Das Verlies der Stuerme
Aber du auch, und du wolltest deine Eltern dennoch sehen. Und ich bin alles, was Sidhy noch hat. Ich kann ihn nicht zurücklassen.«
Dagegen gab es leider wenig einzuwenden. Missmutig starrte Yanko ihn an und fragte, ob er wisse, was mit Byasso sei.
»Nein. Als ihr verschwunden wart und die Toten in der
Mine gefunden wurden, durfte er nicht mehr auf die Straße, damit er niemanden in seinem Alter traf. Sein Vater war der Ansicht, und ist es wohl immer noch, Byasso suche sich immer die falschen Freunde. Er sperrte ihn zum eigenen Schutz in sein Zimmer.«
»Normale Eltern wie Byassos, was?«, fragte Nica spöttisch.
»Ach, sei doch ruhig«, brummte Yanko. »Wir fliegen rüber. «
Als sie das Fenster zu Byassos Zimmer im ersten Stockwerk erreichten, hielt Juri mit konstantem Flügelschlag die Höhe, und Yanko klopfte gegen das Glas. Es dauerte eine Weile, bis Byasso öffnete. Sein dunkles Haar war noch immer kurz und penibel gescheitelt.
»Hallo, alter Freund.« Yanko grinste.
Byasso klappte der Kiefer herunter. Er war so überrascht, dass er sogar vergaß, das Fenster sofort wieder zuzuschlagen.
»Wie geht’s?«
»Yanko? Bist du’s wirklich?«, fragte Byasso mit zitternder Stimme.
»Erkennst du mich denn nicht mehr?«
»Ich dachte, du bist …«
»Nein«, unterbrach ihn Yanko. »Ich bin nicht tot. Ben auch nicht. Aber du bist lebendig begraben, habe ich gehört. Von deinem Vater.«
»Der Drache hat Flügel«, stammelte Byasso.
»Ja. Zwei. Macht dir das Angst?«
»Was?« Byassos Gesicht verfinsterte sich sofort. Er hatte sich anscheinend trotz allem nicht verändert. Eigentlich ängstlich, doch warf man ihm Angst vor, tat er alles, um den Gegenbeweis anzutreten. Mit den richtigen Worten konnte man ihn zu fast allem herausfordern.
»Ich habe gehört, du traust dich nicht, auf einem Drachen zu fliegen, deshalb bin ich hier.«
»Wer sagt so was?« Byassos Augen blitzten vor Wut.
»Pfff.« Yanko zuckte mit den Schultern. »Das war nicht nur einer, ich hab’s hier und da gehört.«
»Mach Platz!«
Yanko rückte ein Stück nach vorn, sodass Byasso hinter ihm aufspringen konnte. Ohne zu zögern, stürzte er aus dem Fenster und plumpste auf den Drachen. Juri sackte einen halben Schritt in die Tiefe und fing sich wieder.
»Danke, dass du auch mich gefragt hast, ob ich noch so eine Last mit mir herumschleppen will«, knurrte er. »Aber vielleicht ist der Bursche ja höflicher als du, und nicht ganz so unnütz.«
Yanko lachte und stellte sie einander vor.
»Und jetzt?«, fragte Byasso. Nun, da er auf dem Drachen saß, sah er nervös in die Tiefe.
»Fliegen wir in den Süden und bringen der Welt die Wahrheit.«
»Und wenn ich nicht will?« Byassos Blick wanderte von der Tiefe zu den Drachen und Yanko, zum offenen Fenster und wieder nach unten.
»Hast du etwa Angst?«, fragte Yanko lachend, und die Drachen erhoben sich in den Himmel, während Byasso über solch unverschämte Unterstellungen schimpfte, und dann schon bald über seinen Vater, den verfluchten Kerkermeister seines einzigen Sohns.
ALLES ÄNDERT SICH
B en war mehr als überrascht, als die anderen bei ihrer Rückkehr Byasso und Sidhy dabeihatten. Byasso umarmte er erfreut, Sidhys Entschuldigungen ließ er mit versteinerter Miene über sich ergehen und befahl ihm dann, den Sand im Thronsaal der Trolle zu glätten.
»Das ist doch Unsinn«, protestierte Nica.
»Nein, lass gut sein«, sagte Sidhy und tat es, ohne zu murren. Der Bürgerkrieg, der Tod seiner Eltern und das Verschleppen des jüngeren Bruders hatten ihn verändert. Ausgestoßen zu sein, in einer Höhle zu leben und zu hungern, das hatte ihm seine Hochnäsigkeit genommen. All sein Stolz hatte sich aus der ach so bedeutenden Stellung seines Vaters gespeist, doch der hatte versucht, seine eigene Tochter zu opfern, Sidhys Schwester. Dieses Wissen hatte Sidhys Stolz gebrochen, er ging jetzt leicht gebeugt. Vielleicht wollte er einfach von Ben bestraft werden, weil er sich inzwischen für das schämte, was er Ben angetan hatte. Oder er hatte sich einfach zu einem unterwürfigen Schleimer entwickelt, wie Yanko vermutete. So wie er früher Buckelei erwartet hatte, buckelte er jetzt selbst gegenüber allen, die er für übergeordnet hielt.
Während er den Sand glättete, lümmelten Ben und Yanko abwechselnd oder gemeinsam auf dem Trollthron und kommandierten Sidhy herum. Nach einer Stunde wurde es ihnen langweilig, und Ben sagte Sidhy, er solle aufhören und sich lieber um die Küche
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