheit litt, vielleicht keine Kinder bekommen könne und Ähnliches. O Gott, hoffentlich kein Krebs.
„Ich habe meine Nachforschungen beendet, und ich glaube zu wissen, was Ihre Probleme verursacht.“ Er machte eine Pause und betrachtete seine gefalteten Hände.
Sie sah ihn gespannt mit heftigem Herzklopfen an. Schließlich richtete sie sich auf und beugte sich erwartungsvoll vor.
„Ich fürchte, ich habe keine gute Nachricht. Als Sie das letzte Mal hier waren, entnahmen wir Ihnen Blut zur Unterschung. Die Ergebnisse zeigen, dass Sie unter einer ungewöhnlichen Reaktion leiden … einer ungewöhnlichen Immunreaktion, um genau zu sein. Ich glaube, dass Sie Antikörper gegen das Silikon oder andere Bestandteile der Implantate bilden, die bei Ihrer Schönheitsoperation eingesetzt wurden.“
Charlotte hörte die Worte, ohne die Bedeutung zu begreifen. „Implantate? Was …“
Dr. Navarro nahm einen Stift und zeichnete rasch eine Skizze ihres Kiefers. „Als Dr. Harmon Ihren Kiefer aufbaute, legte er hier und hier kleine Kissen ein.“ Er wies auf zwei Punkte auf ihrem Jochbogen. „Und hier“, fuhr er fort und deutete auf das Kinn.
Charlotte sah sofort, dass es genau die Punkte waren, die ihr Schmerzen bereiteten.
„Absicht war, Ihr Kinn zu vergrößern, um ein ausgeprägteres Profil zu bekommen. Das ist eine übliche Vorgehensweise und wurde tadellos ausgeführt.“
„Warum gibt es dann Probleme?“
Dr. Navarro legte den Stift beiseite und faltete die Hände wieder auf dem Tisch. „Das Problem ist nicht der eigentliche Eingriff. Ich habe mich mit jemandem beraten, der auf diesem Gebiet forscht. Ihr Körper zeigt eine heftige Reaktion auf die Substanzen der Implantate. Ich fürchte, die müssen entfernt werden.“
Entsetzt sank sie in ihrem Sessel zusammen und legte die Hände an die Wangen. Großer Gott, nur das nicht. Bedeutete das, noch eine Operation, um ihr Gesicht wiederherzustellen? Diese Schmerzen wollte sie nicht noch einmal durchmachen. Sie wollte nie wieder Krankenhausluft schnuppern und auch die Übelkeit und den Schwindel nach dem Eingriff kein zweites Mal erleben. Vor allem: Wie sollte sie sich operieren lassen, ohne dass Michael es erfuhr?
„Ich bedaure, Ihnen das mitteilen zu müssen.“
„Ist nicht Ihre Schuld“, erwiderte sie langsam, bemüht, das alles zu begreifen. Sie brachte kaum mehr als ein Flüstern heraus. „Danke, Dr. Navarro. Ich … ich danke Ihnen, dass Sie den Grund für meine Beschwerden gefunden haben. Ich dachte schon, ich bilde mir das alles nur ein.“
„Ich muss gestehen, dass ich zu Anfang auch skeptisch war. Viele Erkrankungen und Abnormitäten, die mit Implantaten in Verbindung gebracht werden, sind reine Anekdoten. Unspezifisch. In Ihrem Fall sind die Symptome eindeutig.“
„Aber …“, begann sie nachdenklich und strich über ihr Kinn. „Eines verstehe ich nicht ganz. Wenn ich eine Abstoßungsreaktion auf diese Implantate habe, womit wird man sie dann ersetzen? Ich meine, gibt es verschiedene Arten von Implantaten?“
Dr. Navarro sah sie verblüfft an und trommelte besorgt mit den Fingern auf die Tischplatte. „Vielleicht haben Sie das wirklich nicht ganz verstanden“, erwiderte er bedauernd. „Die Implantate … können nicht ersetzt werden.“
Charlotte war fassungslos. Sie konnte unmöglich richtig gehört haben. „Sie können nicht ersetzt werden?“ wiederholte sie mit
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