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Das Verlies der Stuerme

Das Verlies der Stuerme

Titel: Das Verlies der Stuerme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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Yankos Mutter und erhob sich von ihrem Stuhl, taumelte dann jedoch so sehr, dass sie sich gleich wieder setzen musste. Das Strickzeug sank ihr in den Schoß.
    »Wo kommst du her?«, knurrte sein Vater. Mit zusammengekniffenen Augen stierte er Yanko an, als wäre er nur mal eben ein paar Stunden zu lang fort gewesen und müsste sich jetzt auf eine Abreibung gefasst machen. Keine Spur von Wiedersehensfreude. »Was willst du? Ist dieser Nichtsnutz Ben auch bei euch?«
    »Nein.« Wut kochte in Yanko hoch. Warum beleidigte sein Vater schon wieder Ben, bevor er ihn überhaupt begrüßt
hatte? »Mein allerbester Freund Ben hätte eure Gastfreundschaft und den Trollfurter Galgen sehr gern in Anspruch genommen, er konnte dennoch leider nicht kommen. Er lässt aber grüßen.«
    »Sag ihm, meinetwegen kann er verrecken.«
    »Schatz!« Yankos Mutter packte ihren Mann am Arm. »Sei doch nicht so grob!« Dann wandte sie sich an Yanko: »Wir dachten, du bist längst gefangen oder tot …«
    »Danke für euer Vertrauen«, erwiderte Yanko bitter.
    »Auf dich ist ein Kopfgeld ausgesetzt. Was sollen wir denn erwarten?« Sein Vater knallte den Becher auf den Tisch und erhob sich.
    »Willst du es kassieren, oder was?«, raunzte Yanko ihn an. Das lief ganz anders, als er es sich vorgestellt hatte. Eine besonders herzliche Begrüßung hatte er nicht erwartet, aber wenigstens irgendeine Begrüßung und ein Lächeln, dazu die Frage, wie es ihm ergangen sei. Er hatte sich schließlich auch Sorgen gemacht.
    »Unsinn, das will er nicht«, sagte seine Mutter schnell. »Auch wenn du nicht mehr hier wohnst, bist du noch immer unser Sohn.«
    Sein Vater brummte etwas Unverständliches, das nicht sonderlich nach Zustimmung klang, und setzte sich wieder. Yanko starrte sie mit offenem Mund an.
    »Und als deine Mutter frage ich dich, was du dir dabei gedacht hast, in solchen Zeiten mit der Tochter eines Ketzers hier aufzutauchen. Willst du uns in deinen ganzen Schlamassel mit hineinziehen?«
    »Nein. Wir sind schon wieder weg«, sagte Yanko mit rauer Stimme. Er fühlte sich leer und taub, so ausgeliefert und klein wie nach einer Tracht Prügel, obwohl sein Vater
noch nicht einmal zugeschlagen hatte. Zugleich kochte Zorn in ihm hoch, und er spuckte auf den Boden, weil er wusste, wie sehr sie das hassten. Für sie war er nichts weiter als ein Schlamassel. Das konnten sie haben! »Ich wollte nur sehen, ob ihr noch lebt. Was mich anbelangt, seid ihr gestorben.«
    »Du widerliches Spuckschwein!« Sein Vater sprang erneut auf, sodass der Stuhl umkippte, und schleuderte den Becher nach ihm, verfehlte ihn aber. Nica duckte sich geschickt. Wein spritzte zu Boden. Mit zitternden Fingern riss er sich den Gürtel aus der Hose.
    »Wag es ja nicht, Vater.«
    »Sonst?«
    »Schau einfach aus dem Fenster.«
    »Lächerlich. Damit überrumpelst du vielleicht ein paar Kinder, aber nicht mich.« Sein Vater nahm den Gürtel doppelt und fletschte die Zähne. »Junge, darauf habe ich seit Monaten gewartet …«
    »Schön, dass du mich vermisst hast«, knurrte Yanko. Er würde nicht zurückweichen, diesmal nicht.
    »Drachen«, keuchte seine Mutter, die aufgestanden und ans Fenster getreten war. »Geflügelte Drachen.«
    Verblüfft ließ sein Vater den Gürtel sinken und drehte sich zu ihr um.
    »Dann ist es wahr, dass du jetzt Samoth anbetest?«, fragte seine Mutter.
    »Nein. Wahr ist, dass geflügelte Drachen freundlich sind und der Orden ein Haufen verlogener Drecksäcke.«
    »Das ist Blasphemie«, knurrte sein Vater.
    »Schön, dass du dem Orden mehr glaubst als deinem eigenen Sohn.«

    »Sohn? Mein Sohn betet nicht zu Samoth. Du bist nicht mein Sohn!«
    »Schatz!«, fuhr seine Mutter auf, aber weiter bedrängte sie ihn nicht. Es war wie früher, sie war mit etwas nicht einverstanden, tat aber nichts dagegen. Nachher würde sie wieder weinen.
    Yanko nahm Nica bei der Hand und zog sie hinaus.
    »Raus!«, brüllte sein Vater, als würde ihn dieses letzte Wort wenigstens dafür entschädigen, dass er Yanko nicht verprügelt hatte.
    Bei den Drachen angekommen, knurrte Yanko einen ausufernden Fluch, um nicht zu flennen. »Warum nur kann ich keine normalen Eltern haben?«
    »So wie ich oder Ben?«, fragte Nica und schnaubte, fuhr ihm jedoch zugleich tröstend durchs Haar.
    »Nein. Wie Byasso. Oder … ach, verdammt, du weißt schon.«
    »Ja.« Sie schniefte. »Lass uns trotzdem mal nach meiner Mutter sehen.«
    Sie stiegen auf die Drachen und flogen leise hinüber. Als Yanko einen

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