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Das Verlies der Stuerme

Das Verlies der Stuerme

Titel: Das Verlies der Stuerme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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einen Ritter und seinen Drachen wohl besiegen konnten, nur zu viert wollte sich Ben nicht auf einen Kampf einlassen. Jetzt könnten sie die Hilfe der anderen gut gebrauchen. Beim Anblick der Ritter presste Anula die Lippen aufeinander, aber sie bat Ben nicht, sie mögen umkehren, und dafür bewunderte er sie.
    In Ediga, einem Fischerdorf mit zwanzig hellrot gestrichenen Häusern, gingen sie herunter, nachdem sie keinen Ritter entdecken konnten. Irgendwo wurde eine Tür zugeschlagen, die Straßen waren verlassen, und die Wellen schwappten laut auf den Strand.
    Ben sprang von Aiphyrons Rücken und sah sich um. Von ihren Pergamenten hing kein einziges mehr.
    Ein bärtiger Mann trat aus einem Haus und rief: »Verschwindet! «
    »Wir wollen nur reden.« Ben machte drei Schritte in seine Richtung.
    »Verschwindet, hab ich gesagt!«, schrie der Mann. »Mitsamt euren Lügen und den verfluchten Kreaturen!«
    »Hört uns doch erst einmal zu.« Langsam näherte sich Ben ihm.
    »Hör du uns zu!«, rief ein weiterer Mann, der eben auf die Straße trat. »Wir sagen: Verschwindet aus unserem Dorf!«
    »Aber …«
    »Verschwindet!«, brüllte ein dritter. Er war kaum älter als Ben, und der hatte ihn nicht kommen hören.
    Rasch sah sich Ben um. Zahlreiche grimmige Gesichter
starrten aus den Fenstern heraus, dazu eine Handvoll, die nur neugierig wirkten.
    »Verdammt noch mal«, brüllte Ben. Warum ließen die Trottel ihn nicht einfach ausreden? Er wollte doch nur vernünftig reden!
    »Verschwindet!«, schrien nun sieben oder acht Männer und zwei Frauen zugleich, die sich auf der Straße zusammenrotteten. Wo waren die alle auf einmal hergekommen?
    »Verschwindet!«, fielen auch zahlreiche Gesichter in den Fenstern ein. Bevor Ben etwas erwidern konnte, flog ein Stein auf ihn zu und prallte ihm dumpf gegen die Brust. Schmerz durchfuhr ihn, er torkelte einen Schritt zurück, und für einen Moment blieb ihm die Luft weg. Dann bückte er sich, hob den Stein auf und schleuderte ihn zurück, ungefähr dorthin, wo er hergekommen war. »Feiges Pack!«
    Als sei dies ein Zeichen gewesen, schrien alle Dörfler auf, krallten sich Steine vom Boden und warfen sie nach ihm. Er riss die Arme schützend hoch und tauchte ab. Trotzdem wurde er an der Schulter und Stirn getroffen.
    »Ben!«, brüllte Anula, und er sah, wie aus ihrer Richtung ein Stein auf die Dörfler flog.
    Er bückte sich, um weitere Steine aufzusammeln, da wurde er am Ohr getroffen. Ihm schwindelte, dann wurde ihm schwarz vor Augen. Blind schleuderte er die Steine. Er konnte nicht sehen, ob er traf, doch irgendwer fluchte. Gut.
    Plötzlich wurde er von einer riesigen Klaue gepackt und mitgerissen. Er verlor den Boden unter den Füßen und hörte das wütende Fauchen der zwei Drachen.
    »Wir wollten nur reden!«, röhrte Aiphyron so laut, dass die kleinen Häuser zitterten. Die Dörfler jammerten panikerfüllt, Ben hörte das hastige Trampeln fliehender Füße,
kein einziger Stein wurde mehr geworfen. Höher und höher wurde Ben getragen, und als er endlich wieder klar sehen konnte, war die Erde bestimmt dreißig Schritt unter ihm und entfernte sich weiter und weiter. Marmaran folgte ihnen mit Anula.
    »Wollen wir umkehren?«, fragte Anula Minuten später, als sie in einer Bucht Bens Platzwunde mit Meerwasser auswusch.
    Es brannte, und Ben fluchte und knirschte mit den Zähnen, schüttelte aber den Kopf. »Nein. So schnell geben wir nicht auf. Nicht wegen ein paar Steinen.«
    »Aber …«
    »Nein!«
    »Aber!«, herrschte Anula ihn an. »Lass mich ausreden! Aber wenn wieder einer Steine wirft, dann wirfst du nicht zurück. Dann hauen wir auf der Stelle ab.«
    »Wenn die anfangen, dann …«
    »Hauen wir ab, verdammt noch mal!«
    »Sie hat recht«, sagte Aiphyron mit Nachdruck. »Mit Steinen überzeugst du keinen von deiner Friedfertigkeit. Und ihr könnt so ein Auge verlieren oder sogar sterben, was soll das bringen?«
    Ben holte Luft, um zu protestieren, er würde nicht feige fliehen und so ein paar Kiesel schon aushalten, doch dann sah er vor seinem geistigen Auge eine blutende Anula auf der Straße liegen, reglos, und gab nach. Er wollte nicht, dass ihr etwas geschah.
    Im nächsten Dorf erwartete Ben jeden Moment, von einem Stein getroffen zu werden oder dass plötzlich ein Ritter aus einer Tür oder einem Schatten trat. Die Lüfte hoch über dem Großtirdischen Reich gehörten ihnen, doch der
Boden noch immer dem Orden und seinen Anhängern. Auch wenn sie dort landen konnten und

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